Klima und Umwelt
Wie grün ist deine Kirche?
Wie nachhaltig ist meine Kirche unterwegs? Macht man sich Gedanken zum Thema Ökologie? Florian Wüthrich, Livenet-Chefredaktor, befragte dazu die Theologen Matthias Wenk, Pastor der BewegungPlus Burgdorf, und Lukas Gerber, Leiter Eco Church Network.
Kirchen engagierten sich vermehrt dafür, ihren ökologischen Fussabdruck klein zu halten, weiss Lukas Gerber. «Wenn Gott seine Schöpfung nicht loslässt, dann dürfen wir das auch nicht», stellt Matthias Wenk klar.
«Ohne den Boden, auf dem wir stehen, die Luft, die wir atmen, gäbe es uns gar nicht», führt Wenk aus. Durch Jesus sei der Himmel auf die erlösungsbedürftige Erde gekommen. Wenn Erlösung und Auferstehung durch Jesus leibhaftig wurden, dann gehöre auch die erlösungsbedürftige Schöpfung dazu. «Wir sollten nicht das eine gegen das andere ausspielen», findet er.
Hauptsache, ich komme in den Himmel
«Als Freikirchen sassen wir der Individualisierung auf, das Materielle, Leibliche war nicht wichtig», gesteht Matthias Wenk. «Jesus und ich, dann komme ich in den Himmel.» Für Gemeindeleitende gebe es so viele dringende Themen, dass man gar nicht dazu komme, die wichtigen anzugehen. Seine Gemeinde hat sich trotzdem mit einigen davon befasst und konkrete Schritte unternommen. So lässt sich die Heizung des gemieteten Gebäudes nun digital bedienen. «Es ist ein Kommen und Gehen bei uns, da vergessen die einzelnen Gruppen, dass sie die Heizung abstellen könnten.» Ausserdem werden in der Cafeteria keine Plastikbecher mehr verwendet, das Abfallsystem wurde angepasst, der Küchenumbau bewusst nachhaltig geplant.
«Die Schöpfung ist die Wohnung Gottes, er lebt darin.» Diese Einstellung bringe eine grundlegende Veränderung mit sich und gehe darüber hinaus, sie lediglich als Grundlage für die Wirtschaft zu sehen. «Bei uns gehört die Dimension der Dankbarkeit und Hoffnung dazu», stellt Matthias Wenk klar. Die Lage sei ernst und dramatisch, aber nicht hoffnungslos.
Lernplattform für Kirchen
Lukas Gerber hat grossen Respekt vor dem Engagement von Klimaaktivisten. Doch er beobachte, dass viele von ihnen den religiösen Aspekt völlig ignorierten. «Sie gehen von der letzten Chance aus, den Untergang zu vermeiden – einen Plan B gibt es nicht.» Es liege damit alles in Menschenhand, das sei eine apokalyptische Sicht. «Das macht Angst, und Angst ist ein schlechter Führer», stellt der Theologe klar. «Hier haben Christen etwas zu sagen, indem sie in der Hoffnung leben.»
Er leitet Eco Church Network, eine Lernplattform für Kirchgemeinden. Mittels Online-Selbsteinschätzung können fünf Bereiche bewertet werden: Gottesdienst und Lehre, Kirchengebäude, Umgebungsgestaltung, lokale und globale Vernetzung und der kirchliche Lebensstil. So wird der Stellenwert ökologischer Fragen, Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit einer Kirche offensichtlich.
Voneinander lernen
Regelmässig wird «Eine Stunde Eco-Runde» angeboten. Damit will die Plattform Interessierte und bereits Aktive vernetzen und die Umsetzung von Ideen fördern. «Das ist der entscheidende Schritt», betont Gerber. «Sei es der Kauf biologisch produzierter Kaffeebohnen oder Veränderungen im digitalen Bereich.» Da, wo Kirchen schon unterwegs sind, werden sie von Eco Church unterstützt. «Sie bekommen etwas an die Hand, das sie nutzen können.» Der christliche Glaube habe viel mit Neuentdecken zu tun. Auch im Bereich ökologischer Perspektiven sei dies möglich. «Sich ganz in die Hoffnung hineingeben im Wissen: Wir haben es nicht in der Hand.»
Es kommt, wie es kommt
«Lange gingen Christen davon aus, die Welt gehe den Bach hinunter und werde dann von Gott wiederhergestellt», erläutert Matthias Wenk. Dann müssten sie nichts zu ihrer Bewahrung beitragen. Das andere Extrem fokussiere vor allem den wirtschaftlichen Fortschritt. Wenk wünscht sich, dass die Schöpfung gemeinsam gestaltet wird: «Zur Ehre Gottes.»
«Es ist wie beim Autofahren: In die Richtung, in die du blickst, dahin fährst du», führt der Pastor von BewegungPlus Burgdorf aus. «Wenn ich mich von der Sehnsucht leiten lasse, bleibe ich auf diesem Weg.» Er ermutigt Gemeindeleiter, die starken Bilder der Bibel zu nutzen und sie zu verkünden. Die Bilder der schönen, erneuerten Welt seien es gewesen, die seine Gemeinde in die Richtung ökologischer Verantwortung gezogen habe. «Wenn die Bilder zu einer Flucht werden, ist das ungesund. Wir leben dann in einer Parallelwelt», findet Wenk. «Wenn sie uns aber in die Verantwortung in der Welt führen, sind sie hilfreich.» Lukas Gerber ergänzt, es sei oft schwer, die Spannung auszuhalten, zwischen dem, was ist, und dem, was werden soll. Aber es sei wichtig, sich dieser Herausforderung zu stellen. EcoChurch will diesen Fokus unterstützen.
Hat Sie dieser Beitrag angesprochen? Als Spendenwerk bekommt auch Livenet die weltweite Krise zu spüren. Gerade deshalb ist es nötig, dass wir Hoffnung verbreiten. Danke, dass Sie durch Ihre Spende mit uns einen Unterschied machen. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
Sehen Sie sich hier den gesamten Livenet-Talk an:
Zur Webseite:
Eco Church
Zum Thema:
Schweizer Klimaschutz-Bericht: Die Rolle der Kirchen im Klimaschutz
«Agents of Change»: Wirksam leben angesichts der Klimakrise
StopArmut-Konferenz: Wo stehen die Kirchen bei der Klima-Thematik?
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet-Talk