Grenzüberschreitend

Festgottesdienst in der Langnauer Eishalle

In einem festlichen Gottesdienst im Langnauer Eisstadion haben am Sonntag gegen 3500 Christen aus dem Emmental, der Schweiz und dem Ausland den Frieden gefeiert, der mit Jesus in die Welt kam und dessen Bezeugen das Täufertum auszeichnet.

Der Gottesdienst schliesst die internationalen Tage des Emmentaler Täuferjahrs ab, zu denen einige hundert täuferische Christen aus Nordamerika und Mennoniten aus dem europäischen Ausland in der Schweiz weilen. Im ganzen Emmental lassen reformierte Kirchgemeinden zugunsten des Langnauer Begegnungstags ihre Gottesdienste ausfallen und aus der Deutschschweiz und der Romandie reisen schätzungsweise 2000 Alt- und Neutäufer an.

Ein solcher gemeinsamer Gottesdienst von Landes- und Freikirchlern wäre vor 300 Jahren nicht möglich gewesen, sagt Täuferjahr-Präsident Peter Pfister in seiner Begrüssung von der Bühne in der Ilfishalle. Den Täufern, die ihrem Bekenntnis treu blieben, habe bis zum Untergang des alten Bern "ein eisiger, tödlicher Wind entgegengeweht". Dass nun die Emmentaler (deren Vorfahren einst durch die Täuferverfolgung auseinandergerissen wurden) Gastgeber eines Festes seien, zu dem "die grosse Familie der Täufer von nah und fern" willkommen sei, erfüllt den Initianten sichtlich mit Freude und Stolz.

"Gott ist gegenwärtig"

In drei Sprachen führen die reformierten Pfarrer Gian-Enrico Rossi und Dorothee Bertschmann durch den Gottesdienst. In fünf ruhigen Lobpreisliedern findet die Versammlung in der Eishalle zu einer Stimme. Bernhard Ott, Seminarleiter auf dem Bienenberg, kontrastiert in seiner Predigt auf Deutsch und Englisch die Verheissung des Weihnachtsengels "Friede auf Erden" mit den dunklen Kapiteln der Täufergeschichte und dem heutigen Zustand der Welt. Er bindet die Zusage des Friedens an die Proklamation "Ehre sei Gott in der Höhe": Das Zueinander von Anbetung Gottes und Arbeit für den Frieden mache die Christen aus.

"It's all about Jesus"

Bei der guten Nachricht und allem christlichen Tun geht es zuerst und zuletzt um Jesus Christus, um seine Person: "It's all about Jesus." In der Mitte des Täuferjahrs formuliert Bernhard Ott die Frage, welche über seinen bleibenden Wert entscheiden werde: "Wie deutlich haben wir durch alle Anlässe Jesus Christus gehört und gesehen?" Bei Jesus sei zu lernen, wie wir Gott anbeten und zugleich den Frieden auf Erden suchen sollen, sagt Ott. Die frühen Täufer gäben ein Vorbild ab: Sie feierten nicht bloss Geburt und Tod von Jesus, sondern liessen sich durch die Jahre von Jesu Wirken - vor allem seine Liebe zu den Menschen und Gewaltlosigkeit - verpflichten. Die Bergpredigt nahmen sie neu ernst und suchten sie ohne Abstriche umzusetzen.

Letztlich stellt sich, so Ott, die Frage der Loyalität: "Wer ist der Herr dieser Welt - vor wem beugen wir unsere Knie?" Bei Jesus führte das innige Verhältnis zum Vater im Himmel nicht zum Rückzug aus der Welt, sondern zum Kampf für Gerechtigkeit. "Taten zählen, nicht schöne Worte." Bernhard Ott bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass das Täuferjahr Anbetung und Versöhnung nachhaltig fördert. Und er schliesst mit der Aufforderung des Weihnachtsengels, keine Angst zu haben. Denn "Christus ist da. Es geht um Jesus, seine Lehre, seinen Weg - und unsere Berufung, ihm zu folgen."

Stärker als die Gewalt

Die holländische Mennonitenpastorin Anne-Marie Visser unterstreicht in einer französisch gehaltenen Kurzpredigt, dass die Gnade Gottes dem Bösen in der Welt vorausgeht und stärker als alles Zerstörerische ist. Daraus leitet sie die Motivation für den Einsatz ab, den Mennoniten weltweit für den Frieden leisten. Zwei US-Mennoniten, die mit ihr als Gäste der Berner reformierten Kirche im Emmental weilen, unterstreichen das Friedenspotenzial des Evangeliums angesichts der Gewalt.

Im Gottesdienst erhalten alle Anwesenden in einem Töpfchen mit Erde einen Gewürzsamen, dem sie zum Wachstum verhelfen sollten. Mit dem Lied "Grosser Gott wir loben dich", in drei Sprachen gesungen, stellt sich die Festgemeinde nochmals auf den Boden der alten Kirche. Mit dem Segen entlassen die Moderatoren aus dem Festgottesdienst, doch wie Dorothee Bertschmann formuliert, geht "die Feier weiter als Fest der Begegnung, über die Kirchengrenzen hinaus".

Geist der Gemeinschaft

Ein Mennonit aus den USA namens Eby, der, eben pensioniert, zum erstenmal in der Heimat seiner Vorfahren (Aebi) weilt, bringt seine Freude über den Geist der Gemeinschaft zum Ausdruck, den er im Stadion gespürt hat. Einige Dutzend der Gäste aus Übersee stammen aus konservativen täuferischen Gemeinschaften wie den Beachy Amish. Eine Reisegruppe, die an den internationalen Tagen des Täuferjahrs im Emmental und Jura Täufergemeinden kennengelernt hat, besteigt nach dem Gottesdienst den Car. Die meisten Besucher bleiben zum Mittagessen, treffen alte Freunde, knüpfen neue Kontakte - fast ein grosses Familienfest, an dem der aus harten Zeiten erwachsene Gemeinschaftssinn der Täufer zu spüren ist. Um zwei Uhr nachmittags beschliessen der Langnauer Mennonitenprediger Martin Hunziker, Bertschmann und Rossi die Versammlung, indem sie Tauben fliegen lassen - Zeichen der Versöhnung und des Friedens.

Mehr im Livenet-Dossier zum Täuferjahr
Videobericht von TeleBärn
Mehr Bilder vom Festgottesdienst am 29. Juli 2007 in Langnau

Datum: 31.07.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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