Tatort zum Freitod

Sterbetourismus im Unterhaltungsformat

Im Tatort-Krimi vom Bettagssonntag nimmt eine deutsche Frau in der Schweiz den tödlichen Becher und stirbt friedlich. Dagegen stemmt sich die fromme Organisation «Pro Vita». Doch ihr Leiter wird als Heuchler mit Doppelleben entlarvt.

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Aus der Tatort-Folge 993: Kommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) finden ein weiteres Opfer.
Der neue Tatort-Krimi beginnt wie ein Dokumentarfilm. Mutter und Tochter betreten ein Zimmer. Die Mutter unterschreibt eine Erklärung, legt sich auf die Couch und trinkt das tödliche Mittel. Eine Suizidbegleiterin zeichnet das Ganze auf Video auf.

Exit-Vorstand: ein Denkanstoss

Ein so heisses Thema als Krimi-Unterhaltung am Bettags-Sonntagabend? Der Tatort ist bekannt dafür, immer wieder den gesellschaftlichen Puls zu fühlen und aktuelle Debatten in ein Krimi-Format zu transferieren. Das kann heikel werden, wie im vorliegenden Fall, denn der Film befördert das Faszinosum Suizidhilfe und entlarvt die Gegner als Heuchler. Service public als Propaganda für ein umstrittenes gesellschaftliches Phänomen? Jürg Wiler, Vorstand Kommunikation bei Exit, hat den Film jedenfalls ausdrücklich als Denkanstoss begrüsst.

Die Gegner: Moralisten und Heuchler

Die Gegnerschaft tritt in Form der christlichen Lebensschutz-Organisation «Pro Vita» auf, die mit simplen Argumenten ohne Realitätsbezug die «Sterbehilfe» bekämpft. Deren frommer Chef unterhält im Geheimen eine Beziehung zu seiner Sekretärin und fordert sie indirekt zur Abtreibung auf, als sich ein Kind anmeldet. Man folgere daraus: die «christlichen Moralisten» gegen die «Sterbehilfe» haben selbst mehr als genug Dreck am Stecken.

Faszinosum Suizid

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Livenet-Redaktor Fritz Imhof
Der Film schliesst damit, dass sich ein Todesengel, eine Krankenschwester, selbst mit dem Gift umbringt und das beabsichtigte Sterben (das Gift konnte zuvor von der Polizei mit Wasser ausgetauscht werden) mit ihrem Handy filmt und es der Kommissarin demonstrativ vorführt. Gibt es ein Faszinosum Suizid, sodass man diese letzte Tat auch ins Netz übertragen könnte? Das wird von den Tatort-Machern zumindest suggeriert.

Diskussion vor kleinem Publikum

Dem Schweizer Fernsehen ist zugutezuhalten, dass es am Sonntagmorgen das Thema am Philosophie-Stammtisch diskutieren liess und dabei auch ein vehementer Gegner jeder Suizidhandlung zu Wort kam. Allerdings dürfte die Einschaltquote dieser Sendung ungleich tiefer gewesen sein als beim Tatort am Bettags-Sonntagabend, der allerdings eine stark unterdurchschnittliche Beachtung erlebte und insbesondere von deutschen Medien kritisiert wurde. 

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Datum: 21.09.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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