Fachtagung zum Thema Erziehung

Tagung über Lust und Frust im Erziehungsalltag

Das «Ländli» in Oberägeri war Gastgeber einer Fachtagung zum Thema Erziehung. Vier erfahrene Referenten hielten Plädoyers für eine engagierte Pädagogik.

Eingeladen auf den 30. Mai hatte das Bildungszentrum für christliche Begleitung und Beratung, bcb. Rund 120 Personen – Mütter, Väter, Erzieher, Seelsorger und Therapeutinnen – liessen sich auch durch Schnee und Graupelregen nicht von einer Reise an den Äegerisee abhalten.

Vier Referenten beleuchteten das Thema von verschiedenen Seiten: Joachim Lask, diplomierter Psychologe und Familientherapeut, Christian Mantel, Pädagoge und Vater von vier Kindern, Wilfried Veeser, Theologe und ebenfalls Vater vierer Kinder, sowie Bettina Jahn, Psychiaterin und Mutter von zwei Kindern.

Autoritative Erziehung

Joachim Lask beschrieb verschiedene Erziehungsformen und plädierte selber für Autorität. Eine derartige autoritative Erziehung, die das Kind fördert und gute Rahmenbedingungen vorgibt, sei laut einer Studie die erfolgreichste Form der Pädagogik. Das Kind erhalte Strukturen und Vorgaben und werde durch die Unterstützung und Anleitung der Eltern für seine Zukunft gestärkt.

Die Extreme zu beiden Seiten, nämlich die kontrollierend-autoritäre wie auch die nachlässige Erziehungsform, schnitten in dieser Untersuchung eher schlecht ab. Wichtig, so Lask, seien hingegen vier Schlüsselaspekte: Die Eltern müssten ein Ja zu ihrer eigenen Elternschaft haben, in der Familie müssten positive Beziehungen gelebt werden, konsequentes Handeln und Verbindlichkeit seien zu fördern und nicht zuletzt eine hohe Authentizität vorzuleben.

Schwierige Bedingungen in Lagern

Auf zum Teil angenehm-lässige Weise erzählte Christian Mantel von Rahmenbedingungen in Ferienlagern und erläuterte manche Schwierigkeiten unerfahrener Leiter. Weshalb sie nicht selten trotzdem erfolgreich seien, wisse auch er nicht.

Sein Credo: „Last und Lust reduziert den Frust“. Will heissen: Es ist zumeist wirkungsvoller, die Kreativität der Kids zu fördern, als sie ständig in die Schranken zu verweisen. Mit einem guten Programm und einer Wertschätzung auch gegenüber „unprofessionellen“ Lagernleitern sollte die Zusammenarbeit klappen.

Auf das schwierige Einzelbeispiel eines Zappelphilipps in der Klasse liess sich der erfahrene Pädagoge nicht ganz ein, obwohl das Publikum erwartungsvoll auf Rezepte hoffte. So erklärte Mantel vorsichtig, dass bei solchen Kindern die guten Seiten gefördert werden sollten. Der erfahrene Pädagoge weiss um die Schwierigkeit von Schnellrezepten und „Sofort-Pflästerli“ in der Erziehung. Letztlich sei jedes Kind anders zu erziehen, wie die Erfahrung vieler Mütter bestätigt.

Unter dem Titel «Supernanny wird’s schon richten …?» referierte der Theologe und Vater Wilfried Veeser – betonte dabei aber die Aufgabe der Mutter beziehungsweise seiner Ehefrau. „Meine Frau macht für die Kinder oft mehr Kilometer mit dem Auto als ich für die vielen Dienste“, erzählte er und liess das in die nicht unbekannte Erkenntnis münden, dass eine gelingende Beziehung zwischen den Eltern das Aufwachsen des Kindes erleichtert.

Schnittverletzungen ernst nehmen

In einem Gruppengespräch zum Thema Ferienlager spürten die Teilnehmer ihre Ohnmacht gegenüber Jugendlichen, die sich Schnittverletzungen zufügen. Die Psychiaterin Bettina Jahn erklärt ausführlich Ursprung und Krankheitsbild von Selbstverletzungen und wie sie sich auf die Umgebung auswirken.

Laut Statistiken nimmt das sogenannte Ritzen und Schneiden mit scharfen Gegenständen seit 1990 zu. Am meisten gefährdet seien Mädchen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren. Traumatische Erlebnisse in der Kindheit bilden dafür oft den Hintergrund: zum Beispiel Vernachlässigung als Säugling oder eine psychisch labile Mutter. Erschreckend war die Auskunft, dass die meisten Betroffenen bereits einen Selbstmordversuch hinter sich haben.

Schnittverletzungen seien also immer ernst zu nehmen, so Jahn. Eine professionelle psychologische Behandlung könne die Betroffenen schrittweise aus ihrem selbstzerstörerischen Handeln herausholen.

Webseite: www.bcb-schweiz.ch

Datum: 05.06.2006
Autor: Iris Muhl
Quelle: Livenet.ch

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