Maryamu Joseph

Ein weiteres Mädchen entkommt Boko Haram nach 9 Jahren

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Maryamu Joseph (Bild: ACN International)
Vor vier Monaten gelang der Nigerianerin Maryamu Joseph die Flucht: Die 16-Jährige lebte neun Jahre in den Fängen von Boko Haram. Im Interview mit ACN International berichtet sie von der schrecklichen Zeit – und wie es ihr heute geht.

Mit nur sieben Jahren wurde Maryamu Joseph im Februar 2013 zusammen mit weiteren 21 Mädchen von Kämpfern der Terror-Organisation Boko Haram aus ihrem Dorf Bazza entführt. 22 Tage mussten sie durch den Dschungel wandern, bevor sie das Lager erreichten. Dort wurden die Christen von ihnen in Käfige gesteckt. «Als erstes zwangen sie uns, zum Islam zu konvertieren», berichtet sie in einem Interview mit «ACN International», das in ihrer Muttersprache Hausa geführt wurde. «Sie änderten meinen Namen in Aisha, einen muslimischen Namen, und warnten uns davor, als Christen zu beten, sonst würden wir getötet.»

Mit nur zehn Jahren sollte sie einen der Anführer heiraten, doch sie weigerte sich – zur Strafe musste sie ein Jahr lang allein in einem Käfig verbringen. Zwei ihrer Geschwister wurden 2019 ebenfalls entführt und in dasselbe Lager gebracht – ihr Bruder wurde noch am selben Tag vor ihren Augen umgebracht.

Die Jahre im Dschungel waren grausam. «Wir haben so unter den Händen dieser herzlosen, gnadenlosen Menschen gelitten», berichtet sie im Interview. «Diese neun vergeudeten Jahre im Sambisa-Dschungel können nicht einfach so vergessen werden. Worte können nicht beschreiben, was ich durchgemacht habe.»

Die Flucht

Am 8. Juli dieses Jahres, als mittags alle schliefen, beschloss sie zusammen mit den Mädchen, die in ihrer Hütte wohnten, die Flucht zu wagen. «Zuerst wusste ich nicht, ob ich bleiben soll, weil meine jüngere Schwester in einer anderen Hütte war, aber ich dachte, ich kann nicht den Rest meines Lebens in diesem Lager verbringen, ich musste einfach weg von dort…» Die Mädchen liefen zwei Tage fast pausenlos, bis sie die Stadt Maiduguri erreichten. Dort fiel sie in Ohnmacht – doch ein Mann aus dem Ort gab ihnen Wasser und Essen, bis sie stark genug waren, um zu einem christlichen Trauma-Zentrum zu gelangen. Das Zentrum wird von ACN Kirche in Not unterstützt.

Hass, Albträume – und der Blick in die Zukunft

Dort fasste sie mit der Zeit den Mut, wieder zum Christentum zurückzukehren. «Seit ich zurück in Maiduguri bin, haben die Schmerzen abgenommen. Ich hoffe, dass Gott mir mit der Zeit helfen wird, meine Bitterkeit zu überwinden und Frieden zu finden, aber ich glaube nicht, dass das bald passieren wird. Ich spüre immer noch die Schmerzen in mir, ich habe immer noch Albträume…» Tief sitzt auch ihr Misstrauen gegenüber Gott: Die Zeit im Dschungel habe sie weit weg von ihm gebracht. «Ich fühlte mich von Gott verlassen (…). Die Leute sagen, dass Gott allmächtig ist und unparteiisch ist. Warum half er mir dann nicht, als ich ihn so nötig hatte?»

Ob sie ihren Entführern je vergeben kann, bezweifelt sie. Doch nach und nach spürt sie, dass sie Dinge loslassen kann, etwa den Hass auf Männer, den sie direkt nach ihrer Flucht verspürte. Auch ist sie nicht mehr so aggressiv gegenüber ihren Mitmenschen. Und sie beginnt, Zukunftspläne zu schmieden: «Ich möchte lernen, wie man wunderschöne Kleider, Schuhe und Taschen macht.»

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Datum: 21.11.2022
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / ACN International

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