Stiftung Wetterbaum
Ausgesteuerten ihren Selbstwert zurückgeben
«Die Leute wissen oft gar nicht, was sie können oder schätzen sich selber falsch ein.» Dies ist aus Sicht von Michael Hodel, Co-Geschäftsleiter der Stiftung Wetterbaum, einer der Gründe, weshalb Menschen keine Arbeit mehr finden und von der Sozialhilfe abhängig werden. Mit Beratung und Arbeitsplätzen will sich «Wetterbaum» da einbringen, wo Staat und Wirtschaft an Grenzen stossen.Gemäss Michael Hodel besitzen einige Leute oft ungenügende handwerkliche oder soziale Fähigkeiten, um sich im Arbeitsleben durchzusetzen. Gerade diesen Menschen will die Stiftung Wetterbaum in der Werkstatt, im Bereich Haus und Umwelt oder im Kleiderladen mit Arbeitsplätzen eine Tagesstruktur und Lebenswert geben. Dazu stehen ihnen erfahrene Berufsleute wie Landwirte, Landschaftsgärtner oder Schreiner zur Seite. Für die Stiftung Wetterbaum ist es wichtig, gute Arbeit zu leisten und auch eigene Produkte zu kreieren, um Umsatz zu erzielen und Aufträge von der Wirtschaft zu erhalten.
Ein Treffen mit Folgen
Michael Hodel und Stefan Eggimann, die beiden Geschäftsleiter der Stiftung, trafen sich bei einem Laufbahnseminar in Zürich, kannten sich aber schon. Stefan Eggimann, 31-jährig und frisch verheiratet, hatte sich im Studium zum Betriebsökonom im Rahmen seiner Diplomarbeit mit Sozialfirmen auseinandergesetzt. Michael Hodel, 33-jähriger Ehemann und Vater von drei Kindern, hatte damals «keine Ahnung von Sozialarbeit». Der gelernte Chemielaborant hatte während vier Jahren in der Pharmaindustrie gearbeitet und danach zusammen mit seiner Frau Susanne während fünf Jahren beim Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) Theologie studiert. Auf acht Jahre Mitgründung und Mitarbeit beim Jugendgottesdienst Godi Frauenfeld folgten zwei Jahre als hauptamtlicher Pastor und Jugendleiter der Chrischona-Gemeinde Frauenfeld.Von Chrischona unterstützt
«Ich bin ein Pioniertyp und brauche hie und da neue Herausforderungen. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich den Eindruck, Gott rede erneut zu mir», sagt Hodel über seine damalige Situation. Er und Stefan Eggimann beschlossen, das Wagnis einer Sozialfirma einzugehen. Eggimann erstellte einen Businessplan. Hodel reduzierte sein Pastoren-Pensum Anfang 2007 auf 50 Prozent und bildete sich zum Sozialmanager FSSM weiter. «Die Chrischona-Gemeinde zahlte mir weiterhin das volle Gehalt und fieberte beim Projektaufbau mit. Es löste bei vielen Leuten einiges aus», freut sich Michael Hodel.Start vor drei Jahren
Im Juni 2007 ging es los, nachdem das Startkapital von 50 000 Franken dank Spenden und zinsloser Darlehen beisammen war. Die Leiter informierten die politischen Behörden. Im gemieteten Haus an der Zeughausstrasse 8 in Frauenfeld begann das Team, Werkstatt- und Büroräume einzurichten. Später kam ein Secondhand-Laden für Kleider dazu. Im Oktober wiesen Sozialämter der Stiftung erste Sozialhilfebezüger zu. Der Frauenfelder Sozialdienst stellte sich zuerst quer und überwies niemanden. Erst im Sommer 2008 stieg auch die Stadt Frauenfeld mit ersten Zuweisungen ein und zeigt sich bis heute erfreut.Geringe Subventionen
Das achtköpfige Team des Wetterbaums besteht aus Christen. Sie legen Wert auf biblische Werte wie Ehrlichkeit, Liebe und Barmherzigkeit, ohne missionarisch zu wirken.Der Kanton schiesst gemäss Hodel viel Geld in Beschäftigungsprogramme ein. Da die Stiftung Wetterbaum aber hauptsächlich «Ausgesteuerte» beschäftigt, bleiben die staatlichen Subventionsbeiträge bescheiden. Die Stiftung legt aber Wert darauf, ihren Beschäftigten einen leistungsabhängigen Teillohn auszurichten. «Es ist wichtig für die Leute, einen Teil ihres Einkommens selber zu finanzieren, es stärkt ihr Selbstwertgefühl», erklärt Hodel. Aktuell beschäftigt die Stiftung 20 Personen, darunter zwei IV-Rentner.
Kontakte zur Wirtschaft
Die Stiftung Wetterbaum unterstützt die ihr zugewiesenen Mitarbeitenden bei der beruflichen Integration. Die Platzierung im ersten Arbeitsmarkt ist jedoch nicht immer ein realistisches Ziel. Gute Kontakte zur Wirtschaft erhöhen die Chance, Mitarbeitende im ersten Arbeitsmarkt zu platzieren. Diese wolle man unbedingt weiter fördern.Mehr Plätze schaffen
Für die Zukunft sagen Prognosen gemäss Hodel eine Verdoppelung der Sozialfälle im Kanton Thurgau voraus. Die Stiftung will deshalb zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, um dieser Situation zu begegnen. Mit sinnvoller Arbeit in einem ermutigenden Umfeld sollen Menschen am Rand der Gesellschaft aufgebaut werden und neue Lebensfreude schöpfen.Bereiche der Stiftung:Werkstatt: Fensterladen-Renovation, Messebau- und Industrieservice.
Haus und Umwelt: Gartenunterhalt, Umwelt- und Forstpflege, Liegenschafts- und Umzugsservice.
Kleider und Co.: Secondhandshop, Waschen, Bügeln, Flicken.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 9 bis 12 Uhr, 13.30 bis 18.30 Uhr, Samstag 9 bis 16 Uhr.
Lichtblick: Unabhängiges, auf Freiwilligenarbeit basierendes Sozialprojekt für Einsätze in Haushalt, Kinderbetreuung und Alltagshilfe.
Webseite: www.wetterbaum.ch
Autor: Rolf Frey
Quelle: ideaSpektrum Schweiz