LKF-Tagung mit Michael Herbst
Wie die reformierte Kirche Zukunft hat: Mission ins Zentrum stellen
Die Erneuerung der Kirche kann gelingen; zu machen ist sie nicht. Die Tagung des Landeskirchen-Forums (LKF) am Samstag, 29. August, in Zürich, stiftete Zuversicht, benannte, was bremst und brachte die Teilnehmenden ins Gespräch.
«I have a dream!» und nicht «I have a plan!»
Um dies zu verdeutlichen, zitierte Michael Herbst eine Untersuchung des Columbia-Professors Simon Sinek mit dem Titel «Start with why». Man müsse mit dem Warum beginnen, um Menschen zu überzeugen. Martin Luther King habe den 250'000 Menschen in Washington zugerufen: «I have a dream!» Er habe nicht gerufen: «I have a plan!»
Luther King habe nicht zuerst von bestimmten Veränderungen, Forderungen, Handlungen geredet, fasste Professor Herbst an der Tagung in Zürich zusammen. Statt einem «Was» oder «Wie» habe er das «Warum» ins Zentrum gerückt. Es gehe um so etwas wie eine Berufung, einen Sinn, eine Mission.
Erst Jesus, dann alles weitere
Aus dieser Perspektive sei auch die Zukunft der Kirche zu betrachten, empfahl Michael Herbst: «Wir können über die Zukunft der Kirche von aussen nach innen nachdenken: Was alles nötig ist an Pfarrstellen, an Häusern, an Aktivitäten, und wie wir das alles bewerkstelligen können, um dann zu sagen: Ach ja, und übrigens, das ist alles auch furchtbar wichtig! Oder wir können von innen nach aussen nachdenken: Jesus hat uns einen Traum vom Reich Gottes in Kopf und Herz gesetzt und wir träumen von einer Gemeinde, die ein Zeichen des Reiches, ein Vorgeschmack des Himmels oder eine Agentin des neuen Lebens sein kann. Übrigens, wir hätten auch ein paar Dinge darüber zu sagen, wie das geht und was wir dazu brauchen.»
Für den Gemeindeforscher Michael Herbst ist klar: Die Erneuerung der Kirche beginnt mit Menschen, die ihm nachfolgen und so Gemeinschaft werden. «Erst Jesus, dann unsere Sendung, dann die neuen Ausdrucksformen von Kirche.» Kirchgemeinden sollten mehr tun, damit Glaubende im Glauben erwachsen werden. Einführende Glaubenskurse genügen nicht. Herbst lobte Gemeinden, die Menschen um sich herum wahrnehmen und nicht nur für andere, sondern mit ihnen arbeiten.
Was bei vitalen Gemeinden auffällt
Die Kirche kann, so LKF-Präsident Alfred Aeppli, auf den Geist Gottes setzen, den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Der St. Galler Gemeindeberater Paul Baumann schilderte, was ihm bei Besuchen vitaler Gemeinden auffiel: viele Mitwirkende, Musik-Vielfalt, sorgfältige Konzeptarbeit, grosser Einsatz, frische Gottesdienste, gut betreute Kinder.
Eine Befragung bei Verantwortlichen aus lebendigen Kirchgemeinden zeigte, dass sie, wenn sie woanders neu anfangen dürften, so vorgehen würden:
1. Gottesdienste erneuern
2. Glaubenskurse regelmässig anbieten
3. Kleingruppen/Hauskreise niederschwelliger Art einführen
4. Die Arbeit mit Familien und Kindern ausbauen.
Grössere Kirchgemeinden als Chance?
Der Zürcher Kirchenratspräsident Michel Müller erläuterte den Reformprozess KirchGemeindePlus, der auf grössere Kirchgemeinden abzielt. Gemeindeautonomie führe heute in die Sackgasse. Grössere Kirchgemeinden könnten die Grundversorgung «in etwas ausgedünnter Weise» leisten und daneben Neues anbieten.
An der von 140 Personen besuchten Tagung kamen auch Bremsklötze und Abwehrreflexe zur Sprache. In Workshops erörterten Referenten aus fünf Kantonalkirchen neue Ansätze. Abschliessend beantworteten die drei Referenten Fragen. Michel Müller gab sich überzeugt: Gemeinden, die sich auf den Weg machen, können die verbindende Kraft des Glaubens an Jesus Christus erleben.
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Autor: Florian Wüthrich / Peter Schmid
Quelle: Livenet / Landeskirchenforum