Kirchensynode in Bern

Berner Kirchgemeinderäte erhalten mehr Gewicht

Wer hat in der Kirchgemeinde das Sagen? Können klare Kompetenzen Konflikte vermeiden? Darüber beriet am Mittwoch die Kirchensynode in Bern. Sie beschloss, dass in den reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn der Kirchgemeinderat die Gemeinde mit einem Weisungsrecht gegenüber Pfarrern leiten soll. Mit ihnen erhalten andere Mitarbeitende ein Anhörungs- und Antragsrecht.

Zur Begründung für die neun Grundsätze, die die Kirchenleitung vorlegte, führte Synodalrat Stefan Ramseier einen dringenden Klärungsbedarf an. Die Beratungsstelle des Pfarrvereins habe unscharfe Kompetenzen, Rechte und Pflichten festgestellt. "Offenbar ist ziemlich unklar, was heute gilt. Klare Zuständigkeiten erleichtern die Zusammenarbeit." Ramseier betonte, das Zusammenwirken von Kirchgemeinderat, Pfarrern und anderen kirchlichen Mitarbeitenden sei zentral. Man wolle daran nicht rütteln. Die Synode solle Grundsätze beschliessen, damit in einem Jahr die entsprechenden Kirchenordnungsartikel besprochen werden könnten.

Weisungen für Pfarrer

Der Synodalrat schlug vor, dass der Kirchgemeinderat (KGR) gegenüber den Pfarrpersonen weisungsberechtigt ist. Zweitens sollten neben ihnen, den "Dienern des göttlichen Worts", auch die anderen kirchlichen Mitarbeitenden in Sitzungen ein Beratungs- und Antragsrecht haben. Das heisst, die Pfarrer werden, was die Mitwirkung in den Sitzungen des Kirchgemeinderats betrifft, den anderen Mitarbeitenden der Gemeinde gleichgestellt. Die Berner Kirche sei "nicht frei in der Wahl eines Leitungsmodells", sagte Ramseier. Die Leitung müsse dem Berner Gemeindegesetz entsprechen. Der KGR solle in äusseren wie inneren Angelegenheiten entscheiden, unter Mitsprache der Mitarbeitenden.

Die Geschäftsprüfungskommission GPK stimmte den neun Grundsätzen unter dem Vorbehalt zu, dass die Rechte der Pfarrer nicht geschmälert werden. Statt dem Recht, in den Sitzungen mitzuberaten, solle den Mitarbeitenden ein Antragsrecht gewährt werden. Zudem stellte die GPK den Antrag, dass jede Kirchgemeinde die Vertretung der Mitarbeitenden in den KGR-Sitzungen selbst regeln kann.

Harsche Kritik

Pfr. Michael Graf ging mit den Grundsätzen hart ins Gericht. Er sehe "hinten und vorn kein Modell von Gemeindeleitung". Das Berner Kirchengesetz gebe für die inneren Angelegenheiten der Kirchgemeinde (Gottesdienst u.a.) gerade nichts vor.

Die Fraktionssprecher bezogen ganz unterschiedlich Stellung. Otto Herrmann beantragte namens der positiven Fraktion Zurückweisung. Die Kirche sei nicht wie ein Unternehmen zu führen, sondern gerade in der Leitung auf Dialog angewiesen. "Offenbar fühlt sich ein grosser Teil der Pfarrschaft übergangen", sagte Herrmann und brachte auch die Sorge zum Ausdruck, dass die Suche nach Kirchgemeinderäten sich schwieriger gestalte, wenn komplexe Aufgaben warten.

Christus - oder das Gemeindegesetz?

Pfr. Daniel Ficker forderte eine theologische Überarbeitung der Sätze. "Noch ist Christus der Herr unserer Kirche, nicht das Gemeindegesetz." Synodalratspräsident Andreas Zeller habe in der ersten Sitzung der Wintersynode die Konsenssuche als Merkmal des reformierten Umgang mit Konflikten herausgestellt. Probleme in den Gemeinden sollten nicht den Ausgangspunkt für Regelungen bilden, sagte Ficker. Nach der Tradition der Kirche werde die Gemeindeleitung in Zusammenarbeit von Pfarrern und KGR wahrgenommen. Über die neue Stossrichtung, so der Berner Pfarrer, "würden Calvin und Zwingli den Kopf schütteln." (Im Vorfeld hatte der Berner Pfarrverein geschrieben, so etwas habe es noch in keiner Kirche gegeben.)

Kleine Gemeinden - grosse Gemeinden

Weitere Votanten wünschten, dass Instrumente der Mediation genau bezeichnet werden, schlugen eigene Regelungen für grosse Gemeinden (mehr Kompetenzen für operativ Verantwortliche) oder eine jährliche Supervision vor. Christian Tappenbeck fand es "jammerschade, dass anstelle von Dialog nun Aufsicht als leitendes Prinzip eingeführt" werde. Die Verantwortlichen müssten miteinander den Konsens suchen. Johannes Josi von der positiven Fraktion bat den Synodalrat, die Vorlage nicht zur Abstimmung zu bringen und umzuarbeiten.

Die Synode lehnte den Rückweisungantrag klar ab und folgte dem Antrag der GPK: Pfarrer und Mitarbeiter sollen angehört werden (statt mitzuberaten) und Anträge stellen können. Zudem soll der Kirchgemeinde die Kompetenz zukommen, die Vertretung der Pfarrpersonen und Mitarbeitenden zu regeln. In der Schlussabstimmung passierte die Vorlage schliesslich mit 104 zu 40 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

Weiter beriet die Berner Kirchensynode über die Ordination von Pfarrern und die Beauftragung von Sozialdiakonen und Katechetinnen.

Datum: 05.12.2008
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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