«Entrückung im September»

Nigeria: 77 Personen verschanzen sich in Kirche

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In Nigeria sind 51 Erwachsene und 26 Kinder von der Polizei befreit worden, die sich im Keller einer Kirche verschanzt hatten und auf die Wiederkunft Christi warteten. Die Vereinigung Christlicher Kirchen Nigeria distanzierte sich von dem Vorgehen.

Die oft mangelhafte theologische Ausbildung von Pastoren in Afrika treibt bisweilen skurrile Blüten. In der «Whole Bible Believer Church» in Ondo (Nigeria) versuchte der Pastor die Gemeinde zu überzeugen, dass die Wiederkunft Jesu – in Form der sogenannten «Entrückung» – im April 2022 stattfinde. Später hiess es, er habe sie auf September verschoben und man müsse in der Kirche auf ihn warten. Verschiedene Kinder gingen daraufhin nicht mehr in die Schule, und ganze Familien wohnten – z.T. seit Monaten – im Keller der Kirche, um auf dieses Ereignis zu warten, wie ihr Pastor sie angewiesen hatte.  

Von Polizei befreit

Die Polizei führte am Freitag letzter Woche eine Razzia in der Kirche durch, nachdem ein Hinweis eingegangen war, dass dort Kinder gegen ihren Willen festgehalten würden. Eine Mutter vermisste ihr Kind und führte die Polizei zu der Kirche. «Polizisten wurden zur Kirche geschickt, um die Pastoren und die Gemeindemitglieder zu befragen. Als sie die Polizei sahen, griffen sie sie an» erklärte die Polizeisprecherin des Bundesstaates Ondo, Funmilayo Odunlami.

43 Erwachsene, 8 Teenager und 26 Kinder wurden befreit und die beiden Pastoren der Kirche verhaftet. Odunlami: «Die Opfer kampierten in der Kirche mit der Anweisung, dass keiner von ihnen die Kirche verlassen dürfe und dass sie jeden Moment das zweite Kommen von Jesus Christus erwarten sollten.» Kinder seien angewiesen worden, nur ihren «Eltern im Herrn» zu gehorchen, worauf einige von ihnen ihre natürliche Familie verliessen und auch nicht mehr zur Schule gingen. Medien und betroffene Eltern sprachen von «Hypnose» und «Gehirnwäsche».

Vorwürfe zurückgewiesen

Die Kirche verwahrte sich gegen den Vorwurf, Menschen gegen ihren Willen festgehalten zu haben; das «Camp» sei ein Teil des Programms, das von der Gemeinde organisiert wurde. Der 45-jährige Hilfspastor der Kirche, Josiah Peter Asumosa, erklärte, er habe die Kirchenmitglieder niemals hypnotisiert, einer Gehirnwäsche unterzogen oder Kinder von ihren leiblichen Eltern getrennt.

Er sagte: «Ich predige ihnen, was die Bibel lehrt. Wir sind in der Kirche auf der Grundlage von Gottes Anweisungen durch unseren Pastor David Anifowose. Er wies uns an, sieben Tage lang zu lagern. Mir sind keine Kinder bekannt, die keine Prüfungen geschrieben haben, oder Erwachsene, die wegen der Entrückung nicht mehr arbeiten wollen.»

Frühere Gemeindemitglieder der Whole Bible Believers Church erklärten, alles sei gut gewesen, bis der Zweitpastor Peter Asumosa gekommen sei und «spaltende, falsche Lehren» in die Gemeinde brachte. Die Mutter eines der betroffenen Kinder erklärte: «Der Hilfspastor sagte, er sei von Gott berufen worden, die King James Version der Bibel neu zu schreiben, da einige Dinge in der Bibel nicht stimmen, und er hypnotisierte unsere Kinder mit diesen Lehren.»

Nationaler Kirchenrat distanziert sich

Die «Christian Association of Nigeria» (CAN), der nationale Kirchenrat, distanzierte sich scharf vom Vorgehen der Kirche und rief zu einer gründlichen Untersuchung des Falls auf. Der fragliche Pastor und seine Kirche, die Whole Bible Believers Church in Ondo, sei zwar nicht Mitglied der CAN, aber die Tatsache, dass die Kirche behaupte, eine christliche Gemeinde zu sein, mache es erforderlich, dass die CAN zu seiner Praxis Stellung nimmt.

Der Pastor habe die uninformierten Mitglieder seiner Gemeinde «belogen» mit der Behauptung, die «Entrückung» geschehe im September, erklärte die CAN und fuhr fort: «Kein wahrer Pastor würde behaupten, das Datum der Entrückung zu kennen, denn in der Bibel steht eindeutig, dass nur Gott das Datum kennt. Wer behauptet, den Zeitpunkt zu kennen, führt nicht nur die Öffentlichkeit in die Irre und kann nicht behaupten, ein echter Diener Gottes zu sein. Er ist bestenfalls ein Agent Satans, der vorgibt, ein Pastor zu sein.»

Der Verband forderte alle Denominationen auf, ein Auge auf die ihnen unterstellten Pastoren zu haben, um ein gesundes biblisches Verhalten zu gewährleisten, und forderte die Kirchenmitglieder im ganzen Land auf, jede Lehre aus der Bibel zu überprüfen, bevor sie ihr Glauben schenken.

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Datum: 07.07.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Arise News / The Guardian

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