Obwohl sie viele meiden
Sehnsucht nach Stille
In Zeiten von Handys und Internet ist es schwierig, Ruhe und innere Einkehr zu finden. Oft verspüren wir eine regelrechte Sehnsucht nach Stille.
Das Unglück des Menschen beginnt damit, dass er unfähig ist, mit sich selbst in einem Zimmer zu sein, stellte der französische Philosoph Blaise Pascal fest. Unsere Gesellschaft meidet in der Regel die Stille. Wir haben das Schweigen verlernt und drehen Musik auf, schalten das Fernsehen ein oder greifen zum Telefon, wenn es still wird.
Die meisten Menschen tun sich einerseits äusserst schwer damit, sich bewusst der Stille zu öffnen. Aber offensichtlich gibt es doch auch eine neue Sehnsucht nach Stille und ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass ständige Ablenkung kein Garant für ein erfülltes Leben ist.
Wer die Stille aushält, merkt, wie es um ihn steht. Das ist manchmal schwer, aber der einzige Weg, die leisen Töne und inneren Stimmen zu hören und dabei sich selbst und Gott näher zu kommen. «Erst das Schweigen tut das Ohr auf für den inneren Ton in allen Dingen», sagt der Schriftsteller und Religionsphilosoph Romano Guardini.
Rückzug in die Stille
Immer mehr Menschen suchen diese Erfahrung auch in ihrem Urlaub. Stillezentren, Einkehrtage, Meditationen oder Retraites boomen. Oder man bucht ein Kloster auf Zeit. Nicht selten erleben dort Menschen, die aus einem gehetzten Alltag kommen, in den ersten beiden Tagen eine Krise: Allein mit sich selbst, gelangen sie oft an die wahren Fragen ihrer Existenz, an Verdrängtes und vergessen Geglaubtes. Viele Menschen sind hin- und hergerissen zwischen ihrer Sehnsucht nach Stille und der Angst davor. Sie möchten zur Ruhe kommen, aber wenn alles um sie herum still ist, dann werden Sie nervös. Andere geniessen die Stille. Einmal einfach nur da zu sein, ohne sich unter Druck zu setzen, alles Unerledigte noch erledigen zu müssen.
Andere gehen auf dem Jakobsweg. Hape Kerkeling liegt mit seinem Buch «Ich bin dann mal weg» voll im Trend. Weltweit machen sich jedes Jahr ungefähr 150 Millionen Menschen auf eine Pilgerreise zu verschiedenen Orten.
Der Mensch auf der Suche. Wonach? Nach einem Ort der Stille, nach innerer Einkehr, nach – Gott? Hape Kerkeling beschreibt sein persönliches Glaubenserlebnis auf dem Jakobsweg mit dem Satz «Ich habe Gott getroffen!» Was auch immer er damit meinen mag, sein Buch wurde auf jeden Fall ein Verkaufsschlager mit mehr als drei Millionen verkauften Exemplaren.
Seid stille und erkennt…
Man braucht weder eine Pilgerreise noch ein Kloster, um Ruhe zu finden. Stille kann man auch Zuhause erfahren. In der Bibel beim Psalm 46, Vers 11 steht: «Seid stille und erkennt, dass ich Gott bin!» Wie kann man still werden? Jesus gab da eine praktische Anleitung dafür: «Wenn du betest», sprach er, «so geh in deine Kammer, verschliesse die Tür und bete zu deinem Vater im Verborgenen, und dein Vater wird es dir lohnen.»
Wenn Jesus hier im übertragenen Sinn von einem «stillen Kämmerlein» redet, dann meint er einen Ort, an dem wir nicht abgelenkt werden. Gibt es einen solchen Ort für Sie, an dem Sie nicht gestört werden? Für manche ist ein solcher Ort das Bett. Manchen hilft auch die Gestaltung des Raumes, zur Ruhe zu kommen. Eine Kerze auf dem Tisch, ein offenes Fenster mit Blick in die Weite oder Bilder, welche die Gedanken in die Tiefe führen. Manche lieben die freie Natur als Ort der Zwiesprache mit Gott. Hier gibt es viele individuelle Möglichkeiten, wie wir Gott begegnen können.
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Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet