Täufergemeinden in Bern zu Gast bei den Kirchen
An der zweitägigen Zusammenkunft standen zwei Anlässe im Vordergrund: Der Berner Filmregisseur Peter von Gunten zeigte an einer Vorpremiere seinen Film über das Leben von Täufergemeinden in der Schweiz, und in den USA und im Berner Münster feierten die Berner Kirchen mit den Täufergemeinden das gemeinsame Abendmahl. Die von beiden Glaubensgemeinschaften sehr gut besuchten Anlässe zeugen vom inzwischen entspannten Verhältnis der reformierten Landeskirche mit den Täufergemeinden.
Film über das Leben der Täufer
Auf die Tickets für die Vorpremiere zum Film des Berner Regisseurs Peter von Gunten «Im Leben und über das Leben hinaus - Ici-bas, au-delà» herrschte bereits im Voraus ein grosser Ansturm. Rund 500 Mitglieder der Täufergemeinde und der Landeskirche sahen sich das zweieinhalbstündige Werk über das Leben der Täufer an. Peter von Gunten filmte während vier Jahren die Täufergemeinden in der Schweiz und in den USA. «Dieser Film ist mein Bekenntnis, wie stark mich die Begegnung mit den Täufern berührt hat», sagte der Regisseur. Michel Ummel, Ältester der Mennonitengemeinde Sonnenberg freute sich, dass ein kultureller Anlass und nicht die geschichtliche Vergangenheit Grund der zweitägigen Begegnung war.
Kein Groll
«Die Vergangenheit kann man zwar nicht ungeschehen machen, jetzt müssen wir jedoch an der Zukunft arbeiten und die Beziehung zu der Landeskirche neu definieren.» Einen Groll gegenüber der Landeskirche habe er überhaupt nicht, so Ummel weiter. Und im Kleinen sei die Ökumene längst Realität. Der Kirchenälteste wies zudem darauf hin, dass die Täufer im Dialog zwischen Landes- und Freikirchen ein wichtiges Bindeglied darstellen könnten.
Das gemeinsame Abendmahl im Berner Münster war ein weiterer Höhepunkt des Begegnungswochenendes zwischen Täufern und Reformierten. Der zweisprachige Gottesdienst wurde vom Chor der Mennonitengemeinde Sonnenberg begleitet und von mehr als 500 Personen besucht. «Dieser Anlass war aber kein rückblickendes Schuldbekenntnis», betonte Samuel Lutz, Synodalratspräsident der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn. «Vielmehr war es ein Ausdruck der Anerkennung und Wertschätzung.»
Täufer als Staatsverräter behandelt
Weiter hielt der Synodalratspräsident fest, dass die reformierte Landeskirche mit den Täufern nicht in allen Lehrfragen und insbesondere nicht der Grosstaufe einig sein müsse. Ökumene komme darin zum Ausdruck, wie die Christen miteinander umgehen. «So belastend die Vergangenheit ist, was uns verbindet ist stärker, als das, was uns trennt.» Über Jahrhunderte wurden die Täufer als Staatsverräter behandelt, verfolgt, verbannt und hingerichtet. Die Gründe: Sie lehnten die Kindertaufe ab, praktizierten die Erwachsenentaufe, verweigerten den Kriegsdienst und forderten die strickte Trennung von Staat und Kirche.
Dies ging der Berner Regierung Anfang des 16. Jahrhunderts entschieden zu weit. Zahlreiche Täufer flüchteten aus dem Emmental und Teilen der bernischen Voralpen in den Jura, ins Elsass und nach Amerika. Erst als 1874 die Glaubensfreiheit in der Verfassung verankert wurde, konnten sich die Täufer wieder frei versammeln. Heute gibt es im Berner Kirchengebiet zehn Täufergemeinden mit insgesamt 1800 Mitgliedern.
Um Vergebung gebeten
In den letzten Jahren hat es bereits verschiedene Zeichen der Versöhnung und Annäherung der Landeskirche gegenüber den Täufern gegeben. So bat 1983 die Schweizerische Evangelische Synode im Gottesdienst öffentlich die Täufer um Vergebung. Das Gleiche geschah in einem Gedenkgottesdienst in der Berner Nydeggkirche. Die Zürcher Kirche veranstaltete 2004 einen Versöhnungsgottesdienst, und das Emmental plant für das Jahr 2007 ein Täufer Gedenkjahr.
Der Kinofilm «Im Leben und über das Leben hinaus - Ici-bas, au-delà» von Peter von Gunten wird noch in diesem Jahr in den Schweizer Kinos zu sehen sein.
Quellen: RNA/comm