Ungarischer Jude
«Gott litt mit jedem, der in Auschwitz war»
Der ungarische Schauspieler Géza Röhrig spielt die Hauptrolle im Film «Son of Saul». Er verkörpert einen Mann im Todeslager in Auschwitz. Und der modern-orthodoxe Jude stellt sich der Frage, wo Gott in diesem Horror war. «Er war mittendrin und litt!»
Géza Röhrig ist selber orthodoxer Jude. Er wurde einst von ungarischen Juden adoptiert, die selbst Verwandte hatten, die von den Nazis ermordet worden waren. Röhrig bezeichnet sich als modern-orthodox. Nach seinem ersten Besuch in Auschwitz habe er nicht einfach wieder zurückgehen können. «Ich mietete ein Zimmer und kam für einen Monat zurück.» Jedes vierte Opfer in Auschwitz sei ungarisch gewesen.
«Täglich 10'000 Ebenbilder Gottes»
Im Film gehe es darum, wie damals im Herzen Europas Mitte des vergangenen Jahrhunderts in Zusammenarbeit mit Anwälten, Ärzten, Architekten und Klerikern vor deren eigenen Augen in Auschwitz «täglich 10'000 Ebenbilder Gottes vergast und verbrannt worden sind.»
Bei Géza Röhrig wurde dadurch dies ausgelöst: «Ich habe mein Vertrauen in die Menschheit verloren. Doch moralisch ist es für mich nötig zu glauben. Ich kann nicht an Leute glauben, das führte mich dazu, dass ich an Gott glaube.»
«Immer ein Gegenargument für Gott»
Auf vielen Menschen lastet die Frage, wie ein liebender Gott dies hat zulassen können. Mit diesem Gedanken geht er so um: «Es ist sehr schwierig, Gottes Handeln in diesen Jahren zu rechtfertigen. Abraham verhandelte zur Zeit von Sodom und Gomorrah mit Gott und frage, wie er den Gerechten mit dem Bösen zusammen zerstören könne. Was ich dazu sagen kann ist, dass, wenn immer ich ein Argument gegen Gott gefunden hatte, ich auf ein Gegenargument für Gott stiess.»
Es gehe auch immer darum, wer man selbst sei. «Seine Existenz zu leugnen ist nicht das, was ich bin», hält Géza Röhrig fest.
«Gott litt in Auschwitz»
Oft wird die Frage gestellt, wo Gott in Auschwitz war. Röhrig kommt auf diese Antwort. «Ich glaube, Gott war mittendrin. Er hat sein Volk nicht verlassen. Ich denke, dass Gott den Menschen den freien Willen gegeben hat und dass er mit jedem, der dort mitgelitten hat. Ich denke, dass er uns immer begleitet.» Und auf die Frage, ob das auch für die Gaskammern gelte: «Ja. Würde ich das nicht glauben, dann müsste ich – beim Tod von eineinhalb Millionen jüdischer Kinder – Gott mitten ins Gesicht spucken. Es geht nicht anders als zu glauben, dass er da war.»
Insgesamt denke er nicht, dass in der Geschichte eine Seite umgeblättert worden ist. «Genozide sind immer noch möglich. Ich dachte, dass das blutigste Jahrhundert hinter uns ist und dass das 21. besser sein wird. Nun, nach 15 Jahren sieht es nicht vielversprechend aus.»
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Christian Headlines