Nachruf

Fürst Castell ging es um Versöhnung

Er war das Oberhaupt eines der ältesten evangelischen Adelsgeschlechter in Bayern: Albrecht Fürst zu Castell-Castell. In der Nacht zum 9. Mai ist er im Alter von 90 Jahren gestorben. Er galt als Brückenbauer zwischen den Kirchen und innerhalb der Gesellschaft.

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Albrecht Fürst zu Castell-Castell
Im Schlossgarten tummeln sich viele Teenager, die an dem nahe gelegenen Zeltlager teilnehmen. Zu ihnen sprechen Albrecht Fürst zu Castell-Castell und seine Frau Marie Louise. Das Ehepaar sagt nicht nur etwas zur Geschichte des Hauses, sondern auch zu ihrem Glauben. Sie sprechen die jungen Menschen als Adelige an: «Ihr seid Prinzen und Prinzessinnen durch Jesus», rufen sie den jungen Leuten zu.

Bewusste Hinwendung zum Glauben

Es ist eine typische Szene, die zeigt, wie der Fürst seine adelige Herkunft mit seinem Glauben verband. Der protestantische Glaube war ihm als Erbe in die Wiege gelegt. Eine sehr bewusste Hinwendung zum Glauben vollzog er mit seiner Frau in einer Zeit der Krise vor mehr als 40 Jahren auf einer Veranstaltung des Marburger Kreises.

Mit 90 Jahren starb Fürst Castell-Castell. Am Tag seiner Bestattung nahmen über 1'000 Menschen von ihm in Castell (in Unterfranken, Bayern) Abschied; darunter auch die Landtagspräsidentin des Bayerischen Landtags Barbara Stamm und der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster sowie viele Persönlichkeiten aus Kirche, Adel, Gesellschaft und Kunst.

Für eine klare Sprache

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Albrecht Fürst zu Castell-Castell
Der Fürst, der aus einer der ältesten Adelsfamilien Deutschlands stammt, war ein bekennender und engagierter protestantischer Christ, der viele christliche Initiativen förderte oder selbst ins Leben rief. Eine waren die «Versöhnungs-Wege». Hier besuchte er Orte in Europa, in denen schlimmste Gräueltaten in der NS-Zeit an der Zivilbevölkerung verübt wurden.

Wichtig war ihm dabei, dass die Bitte um Vergebung deutlich ausgesprochen wurde. Verallgemeinerte Formulierungen, die die Schuld nicht klar beim Namen nennen und nicht eindeutig um Vergebung bitten, hielt er für falsch, weil hier auch keine wirkliche Vergebung stattfinden könne. Das war seine feste Überzeugung und die lebte er auch.

Versöhnung mit Juden und Israel

Um Versöhnung war er besonders im Verhältnis zu den Juden bemüht. Viele Reisen führten ihn nach Israel. Besonders wichtig war es für ihn, dass die grossen Kirchen wahrnahmen, dass es seit geraumer Zeit erstmals wieder eine erkennbare Zahl von Christen unter den Juden gibt, die sogenannten messianischen Juden.

Das war und ist in Deutschland ein besonders schwieriges Thema. Denn nicht wenige Kirchenvertreter halten eine Mission von Juden nach dem Holocaust zumal von Deutschen betrieben oder unterstützt für nicht mehr möglich und auch nicht richtig. Albrecht Fürst zu Castell-Castell lehnte beispielsweise eine Erklärung der bayerischen Landeskirche ab, in der Aktivitäten als «undenkbar» bezeichnet werden, «die das Ziel einer Konversion von Juden- zum Christentum verfolgen».

Für eine Anerkennung der messianischen Juden

Fürst Castell engagierte sich für die Anerkennung der messianischen Juden durch die christlichen Kirchen. So war er Gründungsmitglieds eines deutschen Vereins zur Bewegung «Towards Jerusalem Council II». Es ging ihm dabei um ein noch grosses Ziel: Die Gemeinschaft und Einheit all derer, die an Jesus glauben, auch der Juden, wie es sie einmal in der Frühzeit des Christentums gab.

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm – selbst an der erwähnten Erklärung gegen ein Hinwirken darauf, dass Juden zum christlichen Glauben finden, beteiligt – würdigte Fürst Castell anlässlich seines Todes als «eine der wichtigsten Stimmen der evangelikalen Bewegung» in Bayern. Bedford-Strohm ist auch Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

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Datum: 17.05.2016
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

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