Für Dschihad missbraucht

Nigeria: Was steckt hinter der Fulani-Gewalt gegen Christen?

Allein in diesem Jahr sind in Nigeria über 2'000 Christen ermordet worden, zum grossen Teil von Angehörigen der Fulani. Was – oder wer – steckt hinter diesen Grausamkeiten?

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Bewaffnete Männer in Nigeria
Die Fulani oder Fulbe sind ein ursprünglich nomadisches Hirtenvolk in Westafrika, das heute weitgehend sesshaft ist. Die Anzahl des Volkes wuchs von 10 bis 15 Millionen in den 1970er und 80er Jahren auf 40 Millionen im Jahr 2015. Die Fulanis sind traditionell Muslime.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Modernisierung und Umweltfaktoren wie Trockenheit und die Ausbreitung der Wüsten viele Fulanis gezwungen, entweder sesshaft zu werden, in den Städten Arbeit zu suchen oder mit ihren Herden immer weiter nach Süden zu ziehen. Diese Bewegung hat enormen Druck auf die traditionelle ethno-religiöse Trennungslinie ausgeübt; Fulani-islamische «Umsiedler» aus dem Norden kämpfen jetzt mit den traditionell ansässigen christlichen «Eingeborenen» in Zentral-Nigeria um Land, Wasser, Arbeit und politische Macht.

Für Dschihad benutzt

Seit Jahrzehnten haben muslimische Militärdiktatoren aus dem Norden die Fulani unterstützt. Im heutigen demokratischen Nigeria stärken islamistische Fundamentalisten (politische Führer, Militärpersonal und islamische Dschihadisten) die Fulani und nutzen sie als Werkzeuge, islamisches Territorium nach Süden zu erweitern. Dies auf Kosten der traditionell ansässigen Christen, von denen in den letzten Jahren eine Rekordzahl vertrieben worden sind. Hier fallen mörderische Raubzüge, ethnisch-religiöse «Reinigung» und klassischer imperialistischer islamischer Dschihad zusammen.

Präsident hat Fulani-Vater

Pikantes Detail und grosses Problem in Nigeria: Der Vater von Präsident Muhammadu Buhari (77) war Fulani; Buhari selbst stammt aus einer streng muslimischen Familie. Christliche Leiter haben den Präsidenten immer wieder der Untätigkeit beschuldigt. Tatsache ist, dass seit dem Jahr seiner Amtsübernahme die Angriffe gegen Christen um ein Vielfaches angestiegen sind: Durch Boko Haram im Norden und die Fulani-Extremisten im Zentrum des Landes sind seit 2015 etwa 18'000 Christen ums Leben gekommen.

Erzbischof Augustine Abubueze von der katholischen Bischofskonferenz von Nigeria erklärt: «Wir sind traurig, dass die Regierung es so schwierig findet, diesen willkürlichen Morden proaktiv einen Riegel zu schieben. Für den Präsidenten und seine Regierung genügen Worte jetzt nicht mehr, um den Rest der Bevölkerung zu überzeugen, dass diese Mordanschläge nicht Teil eines grösseren religiösen Projekts sind.»

Genozid, von aussen finanziert

Die meisten Analysten sind sich einig, dass die Fulani von finanziell gutausgerüsteten Kräften mit Waffen versorgt werden, die sie sich selbst nie kaufen könnten. Pastor Zachariah Gado aus der zentralnigerianischen Stadt Kaduna bestätigt: «Hier handelt es sich um eine gut finanzierte und organisierte Kampagne; für die Christen wird durch Drohungen, Einschüchterung und psychologische Kriegsführung das Leben schier unerträglich gemacht. Und die Vertreibung der Menschen und Besetzung des Landes kann man nur als ethnisch-religiöse Reinigung bezeichnen.» Der Führer der Volksbewegung in Süd-Kaduna, Solomon Mosa, hält zudem ganz klar fest: «Es ist jetzt selbst für die grössten Skeptiker überwältigend klar geworden, dass die Provinz Süd-Kaduna ein Schlachtfeld geworden ist, wo unvermindert Genozid geschieht.»

Nigeria ist flächenmässig so gross wie Deutschland, Frankreich und Irland zusammen. Seine Bevölkerung ist von 50 Millionen im Jahr 1960 auf aktuell 197 Millionen Menschen angewachsen. Der Anteil der Christen im bevölkerungsreichsten Land Afrikas liegt bei 40 bis 45 Prozent.

Zum Thema:
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Datum: 12.10.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Crossmap

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