Der Dawkins-Wahn: Wissenschaftler kritisieren «neuen Atheismus»
Als «leidenschaftliches Plädoyer für die Vernunft» wird das Buch angekündigt, in dem Dawkins «gegen die Religion zu Felde zieht». Grundtenor: «Der Glaube an ein göttliches Wesen ist vielfach die Ursache von Terror und Zerstörung.» Dawkins ist der Meinung, der alttestamentarische Gott sei ein Rassist, Schwulenhasser und ethnischer Säuberer, ein «Kinderkiller und Korinthenkacker». Vor allem die Vernunft sei es, die den Glauben aushebele und überflüssig mache, so Dawkins. «Als Naturwissenschaftler stehe ich dem Fundamentalismus feindselig gegenüber, weil er das Unternehmen Wissenschaft aktiv torpediert», schreibt der 66-jährige Zoologe. «Die Versuche in unserer Zeit, religiöse Naturwissenschaftler zu finden, haben etwas Verzweifeltes», so Dawkins, der auch Bücher über den Darwinismus schrieb («Das egoistische Gen»). Die österreichische Tageszeitung «Die Presse» fragte nun nach: Wie halten es österreichische Forscher mit der Religion? Sie befragte Naturwissenschaftler und kam zu einem Ergebnis, das Dakwins nicht gefallen würde. Der Leiter der Abteilung für Medizinische Genetik an der Medizinischen Universität Wien etwa, Markus Hengstschläger, sagt, Glaube brauche keine Beweise. «Die Religion kann und soll man nicht naturwissenschaftlich ergründen.» Er fügt hinzu: «Aber auch die Religion sollte keinen Einfluss auf Naturwissenschaft ausüben.» Unter Genetikern und Biologen seien Theisten allerdings rar, habe er festgestellt: «Christ und Genetiker, das ist eine seltene Kombination», sagte Hengstschläger der «Presse». Anders sieht es bei den Physikern aus, so die Zeitung: «Hier erzählen nicht nur viele über gläubige Kollegen, etliche bekennen sich auch selbst.» Als Beispiel zitiert die «Presse» Walter Thirring, Dekan der theoretischen Physik, der Lutheraner ist. Dass es gerade unter den Biologen so wenige Gläubige zu geben scheine, kommentiert er so: «Die Biologen sehen sozusagen nur ihr enges Fenster aus der kosmischen Evolution - da meinen sie, sie brauchen den lieben Gott gar nicht...» Der Mathematiker Rudolf Taschner, der vor drei Jahren in Österreich zum «Wissenschaftler des Jahres» gekürt wurde, nennt sich selbst einen «frommen Agnostiker». «Diesen 'neuen Atheismus' in Amerika halte ich aber, ehrlich gesagt, für ein bisschen vorpubertär.» Reibungen zwischen Wissenschaft und Religion hält er für «gut, weil sie das Nachdenken fördern, aber sie streben nach Auflösung. Die aber kann nicht von oben dekretiert werden, die muss jeder sich erringen.» Auch für den Mathematiker Erich Peter Klement von der Universität Linz sind Naturwissenschaft und Religion «Ergänzung und nicht Widerspruch»: «Als Zeugen nenne ich den genialen Mathematiker Kurt Gödel. Mit seinem Unvollständigkeitssatz hat er sehr deutlich die Grenzen der Naturwissenschaft aufgezeigt, sodass auf die letzten Fragen des menschlichen Seins nur mehr die Religion eine Antwort zu geben vermag.» Ähnlich sieht es Gottfried Magerl, Professor für Nachrichtentechnik an der Technischen Universität Wien: «Die Religion beantwortet die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Wahren und dem Guten - die Naturwissenschaft befasst sich mit dem Verständnis der materiellen Welt. Die Schwierigkeiten vieler Naturwissenschaftler mit der Religion mögen auch daher rühren, dass sie sich - gleichsam einem der Naturwissenschaft inhärenten Minimumsprinzip folgend - mit der Erkenntnis der materiellen Welt zufrieden geben.» Kurt Kotrschal, der wie Dakwins Zoologe ist, zweifelt letztendlich an der Seriosität seines britischen Kollegen: «Kein Naturwissenschaftler, der seine Sinne beieinander hat, benutzt seine Wissenschaft, um zu belegen, dass es Gott gibt oder nicht. In der Wissenschaft geht es um testbare Hypothesen, die Existenz Gottes ist keine testbare Hypothese», sagt Kotrschal auf die Frage der «Presse». Dawkins mache mit seinen Versuchen, Gott zu widerlegen, spiegelverkehrt die gleichen Fehler wie seine Gegner. Dies sah auch der Oxforder Molekularbiologe und Kirchenhistoriker Alister McGrath so: Weil ihn die Wüterei seines Kollegen und dessen Anspruch, mit der Wissenschaft gegen Gott zu Felde ziehen zu können, nervte, schrieb er ein Buch. Darin kritisiert er etwa das ungenaue Zitieren Dawkins' und dessen blinden Wissenschaftsglauben. Sein Buch heisst «Der Dawkins-Wahn». Die Wissenschaft sei keinesfalls notwendigerweise atheistisch, wie Dakwins immer behauptet, so McGrath. Und spätestens die Rundfrage der österreichischen «Presse» zeigt: Dass es gläubige Wissenschaftler gibt, ist ein schwerer Schlag gegen das Weltbild Dawkins'.«Diese 'Neuen Atheisten' sind vorpubertär»
Zweifel an der Seriosität Dawkins
Quelle: Kep/Pro