Religionsfreiheit gefährdet

Freie Glaubensäusserung auf dem Prüfstand

Wer seinen Glauben auf der Strasse bezeugen will, muss vielleicht bald mit mehr Gegenwind rechnen. Eine Motion will das öffentliche Bekenntnis einschränken. Die Schweizerische Evanglische Allianz wehrt sich dagegen.

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Traktakte mit christlicher Botschaft zu verteilen, kommt nicht überall gut an.
Im Ständerat wird heute, 10. März 2014, eine Motion behandelt, welche die Religionen zu einem «allgemeinverträglichen Mass» bei ihrem Auftreten im öffentlichen Raum verpflichten will. Ständerat Hans Altherr, der den Vorstoss eingereicht hat, geht es nach eigenen Aussagen nicht darum, die Debatte um Religion aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. Vielmehr gehe es darum, allgemeine Lösungen zu finden, welche das Zusammenleben der Religionen auf eine friedliche und demokratische Weise ermöglichen.

Evangelische Allianz sieht Religionsfreiheit in Gefahr

Ein derartiger Zusatz in der Bundesverfassung würde nach Ansicht der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA die Religionsfreiheit in problematischer Weise tangieren. Auch wenn sie für das Anliegen des Motionärs ein gewisses Verständnis hat, sieht sie einen derartigen Verfassungsartikel in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation dennoch als sehr problematisch an. «Die Grenze zwischen legitimen und verbotenen religiösen Äusserungen und Selbstdarstellungen in der Öffentlichkeit wären schwierig und im konkreten Fall kaum objektiv zu bestimmen», schreibt die SEA in einer Mitteilung. Kirchen, christliche Organisationen und gläubige Personen würden schon heute immer wieder auf Probleme stossen, wenn es um das Bekenntnis im öffentlichen Raum geht (Beispiel Aufhängen von Plakaten, Auftritte in den Strassen, Verteilen von Schriften oder das Mieten von Räumen der politischen Gemeinde für Anlässe christlicher Jugendgruppen).

Kern des Toleranzgedankens

Weiter macht die Evangelische Allianz in ihrer Stellungnahme darauf aufmerksam, dass es zum Kern des Toleranzgedankens in einer Demokratie gehöre, alle Glaubensäusserungen zu tolerieren. «Zu einer Demokratie mit Meinungs- und Religionsfreiheit gehört es, dass es Ideen, Symbole und Ausdrucksformen des Glaubens gibt, die nicht allen passen und von manchen als negativ empfunden werden.» Grenzen für die Religionsfreiheit seien ohnehin vorhanden. So sei es heute selbstverständlich, dass Religionsgemeinschaften Menschenrechte zu respektieren hätten.

Auch Bundesrat gegen die Motion

«Die Religionsfreiheit von Artikel 15 der Bundesverfassung schützt nicht nur das religiöse Bekenntnis an sich, sondern auch dessen Bekundung nach aussen sowie den Auftritt religiöser Gemeinschaften im öffentlichen Raum», schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Motion. In der heutigen Situation möchte er auf die Ausarbeitung einer neuen Verfassungsbestimmung verzichten.

«Falls es dennoch zur Überweisung der Motion von Hans Altherr kommen sollte, müssten die Anliegen von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften unbedingt gehört und respektiert werden», fordert die Schweizerische Evangelische Allianz.

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Datum: 10.03.2014
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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