«Tschüss, ich geh in den #Krieg»
Was hilft gegen religiöse Radikalisierung?
Was kann die Schweiz tun, damit nicht weitere Jugendliche sich radikalisieren und in den Dschihad ziehen? In Basel regten erfahrene Fachleute zu einem neuen Umgang mit dem Problem an. Christen und Muslime sind gefordert – aber auch die politischen Kräfte.
Erster Schritt: Dialogisch glauben
Dialogisch glauben bedeutet, dass sich sowohl Christen, Muslime und Juden bewusst sind, dass ihre Religion missbraucht wird. Zum Beispiel indem sie Menschen aus anderen Religionen pauschal zu Ungläubigen erklärt und ihnen Höllenstrafen in Aussicht stellt. Sowohl Bibel wie Koran und Thora enthalten «dunkle Stellen», die radikalen Kräften eine Legitimationsbasis verleihen können. Alle drei Religionen kennen ein dualistisches Weltbild, das die Menschen in «drinnen» und «draussen» einteilt, und dennoch müssten sie Angehörige der anderen Religionen respektvoll begegnen.
Auch die religiöse Erziehung sei so zu gestalten, dass die Heranwachsenden eine Heimat in ihrer Religion finden, aber das «Aussen» so beschrieben wird, dass es die andern nicht abwertet. Sie muss das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft fördern. Es braucht dazu Fachpersonen, «welche unsere Kinder mit allem Respekt vor andern Religionen in die eigene Religion einführen können, einen «reflektierten Glauben», damit dem Radikalismus der Boden entzogen wird.
Dialogisch leben
Dialogisch leben heisst sodann, in den Secondos ein Potenzial für die Gestaltung der Zukunft zu erkennen. Magdalena Zimmermann spricht von der «Third Culture Generation». Sie ist besonders anfällig für religiösen Extremismus. Sie fallen oft negativ auf und haben Mühe, sich zu integrieren. Doch sie haben auch Schlüsselqualifikationen, die in der komplexen globalisierten Welt dringend gebraucht werden. Sie können sich leichtfüssig zwischen verschiedenen Kulturen bewegen. Sie könnten daher Brückenbauer sein, zum Beispiel als Polizisten, Sozialpädagogen und im Migrationsbereich. Sie können Experten für interkulturelle Kommunikation sein. Und sie können dazu beitragen, Werte deutlich zu machen, die hinter äusserlichen Umgangsformen, Kleidung und Essensgewohnheiten stehen.
Dialogisch leben heisst dann auch, sich selbstkritisch auf die Wertediskussion einzulassen. Der Westen kritisiert zum Beispiel den Umgang der Muslime mit den Frauen, (miss)braucht aber halbnackte Models für die Werbung neuer Automodelle. Es muss auch klar sein, dass sich Werte nicht einfach mit einem Flyer vermitteln lassen, sondern erst wirklich im Zusammenleben.
Zu bedenken ist auch, dass Migranten oft mit einem Kulturschock konfrontiert sind, der sich zu einer chronischen Schocksituation verfestigen kann. Und dies wiederum ist der Nährboden für Radikalisierung. Und diese nimmt dann die Funktion einer «übergeordneten Heimat» ein und stärkt die eigene Identität. Politischer Aktivismus wie die Minarettinitiative und ein Burkaverbot verstärken aber solche Radikalisierungstendenzen. Um aus diesem Tiefpunkt, so Zimmermann, herauszufinden, braucht es Gesprächsforen, die konsensorientiert über Werte diskutieren.
Dialogisch glauben und leben ...
... heisst daher auch, die bestehenden Gesprächsforen besonders auf die Social Media auszuweiten. Denn gerade dort radikalisieren sich die jungen Leute, wie Zimmermann beobachtet. Hier finden sie Gleichgesinnte. Um dem entgegenzuhalten, brauche es Angebote wie Jugendcamps, in denen junge Leute sinnvolle Alternativen und auch Begegnungen mit Altersgenossen aus andern Religionen finden, die ihnen bislang fremd gewesen sind. Mission 21 will hier einen Schwerpunkt setzen sowohl in Ländern wie Nigeria, Indonesien – wie auch der Schweiz!
Weitere Tagungsbeiträge
Die bekannte Buchautorin Dr. Edit Schlaffer trat bereits mit dem ersten Vortrag den Beweis an, dass gezielte Präventionsarbeit Dinge verändert. Die Wiener Sozialwissenschaftlerin gründete 2008 das Frauennetzwerk SAVE, das vor allem Müttern die Möglichkeit von speziellen Workshops bietet. In diesen Workshops lernen sie, besser zu erkennen, ob ihre Heranwachsenden sich einer radikalen religiösen Gruppe zuwenden. Und sie lernen, wie sie erfolgreicher ihre Kinder und Jugendlichen vor dem Absturz bewahren können.
Wie die Hintergründe religiöser Radikalisierung aussehen, legte die Zürcher Erziehungswissenschaftlerin Miryam Eser Davolio dar. Ihre Studie bietet einige überraschende Fakten: Aus der Schweiz reisten nur wenige «Jihad-Krieger» zum IS, und Versuche, ihre Motive zu fassen, ergäben kein eindeutiges Bild. Allerdings zeigt die Studie auch, dass Konvertiten im Verhältnis zu ursprünglichen Muslims häufiger radikal wurden. Die Konvertiten wiederum kämen häufiger aus nichtreligiösen Familien.
Imam Mustafa Memeti aus Bern zeigte in seinem Referat auf, welche Rolle islamische Geistliche in der Prävention haben und wie sie Verantwortung gegen Radikalisierung übernehmen könnten. Sie müssten dazu beitragen, Parallelgesellschaften zu verhindern. Und sie müssten ihre geistliche Autorität dazu benutzen, Brücken zu anderen Religionen zu bauen – zum Beispiel bei gemischtreligiösen Heiraten. «Mehr Selbstkritik» ruft er zum Schluss seines Plädoyers seinen Berufskollegen ins Gewissen.
Zur Webseite:
Webseite von Mission 21
Zum Thema:
Wo Terror-Prävention beginnt – Mansour: «Radikalisierung hat in unserer Gesellschaft stattgefunden»
Frage an den Imam – Junge Muslime von Extremisten fernhalten, aber wie?
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / mission 21 / Christoph Racz
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