Festival und mehr
«Jesus Freaks» – eine Bewegung ist in der Gemeinde angekommen
Vor 24 Jahren haben sie angefangen als «Enfant terribles» der christlichen Szene – die «Jesus Freaks». Inzwischen ist viel geschehen. Angepasst haben sich die Freaks immer noch nicht. Trotzdem sind sie im Gemeindekontext angekommen.
Unter dem Motto «New Ground, One Crowd, No Borders» (Neues Land, eine Gemeinschaft, keine Grenzen) trafen sich vom 29. Juli bis zum 2. August rund 3'000 Jesus Freaks beim 21. Freakstock-Festival. Nach einem Ortswechsel fand es dieses Jahr erstmalig auf dem Gelände des ehemaligen Militärflughafens Allstedt in Sachsen-Anhalt statt. Laut dem evangelischen Nachrichtenmagazin Idea erklärte eine der Festival-Verantwortlichen: «Unser diesjähriger Wahlspruch hat sehr gut gepasst. Wir haben von Borgentreich (bei Kassel) nach Allstedt gewechselt und befinden uns nun auf neuem Land. Das ist spannend.»Das Freakstock-Festival
Die 3'000 Besucher des Festivals hatten ein buntes Programm mit über 100 Seminarangeboten und Gottesdiensten zur Auswahl. So war für jeden Geschmack etwas dabei: von «No Borders – Leben teilen mit Flüchtlingen» über die Frage «Hätte Jesus ein Facebook-Profil?» bis hin zum Fussballturnier. «Das Freakstock ist ein Ort, wo man sich einbringen und ausprobieren kann. Wir haben hier Menschen, die zum ersten Mal skaten oder zum ersten Mal ihre Kunst ausstellen. Wir wollen einen Raum schaffen, wo jeder einen Platz hat», erklärte Hieronimus. Natürlich war auch Musik wieder ein wichtiger Bestandteil: Bands wie «Honig», «Stun» und «Solomon Seed» sorgten für weit mehr als musikalische Untermalung.Gottesbegegnung ohne Grenzen
Hauptanliegen der Jesus Freaks – und natürlich auch des Freakstock-Festivals – ist es, Gott über Grenzen hinweg zu erleben und zu loben. So stellen nicht nur die christliche Presse sondern genauso säkulare Medien fest, dass die Atmosphäre auf dem Gelände unglaublich einladend, herzlich und friedlich war, geradezu familienfreundlich. Selbst für die Kleinsten gab es nämlich Angebote, die ihrer Altersklasse entsprachen: Hüpfburg und Co. sorgten für fröhliche Kinder und entspannte Eltern. Hieronimus ergänzt, dass sie begeistert war von der praktischen Gebetshaltung der Teilnehmer: «Es ist selten, dass im Alltag jemand auf dich zukommt und sagt: 'Hey, du siehst irgendwie gestresst aus. Darf ich für dich beten?' Hier erfahre ich solche Dinge in meinem Glaubensleben, die ich normalerweise nicht habe.»
Gegenbewegung und Protest
1991 gründete Martin Dreyer die Jesus Freaks als Glaubensbewegung der Jugendkultur. Freaks, Punks, Hippies und Jugendliche aus der Szene sollten sich dort wohlfühlen. Durch die Ablehnung zahlreicher gesellschaftlicher Konventionen und den konsequenten Gebrauch von Jugend- und Szenesprache (auch in der eigenen Übersetzung «Volx-Bibel») stellte sich die Bewegung anfänglich gegen die etablierte Kirche. Das Image einer Protestbewegung hängt den Freaks immer noch an. So berichtet die Welt vom diesjährigen Freakstock-Festival: «Anarchischer Glaube mit Rock und Soul: Beim 21. Freakstock-Festival in Allstedt in Sachsen-Anhalt treffen sich alljährlich 3'000 Christen aus ganz Deutschland. Mit Kirche hat das nichts zu tun.» Wirklich nicht? Denn inzwischen ist die Bewegung längst etabliert.Die Freaks sind zahm geworden
Anfänglich gab es einige Ausreisser in die Extreme oder ins Sektiererische hinein. Doch das ist längst Geschichte. Allerdings scheint auch die Zeit der Aufbrüche vorbei zu sein. Dazu kommt die Erfahrung, die jede Erneuerungsbewegung macht: Ihre Mitstreiter bleiben über die Jahre dieselben, ein echter Generationswechsel findet kaum statt. Kein Wunder also, dass auf dem Freakstock Kinderwagen genauso zum Bild dazugehören wie «Rocker» jenseits der fünfzig. Die etwa 2'000 Freaks in Deutschland und ihre 45 Gemeinden wachsen kaum nennenswert.
Doch das ist nicht nur negativ zu sehen. Im Gegenteil: Die Jesus Freaks haben die Gemeindelandschaft in Deutschland und Umgebung nachhaltig beeinflusst. Vor 24 Jahren waren sie Exoten, die in einer «normalen» Kirche oder Gemeinde keinen Platz gefunden hätten. Inzwischen sind gar nicht mehr so viele Jesusfreak-Gemeinden nötig, weil sie längst auch in anderen Gemeinden Raum finden, akzeptiert werden, ihren Glauben auf ihre Weise leben können. Die Volxbibel als junge Übersetzung ist längst genauso akzeptiert wie die theologischen Bücher des kürzlich verstorbenen Pastors Carsten «Storch» Schmelzer: Die Freaks sind sie selbst geblieben – und gleichzeitig sind sie angekommen in der Gemeinde.
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet
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