Leitartikel «Die Zeit»

Reformationsjubiläum als Gelegenheit, den Papst einzuladen?

Papst Franziskus sollte zu den Feiern der Reformation im nächsten Jahr nach Deutschland eingeladen werden. Das fordert die Wochenzeitung «Die Zeit» in einem Leitartikel in ihrer Ausgabe zu Pfingsten. Das 500. Reformationsjubiläum im nächsten Jahr biete die Möglichkeit zu zeigen, dass die beiden christlichen Konfessionen viel mehr verbinde als trenne.

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Coverbild «Die Zeit»
Der Artikel schliesst mit der Aufforderung: «Also liebe Amtschristen, bevor ihr euch aus Angst vor den eigenen Glaubensbrüdern zum Gespött macht: Gebt euch einen Schubs und ladet ihn (den Papst) ein!» Der Artikel trägt die Überschrift «Ziemlich beste Feinde». Zu sehen sind Martin Luther und der jetzige Papst Franziskus, getrennt durch einen tiefen Abgrund, die sich mit verschränkten Armen gegenüber stehen.

«Raus aus der Schmollecke!»

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Martin Luther und Papst Franziskus
Die Leiterin der Redaktion «Glauben und Zweifeln», Evelyn Finger, fordert in ihrem Leitartikel die beiden christlichen Kirchen auf: «Raus aus der Schmollecke! Beide Kirchen können mit einem historischen Handschlag den freien, pluralen Gesellschaften noch etwas vormachen: dass wir mit anderen Kulturen und Religionen nur dann Frieden halten können, wenn wir ihren Anspruch auf Wahrheit respektieren und zugleich unseren eigenen Wahrheitsanspruch verteidigen. Es genügt nicht, andere nur zu dulden. Aber es geht zu weit, anderen einen Respekt zu gewähren, den diese uns verweigern.»

Annäherung in der Theologie

Zwar gebe es die Gemeinsame Erklärung von 1999 in Augsburg, die inhaltlich einen entscheidenden Durchbruch gebracht habe, aber sie werde kaum beachtet. «Leider blieb der Friedensschluss der Theologen im Volke weithin unbemerkt». Es fehle daher ein Symbol der Versöhnung. Gelingt das 2017? Die deutschen Protestanten feiern dann 500 Jahre Reformation, doch noch immer schmollt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Noch hat sie es nicht übers Herz gebracht, den Papst offiziell einzuladen – aus Furcht, der könne durch blosse Anwesenheit den Sinn des Festes (Gemeint ist die Feier der Reformation im nächsten Jahr) verfälschen.»

Papst Franziskus – Ein «Protestantenfreund»

Dass es in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine mehr als grosse Zurückhaltung gebe, den Papst zum Reformationsfest nach Deutschland einzuladen, liege an seinem Vorgänger. Dieser hatte die evangelischen Kirchen nicht einmal als Kirchen ansprechen wollen, sondern bloss als kirchliche Gemeinschaften. Der Ärger darüber sitze bis heute tief. Zudem nähmen die evangelischen Vertreter kaum wahr, dass der jetzige Papst Franziskus ein «Protestantenfreund» sei, was er öffentlich zeige.

Hassliebe zwischen den Kirchen

«Die wahren Gegner der Ökumene», so Finger, «nisten im Gebälk der Kirchenapparate und trachten danach, ihre Kirche vom 'Zerfall' zu schützen. Sie sind mit der jeweils anderen Konfession in Hassliebe vereint. Wie bei Eheleuten befindet sich ihre Beziehung im Stadium der Agonie. Nur streitend bringen sie noch Leidenschaft füreinander auf. Sie wollen sich nicht mehr versöhnen, nur beweisen, dass der andere an allem schuld ist.»

Demgegenüber spielten in der Bevölkerung die Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch eine immer geringere Rolle. Für viele reduzierten sie sich auf die Feststellung: «Die einen haben den Papst, die anderen weibliche Pfarrer.» Das zeige sich auch an den vielen konfessionsverschiedenen Ehen. Versöhnung, so Finger, sei leicht. Denn: «Das Kirchenvolk ist längst nicht mehr verfeindet.» Und es gebe Christen, die diese Eintracht suchten.

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Datum: 13.05.2016
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

Kommentare

Zum Thema Ökumene schüttelt vielleicht mancher den Kopf, denn es wäre ja falsch Unterschiede zu verneinen und auf Kosten der Wahreheit eine "Einheit" zu schaffen. Aber dies will ECHTE Ökumene nicht. Sie will eine echte Einheit nach Gottes Willen ohne Verlust der Wahrheit. Ich habe diesbezüglich auch Fragen und Unklarheiten. Aber am besten ist es, wenn man demütig Jesus selber fragt. Er weiss es am besten. Ich wünsche mir, dass in solchen Dialogen mit mehr Liebe, Sachlichkeit und in einem 'christlichen Umgang' diskutiert wird.
Mir ist aufgefallen, dass unter Artikel zu diesem Thema fast immer lieblose und unsachliche Kommentare stehen. Liebe evangelische Mitchristen, ich bitte euch um Verzeihug, wenn manche Katholiken sich aggressiv und lieblos geäussert haben. Pfr. Leo Tanner geht hier sehr gut auf das Thema Ökumene ein, besonders Markus möchte ich diesen Link empfehlen: http://www.leotanner.ch/index.php?id=386 Diesen Vortrag von Dr. Johannes Hartl zum Thema Ökumene möchte ich ebenfalls wärmstens empfehlen: http://www.gebetshaus.org/medien/kurz-input/kumene-was-ist-das-katholisc...
Lieber Markus, es macht es auf mich irgendwie den Eindruck, die katholische Bibel sei eher so geschrieben worden, dass die den Gepflogenheiten der kath. Kirche entspricht. Bsp. "du sollt dir kein Bildnis machen" 5.Mos 5.8 ist anders geschrieben, es gibt viele weitere Bsp. Von Ablassjahren in Rom, um Vergebung der Sünden zu erlangen, hat Jesus irgendwie auch nichts geäussert. Nun Den Papst einladen, der Lehren vertritt, die der Bibel grundlegend widersprechen (Gal 1.9), finde ich sonderbar, aber nicht verwunderlich. Wenn es Jemand interessiert, studieren sie die Offenbarung, insbesondere Kp. 17ff vergleichen Sie die Aussagen mit dem Kath., ist äusserst interessant. Wer sucht, der findet!
Lieber AdrianW, es stimmt nicht, dass die katholische Kirche der Bibel widerspricht. Durch viele Missverständnisse und Verdrehungen der Wahrheit kann ein solcher Eindruck entstehen. Die Webseite catholic.com deckt solche Missverständnisse auf und gibt gute und sachliche Antworten. Hier zum Beispiel zum Vorwurf, die kath. Kirche sei die "Hure Babylon": http://www.catholic.com/tracts/the-whore-of-babylon
Lieber Prävl, Verweise auf katholische Apologetik bringen nur Anhängern der katholischen Lehren etwas. Katholische Apologetik steht ganz im Dienste des kirchlichen Lehramts, d.h. das Resultat (= die Bestätigung der kath. Lehren) steht bereits zum Voraus fest. So etwas nennt man Propaganda. Das will nicht heissen, dass ergebnisoffene Bibelauslegung frei von Irrtümern ist oder dass es nicht unterschiedliche Meinungen geben kann. Aber man liegt doch näher an der Wahrheit, als wenn man für etwas Vorgegebenes Propaganda macht.
Auch wenn sich mein Bibel-, Gemeinde- und Reformationsverständnis zu etwa 180 Grad von demjenigen von Markus unterscheiden, kann ich ihn in seiner ehrlichen Haltung in Liebe tolerieren und akzeptieren - und erhoffe das auch von ihm. Schwierig wird es, wo man eigene Überzeugungen und Ziele nicht offen kommuniziert oder eine "Feindschaft" herbeiredet, wo keine existiert (Ist man "Feind", nur weil man eine andere Meinung hat?). Wenn es jedoch darum geht, Leute mit festem Glauben und Bekenntnis zu diffamieren oder lächerlich zu machen, werden nicht zuletzt Ökumeniker meist recht klar, wie der schlimme Zeit-Artikel einmal mehr zeigt (Ausdrücke wie "nisten im Gebälk" erinnern an Nazi-Jargon).
Lieber Glaubensbruder Episto,wir glauben beide an denselben Herrn und Gott und Erlöser Jesus Christus! Dennoch ist dieser Artikel,eine Farce. Es wäre wünschenswert und aller höchste Zeit,dass alle Christen wieder zu Einer Kirche finden und zwar diese Kirche,welche Jesus Christus gegründet hat.Sind wir darin einer Meinung?Ökume,in welchem Sinn?Was ist mit den Sakramenten,von Jesus eingesetzte und von Luther vernichtet?! Ich setze keine Feindschaft, im Gegenteil.Es geht mir darum, eine Tatsache zu kommentieren und diese sind keine persönlichen Meinungen.Was bitte soll dein letzter Satz bedeuten? Klingt sehr aggresiv und Feindselig!Warum? Gott segne dich...
Lieber Markus, entschuldige bitte das Missverständnis, ich habe mich nur im Einleitungssatz an Dich gewendet. Der Rest meines Kommentars betrifft den Zeit-Artikel. Ich habe also überhaupt keine aggressive oder feindselige Haltung Dir gegenüber. Feindselig bin ich im Übrigen auch nicht gegenüber der Autorin des Artikels. Ich wehrte mich nur dagegen, dass sie Ökumene-Gegnern eine feindselige Haltung unterstellt und so tut, als sei eine kritische Haltung gegenüber der Ökumene etwas moralisch Verwerfliches.
Es gibt nicht zwei Kirchen. Es gibt NUR die Eine heilige katholische und apostolische römische Kirche. Die protestantische/reformierte ist keine Kirche sondern eine Glaubensgemeinschaft. Und ohne die katholische Kirche gäbe es heute nicht einmal diese. Martin Luther war Priester der katholischen Kirche. Er ist schuld an dieser Spaltung. Die Protestanten wollen eine Annäherung am Gemeinsamen. Dann sollen sie die Traditionen und die Lehre der katholischen Kirche akzeptieren und NICHT umgekehrtes verlangen. Die katholische Kirche hat Sakramente, welche von Jesus Christus persönlich eingesetzt wurden. Auch die Bibel wurde von Martin Luther verfälscht. Ich bin Theologe...
Lieber Markus, es stimmt nicht, dass Martin Luther ganz alleine Schuld an der Kirchenspaltung ist, denn die damalige Kirche trägt auch grosse Schuld an der Kirchenspaltung. Bitte lies auch 'UNITATIS REDINTEGRATIO' vom II Vatikamum und 'UT UNUM SINT'. Beides findest du leicht im Internet. In ersterem lehrt die katholische Kirche auch, dass auch getaufte Christen anderer Konfessionen (in unterschiedlichen Graden) zur Kirche gehören.

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