Licht am Ende des Tunnels
Versöhnung in Ruanda
Im April 1994 brach im dicht bevölkerten Land in Ostafrika die Hölle los. Extremistische Führer des Mehrheitsvolks der Hutu stachelten ihre Leute im ganzen Land zu Massakern gegen die Tutsi an. Unter langjährigen Nachbarn, Kollegen und Freunden wüteten Messer und Kugel – drei Monate lang. Die Welt schaute zu.
Doch „die Hölle hat einen Ausgang“ (so der Titel eines Schweizer Zeitungsartikels über Ruanda). Das schwer traumatisierte Land sieht wieder Licht. Ein helles Zeichen für einen Neuanfang ist Versöhnung zwischen Täter und Opfer. Ein Film, der Ende Dezember an der Explo-Konferenz in Basel gezeigt wurde, zeigt ein bewegendes Beispiel.
„Die Zögernden stiessen wir in den Fluss“
Pierre und Ezechiel kannten einander, als 1994 das Morden losging. Pierres Eltern wurden von den Schlächtern in den Fluss Nyabarongo geworfen. Ezechiel war am Massaker beteiligt. „Aus Angst vor der Machete sind manche in den Fluss hineingesprungen. Die Zögernden haben wir gestossen. Wir konnten nicht anders.“
Ezechiel kam ins Gefängnis. Die Untaten hatten sein Empfinden abgestumpft. „Als ich schliesslich meine Schuld eingestand, wurde mir leichter ums Herz. Ich habe später auch Pierre getroffen. Ich bat ihn um Vergebung und bot ihm alle mögliche Hilfe an.“
Immer noch Schmerzen
Die Tatsache, dass die Täter von Extremisten manipuliert worden waren, half Pierre, Vergebung zu gewähren. Versöhnungsseminare eines Pastors machten es den beiden leichter, zueinander zu finden. Der Pastor fördert Begegnungen unter Menschen, die einander nicht mehr in die Augen sehen konnten. Er wirkt hin auf innere Heilung. Zwischendurch besucht er auch Gefangene in den Gefängnissen.
Ezechiel und Pierre haben wieder Vertrauen zueinander fassen können. Nun bauen sie im Dorf zusammen Häuser auf. Ezechiel: „Ich habe Gott um Vergebung gebeten und auch mir selbst vergeben, so dass ich mich heute frei fühle. Heute arbeiten und essen wir zusammen.“ Pierre kann sein Trauma nicht verbergen: „Ich fühle mich heute gut, aber noch nicht ganz wiederhergestellt. Ich spüre noch Schmerzen.“
Es begann mit Gebet
Wenn Versöhnung im Gange ist, hat dies auch mit einer seit Jahren anhaltenden Gebetsbewegung im Land zu tun. Christen unter Leitung von Emmanuel Rutunda organisierten 1999 eine 40-tägige Fasten- und Gebetszeit.
Der Leiter von ‚Campus für Christus’ in Ruanda, der selbst sechs Brüder verloren hatte, lernte 1997 an der Explo in Basel den Campus-Gründers Bill Bright kennen und liess sich inspirieren von seinem Fastenaufruf. Er blieb nicht ohne Folgen: Tausende von Gläubigen aus verschiedenen Kirchen kamen zusammen, um für ihre Gemeinden und das verwundete Land zu beten.
Versöhnung auf nationaler Ebene erbeten
Ende 1999 führten Rutunda und sein Team im Nationalstadion in der Hauptstadt Kigali selbst eine Explo-Konferenz mit 15'000 Personen durch. Zum ersten Mal überhaupt fanden sich die Kirchen des Landes zu einer solchen Grossveranstaltung zusammen. Sie wurde der Anfang einer „grossen öffentlichen Versöhnung“ im Land, wie Rutundas Frau Bibiche im Rückblick sagt. Viele Leute taten Busse über den ethnischen Hass zwischen Hutu und Tutsi.
Ein Höhepunkt war der Auftritt des Vizepräsidenten Paul Kagame (seit 2000 Präsident). Er betete im Stadion, um Ruanda Gott zu weihen. Es folgten kleinere Konferenzen in fünf Städten. „Und die Gemeinden arbeiten weiter in der Versöhnung.“
Zum Dossier: www.explo04.livenet.ch
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch
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