Berner Kantonsparlament
«Kleine Anerkennung» für Freikirchen abgelehnt, Ja zu Landeskirchengesetz
Der Berner Grosse Rat hat ein Postulat der EVP-Fraktion zu einer «kleinen Anerkennung» für Religionsgemeinschaften (Livenet berichtete) mit 66 zu 58 Stimmen bei 10 Enthaltungen abgelehnt. Angenommen wurde hingegen das neue Landeskirchengesetz, was die drei bernischen Landeskirchen begrüssen.
Der Berner Grosse Rat hat in seiner gestrigen Sitzung ein Postulat der EVP-Grossräte Marc Jost und Philippe Messerli mit 66 zu 58 Stimmen bei 10 Enthaltungen abgelehnt. Bei einer Annahme hätte die Regierung prüfen sollen, ob privatrechtliche Glaubensgemeinschaften wie Freikirchen die Möglichkeit einer «kleinen Anerkennung» durch den Kanton erhalten sollen. Als Zulassungskriterien für so eine Anerkennung schlug die EVP «Einhaltung der Menschenrechte, insbesondere Glaubensfreiheit», «transparente Finanzverwaltung», «gemeinnützige Tätigkeiten», «Bestehen seit einer definierten Zeitdauer» und «Förderung des Religionsfriedens» vor.
Der Regierungsrat hatte sich in seiner Antwort auf das Postulat bereits zurückhaltend geäussert. Vorerst wolle man keine Anerkennung für Glaubensgemeinschaften in Aussicht stellen, da die Debatte in eine «umsichtige und längerfristige Religionsstrategie» eingebettet werden müsse.
EVP: «Freikirchen erbringen grossen Nutzen für die Gesellschaft»
Die EVP ist überzeugt, dass die in der Kantonsverfassung vorgesehene Möglichkeit der Anerkennung weiterer Glaubensgemeinschaften auf Dauer nicht «toter Buchstabe» bleiben dürfe. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass das System der öffentlich-rechtlichen Anerkennung generell ins Wanken gerate. Eine Anerkennung würde aus Sicht der EVP nicht nur materielle Vorteile bringen, sondern vor allem eine stärkere gesellschaftliche Akzeptanz der Glaubensgemeinschaften.
«Gemeinschaften, die sich über Jahrzehnte vorbildlich gesellschaftlich integriert haben und auch dem Wohl der Gesellschaft dienen, sollen nicht länger einem Verdacht ausgesetzt sein, nur weil sie nicht öffentlich-rechtlich anerkannt sind», sagt die EVP. Der Bericht «Dienstleistungen, Nutzen und Finanzierung von Religionsgemeinschaften in der Schweiz» habe aufgezeigt, dass nicht nur Landeskirchen, sondern auch Freikirchen einen grossen Nutzen für die Gesamtgesellschaft erbringen.
Die fünfköpfige EDU-Fraktion im Grossen Rat stimmte mit 4 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung gegen das EVP-Postulat.
Postulat für Religionscharta wird angenommen
Problemlos angenommen hat der Grosse Rat dagegen ein Postulat von der SP, das die Schaffung einer Religionscharta anregt. Nicht anerkannte Glaubensgemeinschaften könnten diese Charta freiwillig unterzeichnen, die sie dazu verpflichten würde, die Integration ihrer Gläubigen zu fördern, den interreligiösen Dialog zu pflegen und sich an die Rechtsordnung zu halten. Der Regierungsrat hatte dem Parlament die Annahme des Prüfungsauftrags empfohlen.
Klares Ja zum Landeskirchengesetz
Ebenfalls am gestrigen 21. März 2018 hat das Berner Kantonsparlemt das Gesetz über die bernischen Landeskirchen in zweiter Lesung verabschiedet. Die drei bernischen Landeskirchen begrüssen, dass der Grosse Rat des Kantons Bern dem neuen Gesetz über die Landeskirchen mit grosser Mehrheit zugestimmt hat. Das Kantonsparlament zeige damit, dass es das partnerschaftliche Verhältnis von Staat und Landeskirchen weiterführen wolle und dass es deren Arbeit für die Gesellschaft vertraue, heisst es in einer Mitteilung der Landeskirchen.
Kirchen stellen Pfarrer künftig selber an
Das Parlament habe damit auch unterstrichen, dass sich der Kanton Bern nicht aus religionspolitischen Fragen zurückziehen wolle. Vorgesehen ist jedoch eine Entflechtung der Aufgaben. Diese führe unter anderem dazu, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer ab Anfang 2020 von den Landeskirchen angestellt werden. Die Leitungen der drei Landeskirchen hätten bereits die innerkirchliche Umsetzung des Landeskirchengesetzes angepackt, heisst es in der Mitteilung weiter. Die ersten konkreten Beschlüsse dazu würden in den kommenden Monaten den dafür zuständigen Gremien vorgelegt.
Zum Thema:
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Autor: Florian Wüthrich / Georges Scherrer / Christof Bauernfeind
Quelle: Livenet / kath.ch / idea
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