SIM Schweiz kämpft
Ebola droht – doch mutige Ärzte weichen nicht zurück
Ebola wird auch von der Schweiz aus bekämpft. Judith Jäggi, Direktorin der helvetischen Abteilung von «Serving in Mission» (SIM), erklärt im Hintergrundgespräch mit Livenet, wie die Lage vor Ort aussieht. Und im «Kleinen» gibt es auch positive Meldungen. Mehr als zwei Dutzend Patienten konnten in den letzten Wochen geheilt werden.
Judith Jäggi: In Liberia führt die SIM in Monrovia ein 80-Betten-Allgemeinspital. Der Chefarzt des Spitals ist ein Liberianer, Doktor Jerry Brown. Auf dem Gelände steht auch das ELWA («Eternal love winning Africa»)-Radio und eine Schule. Zum SIM-Team gehörten 22 Erwachsene und 13 Kinder mit 250 liberianischen Mitarbeitern. Seit kurzem arbeitet SIM Liberia in Partnerschaft mit «Samaritan's Purse», um ein neues 120-Bettenspital zu bauen.
Als die ersten Ebola-Fälle in Nordliberia auftraten, wurde eine Isolationseinheit erstellt und das Personal vorbereitet. Dies geschah in Zusammenarbeit und Absprache mit MSF, welche eine grosse Erfahrung mit Ebola haben. Am 12. Juni erhielt diese Ebola-Einheit den ersten infizierten Patienten. Bald darauf waren alle Betten belegt. Eine weitere Einheit wurde eröffnet und auch sofort überbelegt. Das Personal, welches ja nebenbei auch noch das «normale» Spital führen musste, kam an seine Grenzen.
Nach dem Bekanntwerden der Infektion von Nancy Writebol und Kent Brantley wurde zuerst alles Personal, welches nicht dringende Aufgaben hatte, in die USA geflogen. Alle SIM-Missionare in Liberia zum jetzigen Zeitpunkt sind Amerikaner. Ein Arzt ging nach einer Ruhephase wieder nach Monrovia zurück und arbeitet auch heute noch dort zusammen mit den Angestellten des SIM-Spitales. Nach der Evakuierung von Rick Saccra ist er der einzige Ausgesandte der SIM.
Sind auch Menschen aus der Schweiz und dem sonstigen deutschen Sprachraum in einem Ebola-Land?
Indirekt arbeitet Walter Diem, der ehemalige Direktor der SIM-Schweiz und heutige Internationale Vizedirektor der SIM, zuständig für Europa und Westafrika, noch im Ebola-Gebiet. Er gehört einem internationalen Krisenteam der SIM an, welches die SIM-Leute vor Ort und die Partnerspitäler unterstützt. Dabei geht es nicht nur um Liberia, sondern auch um die Partnerspitäler in anderen – im Moment nicht betroffenen – westafrikanischen Ländern. Wir versuchen, jedes dieser Spitäler mit einem Minimum an Material auszustatten, um einem eventuellen Ebola-Patienten die Notfallbehandlung vor der Verlegung in ein spezialisiertes Zentrum geben zu können und gleichzeitig das Personal vor einer Ansteckung zu schützen.
Über ein Projekt suchen wir auch aus der Schweiz Spenden, um den weiteren Kampf gegen Ebola zu finanzieren.
Was bewegt die Fachleute, hinzugehen?
Wie man den Medien und Angaben der WHO entnehmen kann, scheint die Situation ausser Kontrolle und die Länder brauchen Hilfe von aussen; sowohl finanzielle, als auch materielle und personelle Hilfe. Die betroffenen Länder in Westafrika haben so schon wenig Ärzte und medizinisches Fachpersonal. In Liberia kommt etwa ein Arzt auf 35'000 Einwohner. Bisher sind in den drei am meisten betroffenen Länder 301 Personen mit Medizinalberufen infiziert und 144 davon verstarben; gemäss der WHO Statistik vom 12.09.2014. In Ländern, in denen Ärzte und gut ausgebildetes Pflegepersonal Mangelware sind, stellen diese Todesfälle die Zukunft des gesamten Gesundheitssystems in Frage.
Die bisher bekannten und betroffenen Personen aus den USA sind inzwischen etwas weniger in den Medien. Was ist seither geschehen?
Welchen Unterschied machen die SIM-Leute mit den lokalen Partnern vor Ort?
In Liberia wurde die Epidemie am Anfang unterschätzt. Es war auch schlecht voraussehbar, dass sie ein solches Ausmass annehmen würde. Zusammen mit dem «Partner Samaritan's Purse» und in enger Zusammenarbeit mit MSF haben die SIM-Leute schon früh Material eingeflogen und eine (später noch eine zweite) Isolierstation bereit gemacht. Die Betten waren schnell überfüllt und das Personal überlastet. Kurz vor der Bekanntgabe der Ansteckung von Nancy Writebol und Kent Brantley haben SIM und MSF die Regierung gebeten, dass sie Internationale Hilfe von WHO und UNO anfordern.
Ich denke, die Ansteckung von drei Amerikanern hat bestimmt mitgeholfen, dass vor allem die USA sehr aktiv im Kampf gegen Ebola ist.
SIM führt im Moment auch eines der wenigen Spitäler, welches für andere Krankheiten offen ist. Frauen, welche unter Geburtskomplikationen leiden, irren im Moment tagelang herum, bevor sie ein offenes Spital finden. Es ist schwer abschätzbar, wie viele Kinder im Moment an Malaria, Unterernährung oder anderen Krankheiten sterben, weil die meisten sanitären Strukturen aus Angst vor Ebola und Mangel an Personal geschlossen sind. Über Radio ELWA werden viele Sendungen ausgestrahlt, welche zur allgemeinen Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung beitragen sollen.
Es gibt auch gute Neuigkeiten: Vorletzte Woche konnten aus unserer 50-Betten-Ebola-Einheit zwölf geheilte Patienten entlassen werden, letzte Woche waren es sogar 19. Das sind natürlich kleine Zahlen, wenn man an die vielen Toten denkt, aber es sind doch Lichtblicke.
Wo arbeitet SIM-Schweiz sonst noch?
Die SIM Schweiz hat im Moment Entsandte für Kurz- und Langzeiteinsätze in über einem Dutzend afrikanischer Länder, in Südamerika, Österreich, Frankreich – la Réunion – und Asien.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch
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