Christophobie?

Türkische Regierung treibt die Weihnachtsbräuche aus

An der deutschen Auslandsschule Istanbul Lisesi darf es diesmal weder Weihnachtsbräuche noch eine Erwähnung des christlichen Festes im Unterricht mehr geben. Auch aus der Öffentlichkeit werden sie verbannt. Sie passen nicht in die «Neue Türkei». Ein Nobelpreisträger tritt dagegen auf.

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Demo in Türkei gegen Weihnachten
In Istanbul läuft eine vom Regime aus Ankara angestossene Hetze gegen Christbäume und Weihnachtsmänner. Sie waren jeden Dezember auf Istanbuls Strassen und Fassaden, in Geschäften und den Warenhäusern Vakko oder Cetinkaya üblich – nicht als christliches Brauchtum, sondern als Zeichen westlichen Wohlstands. Als solche hatte sie der Europäisierer Kemal Atatürk auch eingeführt und gefördert. Jetzt aber werden sie vom Nostalgiker der alten Osmanen-Türkei, Präsident Recep Tayyip Erdogan, bekämpft. Er will sich damit zugleich als aufrechter Politmuslim ausweisen, der jede Erinnerung an den Begründer des Christentums  ausmerzt.

So wurde unlängst ein Islamistenportal «Yilbasi ve Noel kutlamanina Hayir» («Nein zu Weihnachts- und Neujahrsfeiern!») aufgeschaltet. Darin fällen brave Muslimtürken Christbäume oder schlagen Weihnachtsmännern ins Gesicht. Der Bürgermeister von Istanbuls Teilstadt Sirinevler, Galip Karayigit, gab amtlich bekannt: «In unseren Strassen sind Weihnachtsmänner nicht willkommen!» Es ist derselbe Karayigit, der Enver Pascha, den Christenmörder im Ersten Weltkrieg, als «heiligen Märtyrer» verehrt.

Austreibung des Weihnachtsmannes als Strassentheater

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Orhan Pamuk
Der Kahlschlag im Istanbuler Weihnachtswald erreichte seinen ersten Höhepunkt in Eyüp am Goldenen Horn: Dort wurde die «Austreibung des Weihnachtsmannes» als Strassentheater inszeniert. Zunächst streunen lächerlich-schmierige Gestalten mit weissem Bart und roter Kutte die Gassen entlang. Dann treten Sultan und Grosswesir auf. Ihre Ähnlichkeit mit dem heutigen Staatsoberhaupt und seinem vierschrötigen Regierungschef Binali Yildirim ist unverkennbar.

Der Sultan fragt seinen Wesir, was der Mummenschanz zu bedeuten habe. Der Ministerpräsident mit Turban und Schnurrbart antwortet: «Das ist Santa Claus, der bald Geschenke verteilen wird.» Darauf folgt das Auftreten von Häschern in der historischen Uniform der Janitscharen, ihren christlichen Eltern geraubten, zwangislamisierten und -fanatisierten Kriegssklaven. Sie erhalten vom Sultan den Auftrag, das Land von Weihnachtsmännern zu säubern. Ein Auftrag, den sie unter dem Beifall des Publikums mit Geschrei und Geprügel ausführen.

Der Nobelpreisträger als einsamer Mahner

Ein Mann, der selbst «Watte» (Pamuk) heisst, reagiert jetzt auf diese Kampagne wie überhaupt zu Erdogans Hetzjagd auf alles, was für ihn nicht in die «Neue Türkei» passt. Es ist Nobelpreisträger Orhan Pamuk, der seine warnende Stimme erhebt. Pamuk gilt heute als «Gewissen der Türkei». Schon 2002 hatte er in seinem Roman «Kar» (Schnee) einen heraufziehenden «Totalstaat» beschrieben – mit einer an Kafka erinnernden Mischung aus gewissenloser Gewalt und pseudoreligiöser Inbrunst. Beides belastet jetzt den heutigen Staatschef Erdogan nach seiner noch recht passablen Amtszeit als Ministerpräsident.

Zum Thema:
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Datum: 19.12.2016
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Kommentare

Das traurige an dieser Geschichte der Austreibung des Santa Claus ist doch das Nikolaus von Myra Bischof in der Gegend war, welche heute die moderne Türkei ist. Aber wenn Santa Claus nur mit westlichem Wohlstand verbunden wird denkt man wohl nicht an den echten St. Nikolaus. Schade eigentlich.

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