Missionieren illegal

Russland bestraft weiter evangelische Christen

In mindestens 15 Fällen sind evangelische Christen in der ersten Jahreshälfte 2020 in Russland bestraft worden. Der Grund: Sie haben öffentlich mit anderen über ihren Glauben gesprochen.

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Wladimir Putin (Bild: Wikipedia)
Der Artikel 5.26, Teil 4 und 5 des russischen Verwaltungsgesetzes droht bei «illegaler missionarischer Aktivität» Strafen an. Präsident Putin hatte 2016 das umstrittene Gesetz trotz massiver internationaler Proteste unterzeichnet, getarnt als «Anti-Terror-Massnahme».

Die norwegische Organisation für Religionsfreiheit «Forum 18» hat die Gerichtsakten analysiert und kam zum Schluss, dass in Russland solche Aktivitäten 2020 in mindestens 42 Fällen zur Rechenschaft gezogen wurden, meistens ausgeführt durch Christen und Muslime.

In den Jahren 2019 und 2020 sind insgesamt bisher 142 Anklagen wegen Verstössen gegen das «Anti-Missionierungs-Gesetz» bekannt geworden, darunter 125 Einzelpersonen und 17 Organisationen. Diese Zahlen sind etwa im gleichen Rahmen wie 2018.   

Baptisten und Pfingstler

Die angeklagten Christen sind hauptsächlich Angehörige von Baptisten- oder Pfingstgemeinden. Die meisten Anklagen führten zu Bussen zwischen 6'000 Rubel (115 Euro) und 50'000 Rubel (575 Euro), was sechs Wochenlöhne eines durchschnittlichen Arbeiters sind. Nur drei Fälle endeten mit Freispruch.

In vielen Fällen hatten Christen religiöse Literatur auf der Strasse verteilt oder mit Passanten über ihren Glauben geredet. Andere wurden wegen nicht-autorisierter Veranstaltungen angeklagt, darunter Sprachunterricht, der religiöse Anteile enthielt.

Ausgewiesen

Unter Artikel 5.26 Teil 5 wurden in vier Fällen Ausländer angeklagt, missionarisch tätig gewesen zu sein. Davon wurden zwei «verstärkt ausgewiesen», was bedeutet, dass sie vor ihrer erzwungenen Abreise in speziellen Strafanstalten des Innenministeriums für Ausländer festgehalten wurden.

Die Behörden wenden nach Informationen von «Forum 18» die umstrittenen Religionsgesetze auch auf der Krim an, einem ukrainischen Gebiet, das 2014 von Russland annektiert wurde. Obwohl die «religiösen Aktivitäten» 2018 näher definiert wurden, bestrafen Polizei und Behörden weiter eine breite Palette von Tätigkeiten, darunter die Online-Einladung zu Veranstaltungen, aber auch normale gottesdienstliche Veranstaltungen für Gläubige. 

Zum Thema:
«Extremistische Aktivitäten»: EEA «tief besorgt» über Verstoss gegen Menschenrechte in Russland
Erstaunliche «Geschichtsstunde»: Evangelische schon seit 1'000 Jahren in Russland
Angeblich nicht gesetzeskonform: Russland: Zwei theologische Seminare geschlossen

Datum: 18.09.2020
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Forum 18 / Evangelical Focus

Kommentare

Ja, das ist leider sehr schlimm. Man darf aber deshalb nicht meinen, in Russland wäre keine Mission möglich. Zur Fußball-WM in Russland konnten ohne Probleme tausende von Neuen Testamenten verteilt werden. Ich war selbst auf der Krim und habe problemlos NT verschenken dürfen. Das Gesetz dient wie der Name andeutet dem religiösen Frieden, d. h. wenn es niemanden stört, ist Mission problemlos möglich. Natürlich bin ich gegen gesetzliche Repressalien, die bei uns unter dem Deckmantel der Diskriminierung von Muslimen leider ebenfalls laufen. Eine kleine Anmerkung nochmals zur Krim: sie ist und war russisch, wurde nur eine zeitlang an die Ukraine gegeben - aber streiten wir uns nicht darüber.

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