Sinnsuchergeschichten

Thomas Meyerhöfers Buch «Lost»

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Thomas Meyerhöfer (Bild: thomasmeyerhoefer.com)
Das Klischee sagt, Christen hätten zwar die beste Botschaft, könnten sie aber kaum an den Mann oder die Frau bringen. Wer das behauptet, kennt Thomas Meyerhöfer nicht: Alltäglich und auf eine unfromme Art fromm lädt er zum Vertrauen auf Jesus ein.

Thomas Meyerhöfer passt in keine Schublade. Der Ex-Polizist und Theologe, Talker, Künstler und Geschichtenerzähler sagt von sich selbst: «Ich [habe] Höhen erklommen und Tiefen durchlaufen. Habe fette Big Points abgegriffen, bin mit einer Hand über Abgrund gehängt. Geheult vor Glück, gebrüllt vor Wut. Aufrecht dem Sturm getrotzt, dann wieder dem Druck nicht standgehalten.»

Glück und Depression liegen in seinem Leben und seinen Geschichten ganz nah beieinander. Und mittendrin ist Gott, der nicht von oben herunterschaut und meint: «Das wird schon wieder…», sondern der neben einem im Dreck liegt und einen nicht alleinlässt. Erfahrungen wie diese fasst Meyerhöfer in Worte zum Weinen und Mitlachen. In «LOST. Bring mich heim – Sinnsuchergeschichten» erzählt er Alltägliches, was nicht alltäglich ist.

Es geht schon mit dem Cover los

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Das Buchcover von «Lost» (Bild: thomasmeyerhoefer.com)
Das Buch lädt mich weder mit einem Sehnsuchts-Landschaftsbild noch mit einer zeitgemäss-grafischen Lösung zum Lesen ein. Stattdessen steht auf dem Cover ein verirrter Astronaut auf der Strasse und bittet als Anhalter «Bring mich heim!» So wie wir es alle jeden Tag erleben… Tatsächlich ist das Cover typisch fürs Buch: etwas abgedreht, nicht ins christliche Klischee passend, fantasievoll und doch irgendwie alltäglich. Es enthält 40 drei- bis fünfseitige Kurzgeschichten aus dem Alltag, ist flapsig erzählt und liebevoll ausformuliert, nimmt die Kleinen, Normalen und Verlorenen in den Blick und immer wieder Gott.

Dübüdü

Wenn ich ein Buch lese, dann fange ich immer vorne an. «Lost» habe ich einfach irgendwo aufgeschlagen und bin im Kapitel «Dübüdü» gelandet. So meldet sich der Mann, den Thomas Meyerhöfer überraschend am Telefon hat, und es dauert eine Weile, bis er versteht, dass sein Gegenüber nicht falsch verbunden ist oder ihn ärgern will, sondern… Nein, ich nehme die Pointe nicht vorweg. Meyerhöfer fällt zu dem unverständlichen Telefonat Psalm, Kapitel 50, Vers 15 als Parallele ein: «Rufe mich an am Tag der Not.» Und hier wie an etlichen anderen Stellen des Buchs klingt der Übergang nicht nach moralischem Zeigefinger oder schlecht geschriebenem Andachtsbuch. Er fühlt sich normal an. Stimmig. Mehr noch: hilfreich.

Alltagsbesonderheiten mit Tiefgang

Das Besondere an «Lost» sind nicht seine Geschichten. Jede und jeder kennt oder sieht «Animationsheinz» vom Campingplatz, ein Kind, das vom Schlitten fällt, eine Prostituierte am Strassenstrich oder die netten Missverständnisse, die sich ergeben, wenn Kinder Gesangbuchlieder singen. Aber – und hier folgen die Gründe, warum ich das Buch liebe:

Nicht jeder, der so etwas erlebt, kann es auch erzählen. Thomas Meyerhöfer kann. Und zwar so, dass ich nach jeder Kurzgeschichte denke: «Okay, eine lese ich noch…»

Der Autor wirft einen liebevollen Blick auf die Unsichtbaren unserer Gesellschaft: Putzfrauen, Paketboten und Prostituierte – und er sieht Gottes Spuren in der Begegnung mit diesen Menschen und mir.

Gerade weil viele Geschichten auf der Schattenseite des Lebens spielen, verströmen sie eine unverschämt selbstverständliche Hoffnung. «Lost» liest sich nicht fromm, ist es aber!

Zum Buch:
Thomas Meyerhöfer, «LOST. Bring mich heim – Sinnsuchergeschichten», 190 Seiten inkl. Fotos, Brunnen Verlag, ISBN978-3-7655-2132-4. SFr 19,35/Euro 16,00.

Zum Thema:
Nachfolge: Von Vertrauen, Prioritäten und dem Blick in Gottes Augen
Nachgeschlagen: Sechs Impulse für das Vertrauen
Beginn eines neuen Jahrzehnts: Sich darin üben, zu vertrauen

Datum: 30.03.2022
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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