Zum Unrecht geschwiegen
Freie Evangelische Gemeinden haben im Dritten Reich versagt
Ein Schuldbekenntnis für das Versagen Freier evangelischer Gemeinden (FeG) im Dritten Reich hat die Leitung dieser Freikirche jetzt abgelegt. «Politische Abstinenz, ein falsches Obrigkeitsverständnis und sicher auch Angst haben uns schweigen lassen», heisst es in einer Erklärung der FEG-Leitung, die beim «Bundestag» – der Delegiertenversammlung der Freikirche – am 20. September im Kronberg-Forum in Ewersbach verlesen wurde.
Zu der Schuld, die das deutsche Volk insgesamt auf sich geladen habe, komme die besondere Schuld der Christen, die das Neue Testament als «Salz und Licht der Welt» bezeichnen. «Als solche hätten wir gegen das Unrecht aufstehen müssen. Wir haben es nicht getan. Wir haben gesündigt und sind schuldig», heisst es in der Erklärung. FeG-Gemeinden hätten im Nationalsozialismus einen Freiraum für gemeindliches Leben bewahren wollen. Aber dieser Freiraum könne das Unrecht nicht aufwiegen, «an dem wir durch unser Stillschweigen mitgewirkt haben». «Wir leben von der Vergebung», so die Bundesleitung. «Wir vertrauen darauf, dass Gott sie uns schenkt.»
Präses Ansgar Hörsting (Witten) warnte vor den 314 Delegierten aber auch davor, im Nachhinein das damalige Verhalten vieler FeG-Mitglieder besserwisserisch zu beurteilen. Zudem habe es in der FeG auch Widerstände und Opfer des Nationalsozialismus gegeben. Hörsting bezeichnete es als Gnade Gottes, dass Deutschland eine gefestigte Demokratie geworden sei und von anderen Völkern Vergebung und Versöhnung erfahre.Friedliche Revolution war ein «Wunder»
Der Präses erinnerte an die aktuellen Jahrestage – den Beginn des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren, des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren und des Falls der Berliner Mauer vor 25 Jahren. Dass die Revolution in der DDR friedlich und ohne Blutvergiessen abgelaufen sei, könne man nur als ein Wunder bezeichnen. Er bedauerte, dass diese Ereignisse zu schnell vergessen würden. Hörsting: «Gott sei Dank für dieses Geschenk!»
Militärgewalt nur als «letztes Mittel»
Der Präses nahm auch zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Ukraine und mit der Terrorgruppe «Islamischer Staat» im Nahen und Mittleren Osten Stellung. In diesem Zusammenhang komme die Frage neu auf, ob und wann man Waffengewalt anwenden dürfe. Hörsting betonte, dass militärisches Eingreifen nur das «letzte Mittel» sein könne, wenn alle anderen Massnahmen, etwa durch Friedensdienste, ernsthaft verfolgt würden. Sonst sei eine neue Spirale der Gewalt zu befürchten.
Gesellschaftlich wollten sich FeG-Mitglieder nicht in eine fromme Nische zurückziehen, sondern sich als Bürger einbringen. Dazu gehöre der Einsatz für Religionsfreiheit – aber nicht nur für die eigene, sondern auch für die Freiheit der Anderen. Zum gesellschaftlichen Engagement gehöre auch das Eintreten für die Familie und gegen eine Gender-Ideologie, die meine, der Mensch könne sich sein Geschlecht selbst wählen. Hörsting bezeichnete es in seinem Bericht als eine Schande, dass in Deutschland jährlich über 100'000 Kinder abgetrieben werden. Er unterstütze den «Marsch für das Leben», der am 20. September in Berlin stattfand.
Sechs Gemeinden aufgenommen
Beim Bundestag wurden sechs Gemeinden in die Freikirche aufgenommen: Das FeG Berlinprojekt und die FeG-Gemeinde Immanuel Berlin, das FeG-Projekt_X Augsburg sowie Gemeinden in Ansbach (Mittelfranken), Bruchsal (Baden) und Reutlingen (Württemberg). Im Jahr 2006 hatte sich die FeG zum Ziel gesetzt, binnen eines Jahrzehnts 100 Gemeinden ins Leben zu rufen. Bis jetzt sind 65 dazu gekommen, gab der Leiter der Inland-Mission, Sascha Rützenhoff (Witten), bekannt. Er appellierte an die Delegierten, das Ziel nicht aus dem Blick zu verlieren. Er glaube nach wie vor, dass es möglich sei, im Vertrauen auf Gott die Zahl der 100 neuen Gemeinden bis 2015 zu erreichen.
Zum Thema:
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea.de
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