Freiheit und Repression

Wechselvolle Geschichte für evangelische Christen in Macau

Lange wurde das evangelische Christentum in der heutigen Sonderverwaltungszone Macau unterdrückt. Auf die Phase einer Öffnung folgt jetzt ein christenfeindlicher Verwalter. Doch die evangelischen Kirchen wollen sich gegen Restriktionen wehren.

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Das Wahrzeichen von Macau: Die Ruinen der St. Paul-Kirche (Bild: Pixabay)
Die Halbinsel Macau an der Südküste Chinas hat die Form einer Krabbe. In der chinesischen Symbolik ist dies ein deutliches Zeichen für Glück. Seit Macau 1847 von den Chinesen auf «ewige Zeit» an Portugal verpachtet wurde, ist dort auch das Glücksspiel legitimiert. Das Roulette-Rad steht in Macau nie still. Die Stadt gilt als das Las Vegas von Asien. Illegal blieb hingegen in der portugiesischen Kolonie mit ihrem Staatskatholizismus das evangelische Christentum, obwohl es in China selbst grossartige Verkündigung erleben durfte. Die einzige Konzession in Macau war ein Friedhof.

Evangelisch sterben dürfen

Ab 1821 konnten dort ausländische Kauf- und Seeleute evangelischer Konfession ihren Glauben zwar nicht leben, aber wenigstens in ihm sterben und beigesetzt werden. Daran erinnert bis heute der «Alte Protestantische Friedhof», seit 2005 ein Weltkulturerbe der UNESCO. Bis der britischen Ost-Indien-Kompanie dieses Zugeständnis gewährt wurde, mussten Evangelische heimlich bei Nacht vor den Stadtmauern begraben werden. Hinter diesem Niemandsland begann das damals kaiserliche China, wo die evangelische Mission schon in voller Blüte stand.

Denkmal für Robert Morrison

Im heutigen Macau darf das «Morrison Memorial Centre» daran erinnern, dass 1807 der erste Presbyterianer-Missionar und Bibelübersetzer Robert Morrison in Kanton (heute: Guangzhou) eingetroffen war. Sein Werk wurde vom englischen Methodisten Hudson Taylor fortgesetzt, der schon im Alter von 17 Jahren seine Erweckung und Berufung zum Verkünder Jesu unter den Chinesen erlebt hatte. Bei seiner China-Inland-Mission wurde er auch aus der Schweiz von der Evangelischen Gesellschaft (das heutige EGW) unterstützt. In den «Brosamen von des Herrn Tisch» finden sich laufend Berichte von Taylors Wirken.

Portugiesischer Staatskatholizismus

Als China 1949 endgültig dem Kommunismus anheimfiel, gab es in der neuen Volksrepublik gut 1,2 Millionen evangelische Christen. Ganz anders die Entwicklung in Macau. Die etwas liberalere portugiesische Politik des frühen 20. Jahrhunderts, duldete Hausgottesdienste und erlaubte 1905 die Registrierung der protestantischen «Ji-Dou-Halle» als erstes Bethaus; ebenso die Gründung der «Macau Baptist Church». Doch dann folgte von den 1920er bis 1970er Jahren der klerikal-autoritäre Staatskatholizismus des „Estado Novo“ von Machthaber Antonio Salazar.

Mit der Vereinnahmung von Macau als Provinz des Mutterlandes kam die antievangelische Repression 1951 auch dort voll zum Tragen. Während in Rotchina die Zwangseinrichtung der staatstreuen «Drei-Selbst»-Protestanten den Aufschwung evangelikaler Hauskirchen bis zu einer Stärke von heute mindestens 60 Millionen Untergrundchristen nicht verhindern konnte, ging in Macau die Diskriminierung und Schikanierung alles Evangelischen hinter einer obrigkeitskatholischen Fassade weiter. Sie war genauso brüchig wie die Ruine der einstigen Jesuitenkirche St. Paul, das Wahrzeichen von Macau.

Evangelische Predigt nur mit behördlicher Genehmigung

Doch evangelische Glaubensboten brauchten eine polizeiliche Erlaubnis, um predigen zu dürfen und Versammlungen abzuhalten. Die Genehmigung wurde jahrelang verzögert. Durch Druck der portugiesischen Obrigkeit wurde «Protestanten» nur begrenzt pastorale, soziale und pädagogische Arbeit erlaubt. Gezielt sollte es evangelischen Schulen nicht gelingen, das von katholischen Orden wie Jesuiten und Salesianern aufgebaute katholische Bildungsmonopol zu brechen. Erst die portugiesische «Nelkenrevolution» brachte auch Macau 1976 innere Autonomie und mehr Religionsfreiheit.

Nelkenrevolution als Durchbruch

Nun erst durften sich evangelische Christen versammeln, predigen und lehren. Nachdem Anglikaner, Lutheraner, Presbyterianer, Methodisten, Baptisten und Evangelikale Jahrzehnte nebeneinander und zum Teil sogar konkurrenzierend gewirkt und gelebt hatten, wurde ihnen 1990 die Gründung einer «Union Christlich-Evangelischer Kirchen in Macau» gestattet. Die eigentliche «Protestantenbefreiung» erfolgte aber paradoxerweise erst Ende 1999 mit der Übergabe von Macau an das religionsfeindliche Rotchina. Wie Hongkong wurde es dessen «Sonderverwaltungszone».

In Macau brachte diese den evangelischen Christen aber eine Verbesserung im Vergleich zur portugiesischen Herrschaft. Artikel 3 des Sonderstatuts brach endgültig die Dominanz der katholischen Kirche und gewährte allen die volle Religionsfreiheit. Unter dem Motto «Freedom in Christ» erlebten fortan die Baptisten einen dort noch nie dagewesenen Aufschwung. Von den Pfingstchristen entfalteten sich die «Assemblies of God» und die Freikirche der «Church of Christ» aus Hongkong fasste hier Fuss. 2006 fand in Macau, inspiriert von der «Lausanner Bewegung», der siebte chinesische Kongress für Weltevangelisation statt.

Christenfeind als Leiter der Sonderverwaltungsgebiete

Über diesen einmaligen Aufbruch für Jesus fällt aber seit Februar 2020 der Schatten des Christenverfolgers Xia Baolong. Er wurde als Vertrauensmann des chinesischen Machthabers Xi Jinping zum Leiter des Büros für die Sonderverwaltungsgebiete ernannt. Die Bestellung dieses Hardliners gilt zwar in erster Linie der Unrast in Hongkong. Doch weiss man, dass er zwischen 2014 und 2016 als Provinzgouverneur über 1500 Kreuze von evangelischen Kirchen entfernen liess. Genau so tapfer wie dort in Zhejiang wollen aber jetzt die Gemeinden von Macau für Jesus standhalten.

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Datum: 26.08.2020
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

Kommentar

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