Kirchen nach Lockdown
Robert Gautschi: «Der Neustart war Balsam für die Seele!»
Für einige Kirchen war der
Lockdown wegen Corona schockierend und lähmend, und das gesamte Kirchenleben
lag brach, andere nahmen die Herausforderung als Chance für Neues wie etwa
Livestream-Gottesdienste. Pastor Robert Gautschi von der FMG Bern freute sich, dass er Zeit für Baby und
Familie geschenkt bekam.Wie haben Sie die Corona-Zeit als Pastor und
Gemeinde erlebt?
Robert Gautschi: Für mich war die Corona-Zeit eine intensive Zeit, da
sich für uns plötzlich einiges grundlegend verändert hat. Die
Produktion und Veröffentlichung der digitalen Kurz-Inputs sind nur ein Beispiel
von vielen. Weiter hat mich die Frage «Wie geht es der Gemeinde?»
während des Lockdowns beschäftigt. Wie kann ein Pastor für seine Gemeinde sorgen,
wenn er sie nicht sieht und ihre aktuellen Nöte und Sorgen nicht kennt? Mein
grosser Trost ist die feste Zuversicht, dass Gott selber der grosse Hirte ist
und ihm niemand und nichts entgeht. Er sorgt für seine Kinder. Drittens waren die dauernden Änderungen der Massnahmen
zeitaufwendig und mühsam. Was ist wie erlaubt? Wie entscheiden wir uns? Wie
kommunizieren wir die dauernden Veränderungen in der Gemeinde? Die Ungewissheit
ist kräfteraubend.
Wo gab es Lichtblicke,
Chancen, Weiterentwicklungen?
Ein Beispiel ist die Beschäftigung mit der
Grundsatzfrage «Was fahren wir nach dem Lockdown wieder hoch?». Da das Business
as usual weggefallen ist, hat man Zeit und Ruhe, die aktuelle Struktur und
Angebote gründlich zu überdenken und Neues entstehen zu lassen. Zudem konnte ich endlich das Buch «Schneller lesen»
lesen, um schneller andere Bücher zu lesen. Dank Corona
konnte ich in kurzer Zeit meine Bücher auf der Wunschliste lesen.
Gab es Ermutigendes in Ihrem
privaten Umfeld?
Auf Knopfdruck bekam ich plötzlich viel Zeit für meine
Familie geschenkt. Das habe ich besonders geschätzt, weil wir in dieser Zeit
unsere zweite Tochter erhalten haben. Ich hatte auch mehr Zeit, um bestehende
Beziehungen, besonders die im Wohnquartier, zu pflegen.
Wie erleben Sie jetzt nach drei
Monaten Lockdown die Kirchen-Lockup-Phase?
Der erste Gottesdienst war eine grosse Ermutigung, da
wir endlich wieder zusammenkommen konnten. Es fühlte sich an, als würde sich
eine grosse Familie nach einer langen Auszeit wieder treffen. Für viele Alleinstehende
ist dieser Neustart wie Balsam für die Seele gewesen. Endlich konnte man auch über
alles austauschen, was man in dieser Auszeit erlebt hat: Hochzeiten, Geburten,
Prüfungen oder Herausforderungen im Home-Office. Es war ermutigend, als
versammelte Gemeinde unseren mächtigen Gott anzubeten.
Geht es nach Corona zurück
zum Business as usual oder haben Sie neue Ideen und Konzepte für die
Zeit danach?
In der Gemeindeleitung beschäftigen wir uns seit
letztem Herbst intensiv mit der Frage, wie wir als Stadtgemeinde unseren
Auftrag wahrnehmen können. Die Corona-Auszeit ist uns entgegengekommen, da fast
alles heruntergefahren wurde. Jetzt haben wir die einmalige Chance, zu
entscheiden, welche Angebote und Arbeiten wieder hochgefahren werden, welche
wir verändern und welche wir auflösen.
Welche konkreten Schritte und
Veränderungen planen Sie oder haben Sie schon vorgenommen?
Wir stehen mitten im
Prozess und werden demnächst auch die Gemeinde involvieren. Konkrete Aussagen
können wir aktuell noch keine machen.
Zum Thema:
Dossier «Kirchen nach Lockdown»
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Autor: Meike Ditthardt
Quelle: Livenet