Warum Beten etwas anderes ist

«Pray for Putin» – echt jetzt?

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Wladimir Putin (Bild: Wikipedia / CC-BY 4.0)
Der Aufruf eines evangelikalen Leiters aus den USA, für Putin zu beten, löste Empörung und einen Shitstorm bei vielen Gutmeinenden aus. Wieso eigentlich? Was ist falsch daran, gerade jetzt für Wladimir Putin zu beten?

Ganz ehrlich: Was löst «Beten Sie für Putin» in Ihnen aus? Wut? Zorn? Unverständnis? Oder zähneknirschende Zustimmung?
Die (für viele monströse) Aufforderung «Pray for Putin» kann uns helfen, zu unterscheiden, was landläufiges «Beten» und was Beten im christlichen Sinn ist. «Pray for (the Ukraine, the World, Peace, Palästina, Charlie Hebdo, for me oder was auch immer)» heisst im allgemein-kulturellen Sprachgebrauch: «Wünsche ihnen Gutes». Darum «beten» die Leute für alles Mögliche und all diejenigen, denen sie jetzt Gutes wünschen (meistens, weil es ihnen schlecht geht). Solche Leute regen sich natürlich auf, wenn man aufruft, für den globalen Bösewicht Putin zu beten. Soll es dem auch noch gut gehen?

Beten ist etwas anderes

Christliches Beten ist etwas anderes bzw. viel, viel mehr. Es ist mehr als ein frommer Wunsch. Es schliesst «Gutes wünschen» im vollen Sinne ein, ist aber in erster Linie «mit dem lebendigen Gott über jemanden reden». Beten bedeutet, «jemanden (oder eine Situation) ins Scheinwerferlicht Gottes zu stellen». Gott an etwas oder jemanden erinnern. Vor Gott liegen, ihn bestürmen und ihm in den Ohren liegen wie eine Witwe, die nicht aufhört zu bitten, bis sie erhört und von ihrem Unterdrücker befreit wird (nachzulesen in Matthäus, Kapitel 18, Verse 1-8)

Zum anderen hat Jesus (den viele Leute ansonsten ziemlich gut finden) gesagt, dass man für seine Gegner beten soll, die segnen soll, die einem fluchen, und seine Feinde lieben soll. Der TV-Film «Honecker und der Pastor» zeigt auf beeindruckende Weise, wie das aussehen kann (Tipp: sehr empfehlenswert!). Das ist natürlich nicht einfach, aber es heisst zumindest: Christliches Beten schliesst Feinde, Gegner und unangenehme Menschen nicht aus, sondern ein.

Drittens: Wenn Beten bedeutet, «jemanden ins Scheinwerferlicht Gottes stellen», dann sollten wir unseren Verstand brauchen und für die beten, die die Macht haben. Und dann gibt es im Moment kaum ein «strategischeres» und wichtigeres Gebetsziel als Wladimir Putin. Sie müssen dabei den Tyrannen im Kreml nicht gern haben – aber ihn in die Aufmerksamkeit Gottes stellen. «Gott, gehe mit ihm um, wie du es für richtig hältst. Gott, beschäftige dich mit ihm. Gott, pack ihn an!»

Wie geht Gott mit Tyrannen um?

In der Bibel gibt es einige Berichte, wie Gott mit Tyrannen umgeht; der Pharao muss – trotz allen Widerstands – schlussendlich dem Volk Israel die Freiheit geben, verliert einen Teil seines Volkes und am Ende sein Leben. Der Tyrann Nebukadnezar wurde zeitweise wahnsinnig; in einem Heer, das gegen Israel heraufzog, gab es über Nacht einmal 180'000 Tote, andere wurden mit Blindheit geschlagen.

Klar, das waren alles Gegner des Volkes Israel. Und man muss ehrlich sagen: Vielen Tyrannen in der Geschichte, von Alexander dem Grossen bis zu Stalin, Mao und Hitler, hat Gott (scheinbar) nichts entgegengesetzt. Es lässt sich kein Muster erkennen. Gott ist Gott und nicht berechenbar. Und klar – die Ukraine ist nicht das Volk Israel.

Aber die Tatsache bleibt: Gott hört immer das Schreien der Unterdrückten, egal wo sie sind. Gebet kommt bei Gott an. Gemeinsames Gebet und Eins-Werden «Im Namen Jesu», das heisst «als wenn Jesus es beten würde», erst recht. Da liegt ein grosses Versprechen Gottes drauf.

Darum: Beten Sie für den einsamen Mann im Kreml, der so viel Macht hat und sie so grausam missbraucht. Stellen sie ihn ins Licht Gottes. Beten Sie, dass Gott sich mit Putin beschäftigt. Segnen Sie ihn – und überlassen Sie Gott, auf welche Art er das tut. Am Schluss werden wir uns wundern.

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Datum: 24.03.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Jesus.ch

Kommentare

Die drei Punkte über die Bedeutung des christlichen Betens finde ich gut. Was ich nicht so toll finde, dass Scharnowski das westliche Narrativ überhaupt nicht infrage stellt. Da würde ich ihm etwas Zurückhaltung und Demut wünschen. Tatsache ist, dass wir nicht wirklich viel über Putin wissen. Wenn uns die Medien und die Politik jemanden zu hassen heissen, sollten wir zuerst mal fragen: Warum? Nicht dass wir uns vor einen Wagen spannen lassen, der andere Interessen vertritt als unsere eigenen. Vertritt Scharnowski einen 'positiven Rassismus', wenn er sagt 'Und klar – die Ukraine ist nicht das Volk Israel.'. Gott macht gemäss NT keinen Unterschied zwischen Juden und anderen Menschen.

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