sex+so
«Sexualität ist etwas Gutes, Schönes und von Gott Geschaffenes»
Das Schweizerische Weisse Kreuz (SWK) setzt sich für einen (selbst)bewussten Umgang mit Fragen zu Beziehung und Sexualität ein. An den sexualpädagogischen Events unter dem Titel «sex+so» erhalten Jugendliche die Chance, sich damit auseinanderzusetzen. Auch öffentliche Schulen seien zunehmend an den Angeboten interessiert, wie Madeleine Rytz vom SWK auf Anfrage von Livenet berichtet.Livenet: Madeleine Rytz, das Schweizerische Weisse Kreuz führt in der Schweiz sexualpädagogische Events unter dem Titel «sex+so» durch. Mit welchem Ziel?
Madeleine Rytz: Sex ist ein Lebensthema und gerade junge Menschen brauchen Antworten auf ihre Fragen. Oft werden einseitige Informationen vermittelt, und die Möglichkeit für eine ehrliche Auseinandersetzung im Austausch mit anderen kommt zu kurz. So bleiben die jungen Menschen häufig mit offenen Fragen und falschen Vorstellungen zurück. Die Bildung einer wirklichkeitsnahen Meinung wird so erschwert. An unseren sexualpädagogischen Events «sex+so» bieten wir Jugendlichen die Möglichkeit, sich in einem abwechslungsreichen und authentischen Rahmen mit Themen rund um die Sexualität zu beschäftigen und diese in ihre Lebenswelt zu integrieren. Unser Ziel ist es, ein Bild einer positiven Sexualität zu vermitteln, in dem christliche Werte mitgedacht werden.
Erhalten Kinder und Eltern durch die aktuellen Angebote der Schulen zu wenig Hilfe bei diesem Thema?
Die Auseinandersetzung mit sexuellen Themen muss an verschiedenen Orten stattfinden. Die Schule bietet Präventions- und Aufklärungsangebote an. Studien belegen, dass die schulische Sexualaufklärung für viele junge Menschen sehr wichtig ist. Im Elternhaus werden den Kindern und Jugendlichen Werte mit auf den Weg gegeben, an welchen sie sich ein Leben lang orientieren können. Ein offener Umgang mit Sexualität zu Hause ist von zentraler Bedeutung! Wir möchten mit unserem sexualpädagogischen Angebot «sex+so» eine Ergänzung im kirchlichen Kontext bieten.
Viele Kirchgemeinden behandeln das Thema Sexualität selber. Inwiefern unterscheidet sich Ihr Angebot davon?
Wir bieten einen «neutralen» Rahmen. Unsere jahrelange Erfahrung hat uns gelehrt, dass viele junge Menschen voreingenommen sind, wenn es um Sexualität in einem kirchlichen Umfeld geht. Immer wieder erleben wir, dass junge Frauen und Männer überrascht sind, wenn sie merken, dass wir gar nicht in erster Linie Moral vermitteln. Unser Bestreben ist es, den Jugendlichen eine ganzheitliche, positive Sexualität zu vermitteln. Wir ermutigen die Jugendlichen dazu, ihre konkreten Fragen zur Sexualität auch in ihr Glaubensleben zu integrieren.
Sie sprechen von einem ganzheitlichen und positiven Bild von Sexualität. Was bedeutet das?
Sexualität ist mehr als rein der körperliche Aspekt, der in Werbung, in Filmen, im Internet usw. dargestellt wird. Wir rücken die psychische Komponente und die Beziehungsebene mit ins Rampenlicht. Sexualität ist etwas Gutes, Schönes und von Gott Geschaffenes. Wir ermutigen die jungen Menschen darin, sich mit ihrer Sexualität ganzheitlich auseinanderzusetzen, damit sie entdecken können, dass neben Lust und Spass auch Beziehung und Vertrauen wesentliche Bestandteile von Sexualität sind.
Diese Events unter den Jugendlichen werden geschlechtergetrennt durchgeführt. Was ist nach Ihren Erfahrungswerten der Vorteil davon?
Nicht nur! Viele Sequenzen führen wir mit der ganzen Gruppe durch, weil wir den Austausch untereinander fördern möchten. In den geschlechtergetrennten Gruppen erleben wir oft sehr offene und ehrliche Austauschrunden. Die Jugendlichen sind gelöster. Aus diesem Grund arbeiten wir auch immer als Frau/Mann-Team.
Mädchen und Jungen gehen Themen anders an, auch weil sie unterschiedlich davon betroffen sind. Der Wunsch, den dargestellten Schönheitsidealen entsprechen zu müssen, beschäftigt junge Frauen oft anders als junge Männer. Ein sehr zentrales Thema ist auch in kirchlichen Gruppen die Pornografie. Wir erleben, dass es als unangenehm empfunden wird, mit dem anderen Geschlecht darüber zu sprechen, weil die sexuelle Lust angesprochen wird und eine ehrliche Auseinandersetzung damit oft schambesetzt ist.
Das Schweizerische Weisse Kreuz ist bekannt für ein breites Fachwissen im Bereich Umgang mit Sexualität, vor allem in christlichen Kreisen. Nutzen auch öffentliche Schulen Ihre Angebote?
Ja, viele! Mittlerweile arbeiten wir mindestens in genauso vielen öffentlichen Schulen wie in kirchlichen Gruppen. Unser Team besteht aus ausgebildeten sexualpädagogischen Fachpersonen, die alle in der christlichen Jugendarbeit aktiv waren. Einige von uns haben zudem einen theologischen Hintergrund.
Bieten Sie auch Veranstaltungen für Personen an, die im kirchlichen Kontext mit Jugendlichen arbeiten oder arbeiten möchten?
Unser Ziel ist es, dass in Kirchen über Sexualität gesprochen wird und Kinder sowie Jugendliche verständliche Antworten auf ihre Fragen erhalten. Deshalb bieten wir Kurse für Jugendverantwortliche an, die sich vertieft mit dem Thematisieren von Sexualität bei Jugendlichen auseinandersetzen wollen. Wir reflektieren im Kurs die eigene Sicht auf Sexualität und bieten Praxiseinblicke, wie man selbstsicher und kompetent mit einer Gruppe arbeiten kann.
Zur Webseite:
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Zum Thema:
Sexualerziehung: Das Kind – kein sexuelles Wesen?
Gesunde Intimität: Wie man eine erfüllte sexuelle Beziehung leben kann
Wahrnehmungsstörung: Wir brauchen ein «Reset» für unser Denken beim Thema Sex
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet
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