Ein bisschen Halljahr
Nationale Erbschaftssteuer vor der Abstimmungsschlacht
Der Abstimmungskampf um die Erbschaftssteuer ist von den Gegnern schon längst lanciert. Heute hat das Pro-Komitee in Bern seine Argumente auf den Tisch gelegt.
Die Grundidee hinter der nationalen Erbschaftssteuer, die von der EVP lanciert und von Sozialdemokraten und Gewerkschaften unterstützt wird, ist die folgende: Erblasser mit sehr hohen Vermögen leisten innerhalb ihrer Generation einen solidarischen Beitrag, indem zwei Drittel der Steuer zur Sicherung der AHV verwendet werden. Damit auch die Kantone, von denen eine Mehrheit die Erbschaftssteuer noch kennt, nicht leer ausgehen, geht ein Drittel an sie.Gegen die Erbschaftssteuer laufen Politiker und Wirtschaftsleute schon seit Monaten, ja, seit Jahren, Sturm. Sie argumentieren nicht direkt gegen die Idee, Reichen einen solidarischen Beitrag abzuverlangen, sondern schieben eine angebliche Gefährdung von KMU und vor allem von Familienunternehmen vor.
Kein linkes, sondern ein liberales Anliegen
In Bern wies Alt-Nationalrat Heiner Studer an der Pressekonferenz des Pro-Komitees am Freitag darauf hin, dass die Erbschaftssteuer eigentlich ein liberales Anliegen sei. Schon Bundesrat Kaspar Villiger habe 2002 eine eidgenössische Erbschaftssteuer vorgeschlagen, die dann aber vom Bundesrat nicht weiter verfolgt wurde.
Kein KMU-Killer
EVP-Nationalrätin Marianne Streiff widersprach der Kritik von Economiesuisse, die Steuer sei ein KMU-Killer. Als Beispiel führte sie den EVP-Politiker und KMU-Unternehmer Markus Wenger an, der sich keineswegs bedroht sieht. Bei seinem Ableben wird keine Erbschaftssteuer fällig, wenn seine Nachkommen den Betrieb weiterführen. Sollte das Unternehmen veräussert werden, müssten die Erben 10 Prozent Erbschaftssteuer zahlen. Zur Frage von Livenet, ob es für sie auch eine biblische Begründung für die Steuer gebe, wies Streiff darauf hin, dass die ungerechte Vermögensverteilung besonders im Alten Testament scharf kritisiert werde. Das Halljahr habe zum Ziel gehabt, die ungerechte Verteilung radikal zu korrigieren, indem es die Schuldner von der Last befreite. Sie ist überzeugt, mit der Initiative ein zutiefst christliches Anliegen zu vertreten.Reform korrigiert frühere Fehler
SP-Präsident Christian Levrat wies darauf hin, dass die Unternehmenssteuerreform III einmal mehr Unternehmen und Aktionäre entlasten soll, zugunsten des Mittelstandes, der mit höheren Steuern und Gebühren oder Staatsabbau rechnen müsse. Die Erbschaftssteuer korrigiere frühere Fehler und schaffe einen Ausgleich zwischen Vermögen und Einkommen. Und sie treffe ohnehin nur die zwei Prozent Reichsten. Zum Argument, die Erbschaftssteuer verletze das Föderalismusprinzip, sagte Levrat, der Widerstand habe vor allem parteipolitische Gründe. Und er verwies darauf, dass die Kantone mit einer Milliarde von der Steuer profitieren sollen. Die Steuer werde ausserdem von den Kantonen erhoben, die dann jeweils 2/3 der Einnahmen an den Bund überweisen.
Etwas mehr Verteilgerechtigkeit
Auch Regula Rytz, Co-Präsidentin der Grünen, betonte, das Ziel der Initiative sei ein liberales, am Leistungsprinzip orientiertes Steuersystem, was auch von der Bundesverfassung postuliert werde. Heute würden aber die Steuerlasten immer ungerechter verteilt. Zum Vergleich: In den USA zahlen direkte Nachkommen 40 Prozent Erbschaftssteuern. Die Schweiz weise aber die höchste Vermögenskonzentration in der OECD aus.
Etwas mehr Vernunft im Steuersystem
Ständerat Paul Rechsteiner, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, wies darauf hin, dass Einkommen viel systematischer steuerlich erfasst werden als die Vermögen. Und er verwies auf die Situation der AHV, die in den kommenden Jahren weitere Milliardenbeiträge braucht. Dabei werde eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 0,7 Prozent diskutiert, die dann vor allem jene treffe, die vom Einkommen leben müssen. «Es geht darum, in der Schweizer Steuerlandschaft für mehr Vernunft zu sorgen», so Rechsteiner.
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Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet