Pfarrerin Dorothee Bertschmann

Berner Kirchen unterwegs im Täuferjahr

So bunt die kirchliche Landschaft im Emmental, so vielschichtig das Potenzial des Täuferjahrs. Was löst es im Verhältnis der reformierten Mehrheitskirche zu den Freikirchen aus? Livenet fragte die Sumiswalder Pfarrerin Dorothee Bertschmann, die als Vertreterin der Pfarrschaft des Amtes Trachselwald im nördlichen Emmental dem Koordinationskomitee (KOK) des Täuferjahrs angehört.

Livenet: Dorothee Bertschmann, was bewirkt das Täuferjahr in der reformierten Landeskirche?
Dorothee Bertschmann: Das Täuferjahr läuft; was es auslöst, ist noch nicht abzuschätzen. Etliche Kirchgemeinden, nicht nur pietistisch geprägte, haben sich darauf eingelassen und setzen Akzente. Sie führen Vortragsreihen, Ausstellungen, Gottesdienste, Podiumsdiskussionen und Führungen durch. In den meisten Gemeinden kommt es zu guten Begegnungen und Gesprächen mit Leuten aus täuferischen Gemeinden und anderen Freikirchen. In Rüderswil wurde ein Abendmahlstisch feierlich eingeweiht, der die Embleme der reformierten Kirche Bern und der Konferenz der Mennoniten in der Schweiz zeigt.

Im letzten Jahr gab es Veranstaltungen im Gedenken an Dietrich Bonhoeffer. Damals wie jetzt erhofft man sich, dass die Beispiele christlicher Nachfolge, die Glaubenszeugnisse uns inspirieren. Im Bonhoeffer-Jahr hörte ich starke Echos aus meiner Gemeinde. Obwohl wir nicht sonderlich viel gemacht hatten, waren Menschen stark beeindruckt. Ähnliches kann ich mir vom Täuferjahr vorstellen. Ich hoffe es - und bestimmt werden Fäden geknüpft, persönliche Beziehungen, die nicht mehr abreissen.

Christen aus Freikirchen, die in der Nachbarschaft leben, könnten den Leuten doch näher gehen als Bonhoeffer, der 1945 zum Märtyrer wurde.
Ja. Das Emmental ist berühmt für seine vielfältige freikirchliche Landschaft, die auch etwas Verwirrliches hat. Gut ist, dass die täuferischen Gemeinden in der Öffentlichkeit darlegen können, wer sie sind und wer sie nicht sind. Die Landschaft ist bunt, die Beziehungen sehr unterschiedlich.

Verschiedenste kirchliche Gemeinschaften gestalten Aktivitäten im Rahmen des Täuferjahrs mit - das ist das Spannende, dass das Thema alle angeht, von reformierten Gemeinden bis zu charismatischen Gemeinschaften und Freikirchen. Natürlich liegt darin die Versuchung, das Täuferjahr auf die eigene Mühle zu lenken. Man hebt den Zug am Täufertum heraus, der einem nahe geht. Die Landeskirche stellt den Aspekt der Gewaltlosigkeit in den Vordergrund, welcher in den Rahmen der Dekade zur Überwindung der Gewalt passt. Andere Kreise konzentrieren sich auf Glaubenstaufe und Freiwilligkeit und sprechen die Täufer als Väter und Mütter im Glauben an.

Täuscht der Eindruck, dass die Leitung der Landeskirche, der Synodalrat, sich mit den Täufergemeinden beschäftigt, nicht mit den Freikirchen insgesamt?
Die Kirchenleitung pflegt das Gespräch mit verschiedenen Freikirchen und landeskirchlichen Gemeinschaften, nicht nur mit den Täufern. Aber es ist schon so: Zu den älteren Freikirchen, die ihre ‚heissen Teenagerjahre' schon hinter sich haben und zum Teil mit ähnlichen Problemen wie die Landeskirche kämpfen (Überalterung, Traditionalismus), ist ein Kontakt einfacher herzustellen als zu denen, die in den dynamischen Gründerjahren stecken und vielleicht den Kontakt zur Landeskirche von sich aus gar nicht suchen. Von beiden Seiten braucht es Goodwill. Das Täuferjahr wird daran nicht so viel ändern.

Als Gemeinschaft, die einen guten Draht auf beide Seiten hat, könnten die Täufer vielleicht künftig vermehrt als Brückenbauer agieren. Doch der Graben wird zu gewissen Freikirchen tiefer bleiben als zu anderen, das ist klar. Das KOK hat gewünscht, dass Gräben zugeschüttet und nicht neue aufgerissen werden. Doch es gibt neben den Begegnungen in diesem Jahr auch neue Polarisierungen. Sie erfordern weitergehende Gespräche und Annäherungbemühungen.

Wie passt das Openair Trachselwald ins Gesamte des Täuferjahrs? Ist es ein schwer verdaulicher Brocken?
Es ist ein Brocken, schon vom finanziellen Aufwand her, und wird sehr selbstbewusst propagiert. Das KOK diskutierte das Openair. Ihm ist wichtig, dass die Vielfalt, die wir im Emmental haben, abgebildet wird. Von den offiziellen Verantwortungsträgern bis zur Basis, von moderaten, kleinen Landgemeinden bis zu einer charismatisch-spritzigen Bewegung sollen alle ihren Beitrag leisten, ihre Farbe einbringen können.

Am internationalen Wochenende vom 26.-29. Juli kulminiert das Täuferjahr. Wie gehen Sie darauf zu?
Mit grosser Spannung, umso mehr, als ich auch moderieren werde. Der Festgottesdienst wird dreisprachig gehalten. Es wäre ganz toll, wenn wirklich viele hundert ausländische Gäste zu uns kommen - und so ein Brückenschlag über die Landesgrenzen gelingen würde. Für mich ist zudem die Taufe-Ausstellung des KOK ein Highlight. Wir haben die Panels entworfen, und sie sind bereits im Münster in Bern - rund um den Taufstein, wie ich hörte - aufgestellt worden. Das dünkt mich ein ganz tolles Zeichen.

Persönlich freue ich mich sehr aufs Theater ‚Wehrlos' - weil es im Emmental geniales Freilichttheater gibt. Die ‚Täuferjagd' auf der Moosegg brachte 2005 die Thematik jenen zum Bewusstsein, die sich nicht in der Kirche bewegen. Anfänglich wurde bedauert, dass dieses Stück vor dem Täuferjahr zur Aufführung gelangte, aber wahrscheinlich war es ein Türöffner.

Allenthalben staunen wir über das enorme Interesse an den Vorträgen und Veranstaltungen. Die Medien stellen das Täuferjahr positiv und einigermassen unvoreingenommen dar, weil es, von einer breiten Trägerschaft verantwortet, religiöse mit kulturellen, historischen und touristischen Aspekten verbindet.

Openair Trachselwald: www.openair-trachselwald.ch

Datum: 23.07.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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