Nachhaltig leben
TEIL, ein etwas anderer Kleiderladen
Ein Secondhandladen, der aber keine Kleider verkauft, sondern
sie ausleiht, wer hat denn so was schon gehört? Wie ist er der Laden überhaupt entstanden? Im Interview erzählen Debora Alder-Gasser und Nadal Gasser,
wie es zu dieser speziellen Idee kam.Was ist die Vision von TEIL, wer oder was steht dahinter?
Die Ungerechtigkeit in der Textilindustrie gegenüber
Menschen und Umwelt hat uns sehr betroffen gemacht und wir suchten einen Weg,
wie wir einen Beitrag zur Lösung des Problems sein könnten. Wir träumen von
einer Welt, in der die Textilbranche nicht mehr Kleider für die einen auf Kosten
der anderen produziert. Inspiriert worden sind wir von der «Kleiderei» in zwei
Städten in Deutschland und TEIL ist nun unser Beitrag dazu in Bern für die
Bernerinnen. Es ist eine familiäre Initiative, wir kamen als Geschwister
und mit den Ehepartnern zusammen, Debora und ihr Mann und Nadal mit seiner
Frau. Nun haben wir aber auch ein junges, dynamisches Team, das hinter uns
steht, in der Kommunikation und im Design mithilft und TEIL möglich macht.
Wie habt ihr angefangen?
Die Idee kam von Debora und ich (Nadal) merkte, dass ich
die Möglichkeit hatte, etwas aufzubauen. Im Gespräch miteinander wurde uns
klar, dass wir das versuchen wollen und so habe ich ein Jahr lang an einem
Businessplan und einem Konzept gearbeitet. Aber natürlich steht auch unsere
ganze Familie dahinter.
Wie lange gibt es den Laden nun schon? Und wie läuft es?
Den Laden gibt es nun seit sechs Monaten, eigentlich läuft es gut und wir sind sehr motiviert. Allerdings spüren wir wohl auch die Corona-Pandemie, welche die Leute etwas zurückhaltend macht, so dass sie weniger vorbei kommen, um etwas Neues auszuprobieren. Wir könnten noch mehr Teilerinnen – so nennen wir unsere Kundinnen – brauchen. Aber die Rückmeldungen sind sehr motivierend und wir spüren eine grosse Resonanz, wir konnten TEIL auch schon an verschiedenen Orten vorstellen.
Wenn ich nun so Kleidungsstück ausleihen möchte, was muss
ich machen, und könnte ich es auch behalten?
Auf unserer Webseite haben wir das so beschrieben: «Werde
mit einem Abo Teil von TEIL. Leih dir deine Kleidungsstücke aus einer
vielfältigen Auswahl aus. Tausche die Kleidungsstücke nach deinem Bedarf aus.
Hast du dein Lieblingskleidungsstück gefunden und willst es nicht mehr
hergeben? Wir machen dir gerne ein Preisangebot.» Wir haben durch die Rückmeldungen von Teilerinnen die Abos
angepasst, so dass Kleider nun jederzeit ausgetauscht werden können. Wenn sie zurück
gebracht werden, kontrollieren wir die Kleider, sind uns aber bewusst, dass
Kleider beim Tragen abgenutzt werden oder das mal was passiert, trotz der
Waschanleitungen, welche wir mitgeben. Wir erwarten natürlich, dass den Kleidern
Sorge getragen wird, weil es für uns auch ein Ausdruck von Wertschätzung
gegenüber den Kleidern und ihren Herstellern ist. Ein Kleidungsstück, das ausgeliehen wurde, kann gekauft
werden, wir wollen aber den bewussten Kleiderkauf fördern. Wenn aber so ein
Kleid zum neuen Lieblingsstück wird, soll das die Kundin auch behalten dürfen.
Woher kommen die Kleider?
Die meisten sind gespendet, auch von Teilerinnen. Leute
bringen schöne Kleider, weil sie wissen, dass die Kleider hier wertgeschätzt
werden und dass andere Leute nochmals Freude daran haben. Wir haben auch
Spenden von Läden und von fairfashion Labels bekommen und bis nächstes Jahr
möchten wir 10 Prozent solcher Kleider haben. Damit wollen wir auch dazu beitragen, Fairfashion
Labels sichtbarer zu machen und die Produktionsbedingungen in Herkunftsländern
zu verbessern.
Habt ihr nur Kleider oder auch andere Dinge, die man
ausleihen kann?
Wir haben auch Accessoires, Taschen etc., aber wir haben den
Hauptfokus auf Kleidern, hauptsächlich auf Alltagskleidern. Aber man findet bei
uns auch für etwas speziellere Anlässe wie etwa eine Hochzeit.
Woher kommen eure Kunden?
Unsere Teilerinnen sind hauptsächlich Frauen zwischen 25 und
35, wir haben aber auch jüngere und ältere aus Bern und der näheren Umgebung.
Im Moment haben wir nur Kleider für Frauen und alle, die kommen, haben auch ein
Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Wir hoffen, in Zukunft auch für Männer
Kleidungsstücke anbieten zu können. Bei TEIL ein Abo zu haben, muss man sich leisten wollen, es
ist keine Brockenstube, man investiert in Nachhaltigkeit. Wir sprechen aber
auch Leute an, die minimalistisch leben wollen, die gerne mal etwas Neues
tragen, aber dazu nicht einen ganzen Schrank voller Kleider haben müssen. Wir
wollen Abwechslung im Kleiderschrank möglich machen, die nicht auf Kosten der
Umwelt und der Mitmenschen geht.
Wie werden Menschen auf diesen Laden aufmerksam?
Wir sind im Moment hauptsächlich auf Social Media aktiv,
hatten aber auch schon Auftritte in den Medien, Radio Bern zum Beispiel oder an
Events, wo wir TEIL vorstellen konnten. Am meisten leben wir aber von Mund-zu-Mund-Propaganda von begeisterten Teilerinnen.
Wärt ihr bereit, auch in einer neuen Stadt so einen Laden aufbauen zu
helfen?
Wir haben tatsächlich darüber nachgedacht und es ist Teil
unseres Fünfjahres-Planes, eine weitere Location zu eröffnen. Ob es ein
Franchising sein wird oder ob wir einer anderen Person mithelfen, selber so
einen Laden zu starten, diskutieren wir, wenn es soweit ist.
Zur Webseite:
TEIL
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Autor: Barbara Rüegger
Quelle: Livenet
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