Reformprinz Talal
In Saudi-Arabien gärt es gefährlich
In Saudi-Arabien regt sich Widerspruch zur absoluten Monarchie und Menschenrechts-Defiziten. Dahinter steckt besonders Prinz Talal, Sohn einer christlichen Mutter.
In Saudi-Arabien dürfen Frauen zwar weiter nicht Autofahren, doch wird ihnen erstmals eine öffentliche Rolle eingeräumt: König Abdullah ernannte unter den 150 Mitgliedern des neuen Schura-Rates 30 weibliche Abgeordnete. Beobachter in der saudischen Hauptstadt Riad sehen in diesem Schritt ein Entgegenkommen an den politischen Aufbruch des so genannten «Arabischen Frühlings». Bisher hat der unumschränkte Herrscher Abdullah jedes Aufbegehren im Keim erstickt. Neuestens mehren sich aber die Hinweise, dass es auch in Saudi-Arabien hinter den Fassaden von Ruhe und Ordnung gefährlich gärt.Widerstand aus dem Familienrat
Abdullahs Reformschlager «Frauen in die Politik» erweist sich bei näherem Hinsehen als Schlag ins Wasser: Die Volksvertreterinnen müssen tief verschleiert zu den Sitzungen kommen und in einer Art «Parlamentsharem» abgesondert von ihren männlichen Kollegen sitzen. Überdies hat der Schura-Rat keinerlei politische Bedeutung. Er ist nur ein Beratungsorgan des absolutistisch regierenden Königs. Er muss seine Machtfülle nur mit dem «Familienrat» teilen. Dieser besteht aus den 19 noch lebenden Söhnen von Staatsgründer König Abdul Aziz. Also eine recht betagte Runde.
Genau aus ihrer Mitte regt sich aber jetzt ernsthafter Widerspruch zum autoritären Herrschaftsstil von Abdullah. Sein Halbbruder Talal fordert echte Reformen. Sie sollen von Gewaltenteilung in einer künftig konstitutionellen Monarchie bis zur Erteilung von Freiheiten für Christen in Saudi-Arabien reichen. Sie dürfen bisher weder Kirchen noch Bibeln ihr Eigen nennen, nicht einmal in Privathäusern zusammen beten.
Ein Reformer wird geboren
Der Prinz war schon immer ein eigenwilliger Aussenseiter. Talals Gegner führen das auf seine christliche Mutter Munayar zurück. Sie wurde im Alter von 12 Jahren von Abdul Aziz ihren armenischen Eltern entrissen. Der König machte sie zur Sexsklavin, die ihm zwei Söhne gebar. Talal war bald der Liebling des alternden Herrschers. Um ihn zu legitimieren, heiratete der König in den vierziger Jahren seine christliche Zwangskonkubine.
Ihr schon 1930 geborener Sohn wurde zum «roten Prinzen», der seit langem für eine Demokratisierung Saudi-Arabiens eintritt. So legte er schon 1958 einen Verfassungsentwurf vor, der freie Parlamentswahlen, volle Gleichberechtigung der Frauen und Religionsfreiheit vorsah. Mit diesen Reformvorschlägen konnte er sich nicht durchsetzen. Jetzt aber erhebt Talal kräftig wie noch nie seine Stimme, um «Saudi-Arabien vor dem drohenden Untergang zu bewahren».
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet
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