Von Hindu-Mob umzingelt

Uttar Pradesh: 36 Christen bei Ostergottesdienst verhaftet

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Flaggen der grössten indischen Partei «BJP» (Bild: Wikimedia / CC BY-SA 2.0)
36 Christen aus einer Gemeinde im nordindischen Staat Uttar Pradesh wurden von der Polizei verhaftet, nachdem ihnen «illegale Bekehrung von 90 Personen» vorgeworfen wurde. Das «Anti-Konversionsgesetz» macht's möglich.

Ein radikaler Hindu-Mob hatte eine Gemeinde von rund 100 evangelischen Christen, die am Gründonnerstag im nordindischen Bezirk Fathepur in Uttar Pradesh Gottesdienst feierten, bedroht, das Gebäude umzingelt und die Türen verriegelt. Unmittelbar danach traf die Polizei ein und befreite die meisten Gemeindemitglieder, verhaftete aber 36 Christen wegen angeblich «illegaler religiöser Bekehrungen von 90 Menschen in den letzten 40 Tagen in dem Bezirk».

Aufruf zum Gebet reicht schon

Nach Angaben von International Christian Concern (ICC) wurde die Anzeige von einem Führer der hindu-nationalistischen Gruppe Vishwa Hindu Parishad (VHP), Himanshu Dixit, erstattet; er beschuldigte 55 Mitglieder der Gemeinde, gegen das Anti-Konversionsgesetz verstossen zu haben. Polizei-Superintendent Dinesh Chandra Mishra erklärte, dass «Menschen der christlichen Gemeinschaft zu einem Gebet in der Kirche aufgerufen hatten»; daraufhin seien «einige Leute von der Vishwa Hindu Parishad am Abend dorthin gekommen mit der Behauptung, dass eine unrechtmässige Bekehrung von Hindus stattfinde». Die VHP ist dafür bekannt, Minderheiten, darunter auch Christen, anzugreifen.

«Schlimmer Eingriff»

«Dies ist die wichtigste Woche für Christen auf der ganzen Welt, in der die Kreuzigung und Auferstehung Christi gefeiert wird. Dieser Vorfall ist ein schlimmer Eingriff, bei dem Minderheiten ihren Glauben nicht frei ausüben und nicht einmal einige der wichtigsten Tage im christlichen Kalender feiern können», sagte ein christlicher Leiter, der anonym bleiben wollte, gegenüber «International Christian Concern», während ein Gemeindeglied kommentierte: «Das ist das perfekte Ebenbild des Leidens Jesu vor 2000 Jahren. Wir wissen, dass Jesus gelitten hat, und das werden wir auch.»

Bedrohung durch Anti-Konversionsgesetze

Einige Bundesstaaten in Indien haben in letzter Zeit «Anti-Konversionsgesetze» erlassen oder planen sie, während in anderen Bundesstaaten diese Art von Gesetzen schon seit Jahrzehnten in Kraft sind. Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) hatte kürzlich vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen festgestellt, dass «Regierungen diese Gesetze nutzen, um religiöse Minderheiten zu schikanieren. Und sie dienen als Vorwand für die Gewalt des Mobs.»

Die Indische Evangelische Allianz EFI warnt, dass «die Gesetze angeblich erzwungene oder betrügerische religiöse Konversionen bestrafen sollen; aber in der Praxis werden sie dazu benutzt, alle Bekehrungen zu kriminalisieren, besonders in nicht-städtischen Gebieten». Und ICC-Präsident Jeff King erklärte: «Anti-Konversionsgesetze sind von Natur aus subjektiv, beruhen auf persönlichen Wahrnehmungen und schränken daher die Rechte von Christen auf öffentliche Äusserungen ihres Glaubens vollständig ein.»

Uttar Pradesh eins der restriktivsten Bundesstaaten

«Leider ist Uttar Pradesh einer der härtesten Staaten in Indien, was die Verletzung der Religionsfreiheit angeht», erklärte King. «Wenn die indischen Behörden die Aktionen eines gewalttätigen Mobs bestätigen, indem sie die Opfer ins Gefängnis stecken, senden sie die Botschaft aus, dass kriminelle Aktivitäten von den Behörden gebilligt werden, wenn sie sich gegen religiöse Minderheiten richten. Diese Art von juristischer Haltung verschlechtert das Klima der Religionsfreiheit und erhöht die Anfälligkeit der Christen für weitere Gewalt.»

Druck in Indien nahm 2021 zu

Das vergangene Jahr war für die Christen in Indien das gewalttätigste in der Geschichte des Landes. Nach Angaben der EFI hat die religiös begründete Gewalt inmitten der Coronavirus-Pandemie zugenommen; mindestens 486 Gewaltakte gegen Christen wurden verzeichnet.

Indien steht auf der Weltbeobachtungsliste 2022 von Open Doors auf Platz 10 der Länder, in denen es am schwierigsten ist, Christ zu sein. Open Doors erklärt: «Hindu-Extremisten glauben, dass alle Inder Hindus sein sollten und dass das Land vom Christentum und Islam befreit werden muss. Um dieses Ziel zu erreichen, wenden sie massive Gewalt an. Sie haben es auf Christen mit hinduistischem Hintergrund abgesehen, die beschuldigt werden, einem 'fremden Glauben' zu folgen, und die für das Unglück in ihren Wohnorten verantwortlich gemacht werden.» Christen machen 2,3 Prozent der Bevölkerung Indiens aus, während 80 Prozent Hindus sind.

Zum Thema:
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Datum: 22.04.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus / Christian Times

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