Livenet-Talk zum 1. August
Gott der Allmächtige – noch aktuell in der Schweiz?
Die Präambel der Bundesverfassung stellt den Allmächtigen an den Anfang der Realität «Schweiz». Im Livenet-Talk mit Politikern und einem Experten geht Florian Wüthrich der Frage nach, ob das in Politik und Alltag noch relevant ist.
Teilnehmer des Gesprächs sind die Nationalräte Lilian Studer (EVP, AG), Martin Haab (SVP, ZH) und der interkulturelle Berater Kurt Beutler (ZH), u.a. Autor des Buches «Die Schweiz und ihr Geheimnis» (Livenet berichtete).
Keine Reden zum 1. August
Die beiden Politik-Vertreter müssen im Corona-Jahr mit der Tradition der 1. August-Rede brechen – endlich können sie wie normale Leute auch den Nationaltag feiern. Aber auch ein Grund zum Nachdenken: Warum haben bestimmte Leute Mühe, auf die Geschichte der Schweiz stolz zu sein? «Wir suchen immer Fehler bei uns selbst und sehen selten etwas Positives», findet Kurt Beutler. «Dabei haben wir das, was wir in der Schweiz haben, dank der Bibel und dem Christentum.»Das grosse Schweigen um Gott
Auch Lilian Studer fällt es auf, dass im Bundeshaus und im Land Gott fast nicht mehr erwähnt wird. Ihre Erklärung: «Uns gehts extrem gut. Die letzten 100 Jahre mangelte es uns an nichts. Wir sind träge, satt, zufrieden – das Leben ist so gut. Die alten Fragen haben keinen Platz mehr.» Martin Haab als Bauer steht schon rein beruflich näher beim Schöpfer; er weiss: «Wenn wir am Scheideweg sind, dann fängts an. Gott ist nicht ganz weg, der Lebensbezug oder die Nähe zur Kirche ist da.» Bauern stellten aufgrund ihrer Abhängigkeit von Wetter und äusseren Bedingungen mehr die Frage nach Gott als der Durschnitt der Bevölkerung.
Wenn WC-Papier knapp wird
Bei der Frage, ob «Gott der Allmächtige» in der Bundesverfassung heute noch Platz hat, ortet Beutler in der Schweiz nur wenige «Voll-Atheisten»: «Der Mensch spürt ja, dass wir ohne Gott etwas Wertvolles verlieren würden. Es muss etwas geben. Auch Skeptiker können sich mit dieser allgemeinen Formel identifizieren.»
Die meisten Kirchenaustreter seien ja nicht Atheisten, sondern Zweifler. Und viele von ihnen seien durch die Corona-Krise aufgeschreckt worden: «Wer hätte sich je über fehlendes WC-Papier Gedanken gemacht? Plötzlich ist alles auf den Kopf gestellt. Woher kommt es denn, dass wir immer so Überfluss haben?» Da mache sich der eine oder andere sicher Gedanken.
Wie vermittelt man es?
Auf die Frage, wie sie ihr Christ-Sein zum Ausdruck bringen, sind sich die drei Gesprächspartner zunächst einig: «Man darf den Leuten keine Bibelverse um die Ohren schlagen.» Lilian Studer setzt darauf, ihre Werte zu «leben». Sie habe schon Komplimente erhalten für die Art und Weise ihrer Zusammenarbeit mit Kollegen in der Politik.Auch Martin Haab pflegt, obwohl er sich im politischen Spektrum rechts positioniert, «jenseits der Parteigrenzen sehr gute Kontakte, auch zu Linken». Regelmässige Gebetstreffen von Christen im Bundeshaus sind für ihn ein sehr wertvolles Gefäss.
Verrat, die eigenen Wurzeln abzuschneiden
Kurt Beutler setzt auf Aufklärung: «Ohne die Bibel wären wir vielleicht noch Analphabeten. Volksschule, Bibliotheken, Universitäten haben ihre Ursprünge in Klöstern, also im Christentum. Medizin, Spitäler – wir müssen klar machen, was die Bibel für einen Wert hat.»
Beutlers Frau ist Ägypterin, und er stellt immer wieder fest, wie Menschen aus anderen Kulturen darüber staunen, dass Ehrlichkeit und Vertrauen in der Schweiz so hoch sind: «Sogar zu viel bezahlte Steuern werden zurückgezahlt, die Krankenkassen zahlen bereitwillig. Was wir hier haben, kommt nicht von nichts.»
Reden zum 1. August
Alle drei Gesprächsteilnehmer können im Talk schliesslich eine kurze 1. August-Rede halten. Lilian Studer drückt Dankbarkeit aus gegenüber allen, die sich in der Corona-Krise besonders eingesetzt haben, «bis zum Pöstler». Martin Haab schaut mit Stolz und Freude auf unser Land: «Gerade in der Krise haben wir gemerkt, dass sehr vieles gut funktioniert. Das Wahlsystem, relativ gesunde Finanzen, eine weitsichtige Regierung geben mir Optimismus, dass wir die Krise hinter uns bringen.»Beutler schliesslich erinnert noch einmal an die Geschichte: das Wunder von 1815, dass die Schweiz nicht aufgeteilt, sondern als liberaler Staat erhalten wurde; die «christlichste Phase» der Geschichte danach, als Schweizerkreuz, «dominus providebit» auf dem Fünfliber, die Nationalhymne und der Buss-und Bettag eingerichtet wurden.
Egal, ob bewusst oder eher unterschwellig: Die Gesprächspartner sind sich einig, dass sich die Schweiz einen Bärendienst erweist, wenn sie ihre christlichen Wurzeln verleugnet. Darum: Prost zum 1. August!
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet