Deutsche Evangelische Allianz
Neue Glaubensstatements: Sprachlich modern, theologisch teils unklar
Die Deutsche Evangelische Allianz hat ihre Glaubensbasis überarbeitet, damit jugendliche und säkular geprägte Menschen sie besser verstehen. Doch auch theologisch gibt es Veränderungen.
«Wir arbeiten auf der Glaubensgrundlage der Evangelischen Allianz.» Solche und ähnliche Sätze finden sich auf Internetseiten vieler Werke, Gemeinden und Verbände, die der Weltweiten Evangelischen Allianz oder ihren jeweiligen Sektionen nahestehen. Gemeint ist damit ein Text, der 1846 in London verabschiedet und 1972 überarbeitet wurde. Darin beschreibt die Allianz, welche Überzeugungen sie in Bezug auf Gott, Jesus Christus, den Heiligen Geist, die Bibel, die Rechtfertigung und andere Themen für unabdingbar erachtet.Neuformulierung nach 46 Jahren
Viereinhalb Jahrzehnte nach der letzten Revision hat die Deutsche Allianz am Montag eine neue Fassung vorgelegt, die der DEA-Hauptvorstand am 22. März verabschiedet hatte. Rund 1'000 Ortsallianzen und etwa 350 Werke im Netzwerk der DEA können die revidierte Glaubensbasis nun übernehmen. Ganz so einfach ist dies aber nicht, vor allem wenn die Werke die Glaubensbasis in ihrer Vereinssatzung erwähnen. Um sie zu ändern, ist eine überwältigende Mehrheit von 75 Prozent nötig. Kommt die Glaubensgrundlage im Zweck des Vereins vor, müssen laut Bürgerlichem Gesetzbuch sogar alle Mitglieder zustimmen. Es werden künftig also höchstwahrscheinlich mehrere Versionen der Glaubensbasis im Umlauf sein.
Die DEA nennt die neue Fassung eine «Neuformulierung». Ziel sei es gewesen, Formulierungen zu finden, die dem «heutigen Sprachempfinden» entsprechen, damit ihn auch Jugendliche und säkulare Menschen verstünden. Das ist nachvollziehbar, dürften doch selbst wenige Christen mit Begriffen wie «allgenugsam» etwas anfangen können.
Bekenntnisfragen sind sensibel
Wichtig ist die Verständlichkeit zum Beispiel dem Verband evangelischer Bekenntnisschulen (VEBS): Deren Geschäftsführer Wolfgang Stock sagte gegenüber pro, gerade nichtchristliche Eltern hätten die teils veraltete Sprache der ursprünglichen älteren Fassung nicht mehr verstanden. Stock ist auch Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der DEA.
Bekenntnisfragen sind immer sensibel, zumal unter konservativen Protestanten. Nur wenige Texte in der Kirche haben überhaupt Bekenntnisrang, wie etwa die Confessio Augustana (1530) oder der Heidelberger Katechismus (1563). Die Evangelische Allianz ist hingegen keine Kirche, sondern ein Netzwerk von Christen evangelikaler und pietistischer Prägung.
Glaubensgrundlage, nicht Bekenntnis
Die DEA spricht auch nicht formal von «Bekenntnis», sondern von «Glaubensgrundlage». Sie sei «die Beschreibung des theologischen Konsens im Allianznetzwerk». Die Bedeutung dieses Textes sollte also nicht überbewertet werden. Dennoch nimmt die Neufassung in der Geschichte der Allianz ohne Zweifel eine historische Bedeutung ein. Rein sprachlich hat der neue Text nur noch wenig mit der Vorlage zu tun. «Eine inhaltliche Veränderung gehe damit nicht einher», erklärte die Allianz am Montag.
Doch es gibt neben gelungenen sprachlichen Neuformulierungen durchaus einige inhaltliche Unterschiede, wie das Medienmagazin pro feststellt (hier nur auszugsweise ein paar Punkte - ganzer Artikel hier):
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Die «Allmacht» Gottes kommt in der neuen Version nicht mehr vor. Sie ergebe sich aus anderen Begriffen wie der «Souveränität», heisst es. Ob «Souveränität» wirklich verständlicher ist als «Allmacht», ist fraglich.
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In der alten Version ist noch die Rede davon, dass der gefallene Mensch «Gottes Zorn und Verdammnis» ausgesetzt sei – sicher eine recht harte, aber immerhin eindeutige Formulierung. Die neue Version legt den Fokus eher auf die «Vergebung von Schuld, für die Befreiung von der Macht der Sünde und für den Freispruch in Gottes Gericht».
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Komplett neu, so gibt auch die Allianz an, ist die Betonung der gottgegebenen Menschenwürde. Der Satz, der Mensch sei «als Mann und Frau geschaffen», 1972 wohl noch eine völlige Selbstverständlichkeit, dürfte auf aktuelle Genderdebatten bezogen sein.
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In der alten Version bewirkt der Heilige Geist neben der Wiedergeburt auch die «Bekehrung» des Menschen. In der neuen Fassung heisst es eher schwammig: «Durch den Heiligen Geist erkennen Menschen Gott.» Das dürfte zwar niemand bestreiten, aber «Bekehrung» ist eben doch mehr als «erkennen». Sie betont die Verantwortung des Menschen, während die Wiedergeburt ein rein göttlicher Akt ist. Dass ein Mensch sich bewusst «entscheiden» möge für «ein Leben mit Jesus», ist eigentlich ein typisches Kennzeichen evangelikaler und pietistischer Frömmigkeit.
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Neu hinzugekommen ist in der Glaubensbasis, dass der Heilige Geist «Gaben zum Dienen» schenkt. Damit trägt die Allianz offenbar der längst vollzogenen Annäherung an die Pfingstler Rechnung – und auch die übrigen Vertreter der Allianz würden wohl kaum bestreiten, dass der Heilige Geist Gaben schenkt.
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Zudem ist die Bibel in der neuen Fassung nicht mehr «völlig zuverlässig», sondern «zuverlässig» in «allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung». Es ist sicher richtig, dass das Wort «zuverlässig» im Deutschen nicht steigerbar ist. Entweder etwas ist zuverlässig – oder nicht. Warum die Variante in der Ursprungsversion gewählt wurde, zeigt ein Blick in das englische Original. Dies spricht von «entire trustworthyness». Die Deutschen machten 1972 daraus «völlige Zuverlässigkeit». Womöglich besser wäre «umfassende Vertrauenswürdigkeit» gewesen. Deswegen der Allianz eine Abkehr vom Schriftverständnis zu unterstellen, wäre aber sicher nicht angemessen.
Verständlicher, aber streckenweise unscharf
Die Allianz will mit ihrer Glaubensbasis junge und säkular geprägte Menschen erreichen – und nicht in erster Linie Theologen. Dies sei der DEA gelungen, schreibt Nicolai Franz in seinem Kommentar auf pro. «Vor allem die Bekenntnisschulen werden von dieser Modernisierung profitieren. Denn sie gehören zu den Werken, die in ihrer Praxis auf ein verständliches und nachvollziehbares Bekenntnis angewiesen sind, wenn sie sich um staatliche Anerkennung bemühen und Eltern Auskunft geben müssen.» Begrüssenswert sei auch, dass der Text viele gelungene Neuformulierungen enthält und dass die Gaben des Heiligen Geistes sowie die Menschenwürde in den Text mit aufgenommen wurden.
«Theologisch wäre an manchen Stellen mehr Klarheit möglich gewesen», meint pro-Redaktor Nicolai Franz. So bleibe der Eindruck, dass die Glaubensbasis nun zwar teilweise verständlicher ist, aber streckenweise auch unschärfer.
Zur Webseite:
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Autor: Florian Wüthrich / Nicolai Franz
Quelle: Christliches Medienmagazin pro | www.pro-medienmagazin.de
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