Innehalten an der Uni

Kein Krach mehr um den «Raum der Stille»

Sie sollen Ruhe bieten, Platz für Andacht und Meditation, einen Rückzugsort zum Nachdenken. Und doch wird es immer wieder laut rund um «Räume der Stille». Besonders wenn sie sich an Hochschulen befinden. Die Uni in Siegen hat hier scheinbar einen gangbaren Weg gefunden.

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«Raum der Stille» der Uni Tübingen
Während immer mehr Universitäten ihre Räume der Stille schliessen, hat die Uni Siegen vor einem Jahr wieder einen geschaffen. Das ging nicht ohne Diskussion, aber inzwischen sind sich die Beteiligten einig, dass sich das Ganze gelohnt hat.

Passen Uni und Religion zusammen?

An der Universität Siegen wurde damals gerade ein Raum der Stille geplant. Ein Beirat wurde gegründet, das Konzept erarbeitet, Regeln zur Nutzung festgelegt und eine Architekturstudentin plante die Raumgestaltung. Mitten in diese Planungsphase hinein wurde es laut um solche Räume der Stille. Die Dortmunder Uni hatte ihren nach heftigen Protesten geschlossen. Muslimische Studierende hatten ihn stillschweigend in einen Gebetsraum umgestaltet – mit praktizierter Geschlechtertrennung. Frauen, die den Raum nutzen wollten, wurden kurzerhand in ein kleines abgeteiltes Extrazimmer umgeleitet. Der eigentliche Raum blieb den Männern vorbehalten.

Im «Spiegel» begründete die Pressesprecherin der TU Dortmund die Schliessung des Raumes: «Es waren improvisierte Wände aufgestellt worden, um Männer und Frauen zu trennen. Der Koran lag aus, es gab Möglichkeiten zur Fusswaschung, auch Gebetsteppiche wurden hier gelagert. Auf Flyern wurden Frauen angewiesen, Kopftuch zu tragen, auch wenn wir nicht wissen, ob das tatsächlich durchgesetzt wurde. All das konnten wir nicht hinnehmen. Studierende haben sich bei uns beschwert, und zwar völlig zu Recht. Gegen Geschlechterdiskriminierung müssen wir vorgehen, denn als staatliche Einrichtung sind wir dem Grundgesetz verpflichtet.»

Hochschulen sind Lebensorte

Auch in Siegen wurden Stimmen laut, dass die Universität säkular sei und bleiben solle. Ein Gebetsraum wäre damit überflüssig…

Schnell stellte die Siegener Uni klar, dass sie keinen Gebetsraum plante: Die Universität werde immer stärker zu einem Raum gemeinsamen Lebens. In der «Westfalenpost» erklärte Professor Bongardt: «Stille, Schweigen und Unterbrechung spielen eine zentrale Rolle für alle Religionen – und auch für Nichtreligiöse.»
Natürlich ist im Raum der Stille auch Raum fürs Gebet – aber mit der Einschränkung, dass dies niemand anderen bei seiner Form der Stille einschränken darf. So wurden alle an der Hochschule akkreditierten religiösen Gruppen an der Planung beteiligt: Protestanten, Katholiken, die Muslimische Hochschulgemeinde, die Studentenmission, aber auch Gruppen wie die Alewiten.

Miteinander ist möglich

Die festgesetzten Regeln erlauben das Nutzen des neu gestalteten Raums der Stille für Studentinnen und Studenten unabhängig von ihrer religiösen Ausrichtung. Sie stellen unter anderem klar:
•    Im Raum der Stille darf weder gesprochen noch gesungen werden.
•    Die Benutzung geschieht in gegenseitiger Rücksichtnahme und Respekt.
•    Die Anwesenheit oder das Gebet der anderen wird nicht gestört – unabhängig von der eigenen Einstellung.
•    Im Raum der Stille wird nicht gearbeitet, nicht gegessen, nicht getrunken und nicht geschlafen. Der Raum der Stille wird nicht beschmutzt oder verändert. Handys, Notebooks oder ähnliche Geräte sind auszuschalten, Schuhe auszuziehen.

Diese Regeln beugen nicht jedem Missverständnis vor. Und sie beseitigen auch nicht das Interesse von Christen oder Muslimen nach einem eigenen Gebetsraum. Aber sie sind – unabhängig davon – eine Möglichkeit zu zeigen, dass man sich gegenseitig respektiert.

Ein Jahr lang ist der «Raum der Stille» inzwischen in Betrieb. In aller Stille. Es geht doch.

Zum Thema:
Vishal Mangalwadi: «Macht die Kirchen zu Universitäten!»
Interdisziplinärer Workshop: Uni Freiburg: Religionen im Dialog

Datum: 01.08.2018
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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