Initiative «No Billag»
«Die Kirche würde eine wichtige Kanzel verlieren»
Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) lehnt die «No-Billag-Initiative» ab. Eine demokratische Schweiz brauche öffentlich-rechtliche Medien mit einer ausgewogenen Berichterstattung und mit der Stimme der Minderheiten und der Schwachen, schreibt der SEK in einer Mitteilung. Auch andere Kirchenvertreter haben sich gegen die Initiative ausgesprochen.Der Kirchenbund setze sich für ein Medienangebot ein, das «die Vielfalt aller Meinungen und Sprachregionen sowie die Interessen der Minderheiten und der Schwachen berücksichtigt», so der SEK weiter. Nur so könnten sich die Schweizerinnen und Schweizer sachgerecht ein Gesamtbild von ihrem Land machen. «Von diesem Angebot lebt eine Demokratie. Dafür wurden öffentlich-rechtliche Sender eingerichtet.» Der Kirchenbund ist der Meinung, dass die Stimmen der Schwachen in der Öffentlichkeit verschwinden würden, wenn «Radio und Fernsehen allein dem Spiel der Marktkräfte überlassen und nicht mehr solidarisch von der gesamten Bevölkerung getragen werden». Meinungen von Minderheiten würden nur noch dann ins Gewicht fallen, wenn sie sich finanziell rechneten. Darum wehre man sich gegen alle Vorstösse, die «Minderheiten und Schwachen das Wort abschneiden wollen».
Bischofskonferenz: Nationaler Zusammenhalt in Gefahr
Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) hatten sich bereits Anfang Dezember ablehnend zur «No Billag»-Vorlage geäussert. Die SBK erachtet es als «wichtig, dass weiterhin ein öffentlicher Diskurs möglich bleibt, in welchem verschiedene Meinungen – auch von Minderheiten – ihren Platz haben». Sie befürchtet zudem, dass die öffentliche Meinungsbildung noch stärker von ausländischen oder finanzstarken Medienhäusern abhängig werde. Gerade in der französischen und italienischen Schweiz könne dies nach Ansicht des SBK zu einer Schwächung der schweizerischen Identität führen. Die Initiative gefährde daher den nationalen Zusammenhalt, bestehende gesellschaftliche Risse könnten sich vergrössern.
EMK: Ausländische Investoren würden Konzessionen kaufen
Die Evangelisch-methodistische Arbeitsgruppe «Kirche und Gesellschaft» warnte ebenfalls vor einer Annahme der Initiative (Livenet berichtete). «Die Argumente der Befürworter sind irreführend und verschleiern die Konsequenzen für sprachliche Vielfalt, Kultur und auch für christliche Sender und Angebote in der Schweiz», schreibt «Kirche und Gesellschaft» in einer Stellungnahme. Die Arbeitsgruppe betont, dass der Leistungskatalog der heutigen SRG für kommerzielle Sender nicht mehr finanzierbar wäre. Es gäbe keine romanischen oder italienischen Sendungen mehr. Ausländische Investoren wie Google und Amazon würden bei einer Versteigerung der Konzessionen zum Zug kommen. Fernsehen würde nach wie vor kosten – nur flössen die Gelder in die Taschen privater Anbieter, statt dass sie auch zugunsten von Minderheiten und Vielfalt verwendet würden.
Keine Religionssendungen mehr
Kirchenbundspräsident Gottfried Locher gibt einen weiteren Aspekt zu bedenken: «Kirchliche Sendungen in Radio und Fernsehen transportieren christliche Werte. Wird die No-Billag-Initiative angenommen, verliert die Kirche eine wichtige Kanzel.» Das Schweizer Radio und Fernsehen überträgt Gottesdienste und Predigten. Zu den kirchlichen Sendungen zählen «Wort aus der Bibel» (Radio), «Wort zum Sonntag» und «Fenster zum Sonntag» (Fernsehen). Das SRF behandelt religiöse Themen in Sendungen wie «Perspektiven», «Blickpunkt Religion» (Radio) und in der «Sternstunde Religion» (Fernsehen). Judith Hardegger, Redaktionsleiterin der Sternstunden Religion erklärte, bei einer Annahme der Initiative würden «keine SRF-Sendungen mehr existieren und damit auch keine der Religionssendungen.» Private Anbieter würden hier kaum in die Bresche springen, sagt Hardegger, denn Religionssendungen liessen sich kaum über Werbung finanzieren.
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Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Schweiz
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