Johanna Weddigen im Talk

«Date your Singles»

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Johanna Weddigen (Bild: www.jesuscenter.de)
Singles machen einen grossen Teil unserer Gesellschaft und einen wachsenden Teil unserer Gemeinden aus, doch noch sind sie dort eher unsichtbar. Johanna Weddigen und Tobias Faix haben ein Buch darüber geschrieben.

Johanna Weddigen ist Leiterin von Alpha Deutschland (Alphalive) und Co-Herausgeberin des Buches «Date your Singles». Warum sie dieses Buch zusammen mit Tobias Faix relativ kurz nach Veröffentlichung des ausführlichen Forschungsberichts zur Empirica Singlestudie 2020 geschrieben hat, erklärt sie Florian Wüthrich im Livenet-Talk.

Praktisch betrachtet

Die Empirica Singlestudie hat mit ihren Ergebnissen eine relativ grosse Öffentlichkeit gefunden. Bisher sind diese allerdings kaum im gemeindlichen Raum angekommen. Das ist nun das Ziel des aktuellen Buchs. Neben der Begeisterung, die vor allem Singles gezeigt haben, sollen auch Gemeindeleitungen für die Thematik sensibilisiert werden. Singles sind dabei definiert als Menschen, die seit mindestens drei Jahren in keiner Partnerschaft leben und mindestens 21 Jahre alt sind.

In der zugrunde liegenden Studie wurden über 3'000 Singles zu verschiedensten Themenfeldern befragt. In «Date your Singles» dagegen lassen zehn Personen einen Einblick in ihr Leben und Denken zu. Sie sollen damit Verantwortlichen in Kirchen und Gemeinden eine Vorstellung davon vermitteln, wie vieles im Gemeindeleben aus Singleperspektive wahrgenommen wird.

Stigmatisiert

Johanna Weddigen stützt sich auf die Antworten und beschreibt Singles als die «unsichtbaren Wesen» in der Gemeinde – und das, obwohl ihre Zahl ständig steigt. Tatsächlich fühlen sich 30 Prozent von ihnen im Gemeindealltag stigmatisiert. Dahinter steckt weder System noch Absicht, doch es ist typisch, dass in einem Gottesdienst Familiendasein als das Schönste bezeichnet wird, was die Bibel zu bieten hat. Nun ist es wunderbar, wenn man als Verheirateter von seiner Partnerin oder seinem Partner schwärmt, doch was ist mit Werten wie Glaube, Gnade, Hoffnung, Liebe?

Die überhöhte Darstellung von Partnerschaft und Ehe führt so zu Unzufriedenheit bei Verheirateten (die sich nicht gerade auf Wolke sieben befinden) und erst recht bei Singles, deren Dasein immer wieder als defizitär beschrieben wird. Verpassen sie wirklich etwas Entscheidendes? Oder ist es nicht so, dass der biblische Befund von sehr erfüllt lebenden Singles wie Jesus oder Paulus mehr spricht als von klassischem Familienleben? Spannend ist aus dieser Perspektive auch der erste heidnische Täufling im Neuen Testament: der äthiopische Kämmerer ist schwarz, Single und Eunuch.

Inklusiv gesehen

Dieser Kämmerer als Person erweitert den Blick übers Single-Dasein hinaus auf ein inklusiveres Gemeindeverständnis. Vermitteln Predigten oder das gemeinsame Leben und Erleben in der Gemeinde ein Bild von «du bist in deiner Lebenswirklichkeit bemitleidenswert»? Welche Beispiele und Bilder für Normalität werden in der Gemeinde verwendet? Welche normativen Vorstellungen schliessen andere (unbewusst) aus?

Weddigen beschreibt als übliche Erfahrungen von Singles in diesem Zusammenhang, dass für einen Partner gebetet oder wenigstens die Hoffnung bekundet wird, einen zu finden, denn «eigentlich bist du doch ganz nett…». Gemeinde braucht für sie eine neue Sensibilität im Umgang mit Singles wie mit vielen anderen Menschengruppen. Erste Schritte dazu könnte so etwas wie eine Single-Quote im Leitungskreis sein, weil dort erfahrungsgemäss Themen, die nicht von der Leitung selbst repräsentiert werden, automatisch weniger Raum einnehmen.

Angesprochen

Bei all diesen Fragen geht es nicht um eine Fehlerlos-Kultur, wohl aber darum, in Gemeinden die Lebenswirklichkeit von Menschen auch explizit anzusprechen. Das Paradebeispiel hierfür ist der Bereich der Sexualität. Menschen insgesamt ist er wichtig. Angesprochen wird er meist bei Jugendlichen («kein Sex vor der Ehe»), in der Ehevorbereitung und eventuell noch bei Ehepaaren. Singles kommen dabei schlicht nicht vor, weder die 27-jährige Singlefrau noch der 55-jährige Singlemann. Es ist, als ob sie keine Sexualität hätten oder haben dürften. Dies sind die oben angesprochenen «unsichtbaren Wesen». 42 Prozent aller Singles sind mit ihrem Sexualleben unzufrieden – das ist ein weites Feld für Gespräche.

Ähnliches gilt für viele weitere Bereiche, nicht zuletzt für einen oft vergessenen: Fast jede oder jeder in einer Partnerschaft könnte auch wieder Single werden, durch Scheidung oder auch den Tod des Partners. In jedem Fall brechen Weddigen und Faix in ihrem Buch eine Lanze dafür, die Singles in den Gemeinden zunächst einmal wahrzunehmen, dann nach ihren Bedürfnissen zu schauen und sie aktiv zu beteiligen und nicht nur ein Angebot für sie bereitzustellen.

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Sehen Sie hier den vollständigen Livenet-Talk mit Johanna Weddigen:

Zum Buch:
Tobias Faix, Johanna Weddigen: Date your Singles. Wie Gemeinde und Singles endlich zueinanderfinden, SCM Hänssler, gebunden, 208 Seiten, ISBN 978-3-417-00032-0, SFr 31,10 / Euro 23,00.

Datum: 05.10.2022
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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