Trotz brennender Kirchen

Christen setzen auf Versöhnung und Vergebung

Die Muslimbrüder gelten in Ägypten wieder als illegal. Wenige Tage vor diesem Urteil gewährten evangelische Kopten aus Ägypten in Bern einen Einblick in die politische und kirchliche Lage ihrer Heimat.

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Die evangelischen Kopten aus Ägypten in Bern
«Die Muslimbrüder wollen das Kalifat zurück», erklärte Tharwat Kades, Vorsitzender des ökumenischen Dialogs der Nilsynode. «Als Mursi gewählt wurde, geschah dies auf demokratischem Weg. Aber er handelte diktatorisch.» Kades habe in Kairo und später in Berlin mit Mursi gesprochen. «Er sagte, er werde Demokratie bringen. Ich sagte ihm, er solle ein Präsident für alle Ägypter werden.» Mursi habe sich nicht daran gehalten. Und so ging das Volk auf die Strasse. «Es suchte Dialog und empfing Gewalt. Die Muslimbrüder sagten zum koptischen Papst: 'Wenn du deine Kinder nicht von der Strasse nimmst, werden wir sie vernichten!'.» Weite Teile der Ägypter lehnten die Mursi-Diktatur zuletzt ab. Tharwat Kades: «Aber Europa sprach von einem Militärputsch. Die Kirche, in der ich getauft und konfirmiert wurde und in der ich nun Pfarrer bin, wurde niedergebrannt. Meine Wohnung auch.» Das Militär aber habe nur den Willen des Volkes umgesetzt.

So begann die zweite Revolution zu gären

Zur hochkarätigen Runde im «Le Cap» in Bern, auf Einladung der «Offenen Kirche Bern», gehörte auch Safwat Albaiadi, Präsident der evangelischen Kirchen Ägyptens, die nach seinen Angaben 1'200 Evangelische Kirchen umfasst (500 davon gehören zur Nilsynode). Dazu kommen laut Albaiadi 5000 Orthodoxe Kirchen.

Rasch hätten die Muslimbrüder nach den Wahlen begonnen, Schlüsselstellen zu besetzen. «In nur einem Jahr wurden alle Schulbücher durch islamische Bände ersetzt. Der Fanatismus richtete sich gegen Christen, Liberale und Frauen. In einer Stadt ordneten die Muslimbrüder an, dass Frauen und Männer nicht in den gleichen Räumen zusammenarbeiten dürfen.» Immer mehr hätten die jungen Menschen gesehen, dass eine weitere Revolution nötig sei.

«Wir sind uns einig»

Die verschiedenen Konfessionen beten alle zu Jesus, hob Magdi Faltas, Präsident der italienischen Kopten, hervor. «Wir sind uns einig.» Auch in Italien besuche er gerne Kirchen, weil diese den Namen Jesus proklamieren würden.

In Ägypten würden die Kirchen gemeinsam an der Verfassung mitwirken. «Und wir laden alle arabischen Kirchen dazu ein, im Namen Jesu eins zu werden.» Die Christen im Nahen Osten müssen laut Magdi Faltas eine laute Stimme haben, um ihre Identität zum Ausdruck bringen zu können.

Versöhnung statt Gewalt

Die ägyptische Nilsynode zählt rund 500 Kirchen, zu der rund 700‘000 Mitglieder gehören, berichtet Refaat Fathi, Präsident der Nilsynode. «Wir führen 23 Schulen, die von 30‘000 Schülern besucht werden, sechzig Prozent sind Muslime.» Eine der Kirchen stehe nahe am Tahrir-Platz. Während der Revolution sei sie als Spital genutzt worden, um der Gesellschaft zu dienen.

Fathi: «Bei den jüngsten Unruhen wurden nun auch fünf evangelische Kirchen niedergebrannt. Viele Christen verloren auch ihre Geschäfte und private Häuser. Wir aber sagten, dass wir gegen die Gewalt sind. Wir wollen Versöhnung und Vergebung und sind für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.»

Übersetzt wurden sämtliche Redner durch Ekramy Awed, Pfarrer der Evangelischen Arabischen Gemeinde. Tags darauf wurde er ordiniert (separater Beitrag folgt).

Webseite:
Evangelische Arabische Gemeinden der Schweiz

Datum: 27.09.2013
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch

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