Auch im Koran gibt es eine Geburtsgeschichte Jesus

Nur wenige Christen wissen, dass es im Koran auch eine Geburtsgeschichte Jesus gibt. Ebenso wie Judentum und Christentum ist der Islam auch im semitischen Kulturraum entstanden. So verwundert es nicht, dass auch Jesus im Koran 27 Mal als "Prophet" Isa (Jesus) erwähnt wird.

Abgesehen von der Gottessohnschaft, dem Kreuzestod und der Auferstehung Jesus, die der Islam nicht anerkennt, finden sich Belege für viele christlichen Lehren, angefangen von der Jungfrauengeburt bis hin zur Himmelfahrt, auch im Koran.

Maria im Zentrum der Weihnachtsgeschichte

Die in Mekka geoffenbarte 19. Marien-Sure enthält in den Versen 22-25 auch die islamische Geburtsgeschichte Jesus und die später in Medina geoffenbarte Sure 3:33-55 eine islamische Version der christlichen Heilsgeschichte mit der Herkunft Marias, der Zachariasgeschichte und dem Wirken Jesus. Im Zentrum beider Koranstellen steht nicht so sehr Jesus in seiner koranischen Version als Prophet Isa, sondern die Mutter Jesus, Maria, nach der ja auch die 19. Sure benannt wurde. Im Bild, das der korankundige Muslim vom Christentum hat, nimmt die Person Marias einen ganz ausserordentlichen Platz ein.

Maria ist die einzige Frau überhaupt, die als solche im Koran genannt wird. In der islamischen Tradition, die alle nichtkoranischen kanonischen Texte des Islam, die sogenannte Sunna (Richtschnur) und die Hadithe (Prophetenüberlieferungen) umfasst, gilt Maria sogar neben Asiya, der Frau des Pharao, als einzige vollkommene Frau der Menschheitsgeschichte. Man muss deshalb annehmen, dass das Christentum, das Mohammed kannte, von einer sehr starken Marienverehrung geprägt war, etwa wie in der nestorianisch-ostsyrischen Kirche, die im arabisch-persischen Raum damals sehr stark verbreitet war.

Die islamische Geburtsgeschichte Jesus

Nach der islamischen Geburtsgeschichte wurde Jesus an einem "fernen, wüstenähnlichen Ort unter einer Palme geboren"(Koran, Sure 19,22/23). Noch während der Geburt soll Jesus bereits gesprochen haben und seine Mutter getröstet haben (Koran Sure 19,23,24). Auch bereits die ersten Wunder Jesus fallen mit seiner Geburt zusammen, indem er unter der Palme eine Quelle hervorspriessen liess, an der sich Maria laben konnte (Koran, Sure 19,24) und indem frische, saftige Datteln von der Palme herunterfallen (Koran, Sure 19,25).

Insgesamt gehört die islamische Geburtsgeschichte Jesus zu dem etwa 30 Prozent Anteil unklarer Stellen des Koran, deren Übersetzung und Exegese aus dem arabischen Text allein kaum möglich ist. Der pseudonyme Koranforscher Christoph Luxenberg, dessen Studie die "Die syro-aramäische Lesart des Koran", nach ihrem Erscheinen im Jahre 2000 für viel Aufsehen und viel Anerkennung in der Fachwelt gesorgt hat, versucht gerade in diese unklaren Stellen mit Hilfe eines sprachphilologischen Rückgriffs auf das Syro-Aramäische mehr Licht zu bringen.

Luxenberg interpretiert die Mariensure Sure 19, 22-25 folgendermassen: Nach offiziellen islamischen Verständnis hätte der gegen Maria im Koran erhobene Vorwurf der nichtehelichen (illegitimen) Schwangerschaft sie dazu veranlasst, den Tod für sich herbeizusehnen, ehe sie niederkommen sollte. Vers 24., der bisher folgendermassen übersetzt wurde: "Da rief er ihr von unter ihr her zu: Sei nicht traurig, dein Herr hat unter dir ein Bächlein gemacht" müsste eigentlich nach Luxenberg mit dem Rückgriff auf das Syro-Aramäische so übersetzt werden: "Da rief er ihr sogleich nach ihrer Niederkunft zu: Sei nicht traurig, Dein Herr hat deine Niederkunft legitim gemacht". Diese viel plausiblere Übersetzung wird jedoch von muslimischer Seite, für die die Arabische Version die einzig gültige Textgrundlage bildet, auch wenn sie unverständlich ist, bisher nicht akzeptiert und bleibt deshalb spekulativ.

Bezüge zu Weihnachten

In einigen Zeitschriftartikeln ist Christoph Luxenberg noch weiter gegangen, indem er Sure 97 (Al qadr/die Bestimmung), die für Muslime mit der Herabsendung des Korans, was religionsphänomänologisch mit der Bedeutung von Weihnachten in der christlichen Theologie vergleichbar ist, in Verbindung gebracht wird, jedoch mit den Begriffen Engeln, Friede, Stern, Nacht sehr stark an biblische Weihnachtsmotive erinnert, syro-aramäisch neu liest und so starke Anklänge an die christlichen Weihnachtsliturgien gerade in dieser Sure findet. In der Tat feiern die Muslime zwischen der 21. und 24. Nacht ihres Ramadan das Fest „Lailat el Qadr“, das Fest der Herabkunft des Korans, weil diese Nacht die längste des Ramadans ist. Das christliche Weihnachtsfest wird ja bekanntlich auch am 24. Dezember, also drei Tage nach der längsten Nacht des Jahres, gefeiert.

Ähnlich wie in den christlichen apokryphen Schriften, haben sich auch im sogenannten "Volksislam" eigene Interpretationsversionen gebildet, die, aus dem nur schwer verständlichen Korantext verschiedene Elemente aufnahmen, um sie zu erbaulichen Geschichten umzuformen, die dem Verständnis der einfachen Leute eher zugänglich waren. So findet man heute am Rande des orthodoxen Islam in der muslimischen Welt verschiedene Versionen der Geburtsgeschichte Jesus, die die koranischen Elemente, wie abgelegener Ort, Palme, Datteln, Quelle und Rinnsal zu eigenen volksislamischen Geburtsgeschichten Jesus ausgeschmückt haben. Diese volksislamischen Traditionen sind in einigen, nicht arabischen islamischen Ländern unter den muslimischen Bevölkerungsmassen oft sehr viel bekannter als die koranischen Texte der Geburtsgeschichte Jesus.

Krippe Jesus wurd verehrt

Anders auch als der biblische Text, enthält der koranische Text auch keine Ortsangaben zum Geburtsort Jesus. Deshalb bildeten sich sehr früh islamische Traditionen, die die Geburt Jesus im Tempelbezirk von Jerusalem lokalisierten, da auch der Wohnort Marias mit dem Tempel in Verbindung gebracht wurde. In den byzantinischen Gewölben des Tempelbezirks, unterhalb der Al Aksa Moschee gab es bis zur Ankunft der Kreuzfahrer im Jahre 1099 sogar einen muslimischen Wallfahrtsort, wo die sogenannte "Mahd Isa" die Krippe Jesus verehrt wurde. Mit der Ankunft der Kreuzfahrer im Orient wurden die christlich- islamischen Beziehungen für Jahrhunderte zurückgeworfen und schwer belastet. In der zu einer Kirche umgewandelten Al Aksa Moschee und in den Kellergewölben des Tempelberges hatte während der Kreuzfahrerherrschaft der Templerorden sein Hauptquartier. Deshalb fand nach der Vertreibung der Kreuzfahrer aus Jerusalem im Jahre 1187, die Wallfahrt zur Krippe Jesus im Islam keine Fortsetzung. Allerdings gibt es bis heute in der Türkei christliche Marienwallfahrtsorte, wie das Haus der Maria in Ephesus, die von Muslimen und Christen gemeinsam verehrt werden.

Glaubwürdig und überzeugt als Christ leben

Trotz jahrhundertelanger Polemiken und auch kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen, die bis in die Gegenwart andauern, wissen die Muslime durch den Koran sehr viel mehr über die Person Jesus, als die Christen über die Person Mohammeds, von dem in den biblischen Schriften keine Rede ist.

Gerade weil sich jedoch das koranische Jesusbild in der Frage der Gottessohnschaft, die ja für die Christen entscheidend ist, vom christlichen Jesusbild unüberbrückbar unterscheidet, findet der christlich- islamische Dialog der Theologen auch hier seine Grenze. Es wird davon abhängen, wie glaubwürdig und überzeugt die Christen ihren weihnachtlichen Glauben an die Gottessohnschaft Jesus leben und praktizieren, ob die Muslime, vor allem, die die in mehrheitlich christlichen Ländern leben, auch den eigentlichen, christlichen Sinn des Weihnachtsfestes verstehen.

Dossier: www.weihnachten.jesus.ch

Autor: Bodo Bost
Quelle: unbekannt von Bost als Autor angeboten


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