Vom Christen zum Atheisten
Wenn man nicht mehr glauben kann
Nachdem der Beziehungsratgeber und Autor Joshua Harris bekanntgegeben hat, nicht mehr Christ sein zu wollen, hat sich nun der Hillsong-Musiker Marty Sampson ebenfalls von seinem Glauben distanziert. Wie kommt es, dass scheinbar so gefestigte Christen ihren Glauben ablegen?Der christliche Liedermacher Marty Sampson hat mit einem Instagram-Post die christliche Szene schockiert. Der 40-jährige Australier, der einer der führenden Musiker der Hillsong-Bewegung ist, erklärte darin, kein Christ mehr zu sein.
Christentum keine «echte Wahrheit»
In dem mittlerweile von seiner Seite gelöschten Post erklärte er seine Entscheidung. Er könne es nicht verstehen, wie Gott Liebe sein soll und zeitgleich ein grosser Teil der Menschheit verloren gehe. Die Bibel sei voller Widersprüche. Sampson störe dabei, dass solche Themen nicht angesprochen würden. Auch werde totgeschwiegen, wenn Pastoren vom Glauben abfallen. Daher strebe er vielmehr nach «echter Wahrheit». Eine Wahrheit, die nicht nur auf einem «ich glaube daran» beruht. Im Christentum finde er keine «echte Wahrheit» wie in den Naturwissenschaften.
Mit seiner jetzigen Situation sei er zufrieden. Es störe ihn nicht, seinen Glauben verloren zu haben. Vielmehr sei er überrascht, wie «glücklich und im Frieden mit der Welt» er nun sein könne. Viele Dinge könnten Menschen helfen, ihr Leben zu verändern, «nicht nur die Version eines Gottes». Auch ohne Religion können Menschen andere lieben, vergeben oder grosszügig sein, schrieb Sampson.
Jeder Glaube ist einzigartig
Die Antwort auf die Frage, warum sich Christen vom Glauben abwenden, ist in erster Linie hochgradig spekulativ. Glaube ist tief in der eigenen Persönlichkeit verwurzelt und wird ebenso von dieser geprägt. Nicht umsonst wird die hebräische Wurzel «amn» sowohl für «glauben» als auch für «gegründet sein» verwendet. Der Glaube begründet die eigene Person und gleichzeitig prägt die eigene Person den Glauben. Durch dieses Wechselspiel wird der Glaube, also das Gottesbild und die Jesus-Beziehung, einzigartig und persönlich.
Es gibt also nicht «den Glauben», sondern vielmehr bestimmte Spielarten des Glaubens, von denen man mehr oder weniger schnell abfallen kann. Eine besonders strenge Ausprägung des Christentums kann auf Dauer beispielsweise sehr einengend sein.
Sampson: «Glaube noch nicht aufgegeben»
Glaube ist also etwas sehr Individuelles. Wenn jemand sagt, er wolle oder könne nicht mehr glauben, muss es sich nicht zwangsläufig ein «Glaubensabfall» sein. Vielmehr kann es sich dabei um eine Abgrenzung einer bestimmten Prägung des Glaubens handeln. So distanzierte sich Harris von einer negativen Haltung zur LGBTQ-Community oder zur gleichgeschlechtlichen Ehe. Er «verlor seinen Glauben», weil er mit bestimmten Ausprägungen nicht zurechtkam.Ähnliches trifft auf Sampson zu. In einem erneuten Statement relativierte er nun seine Aussagen. Er habe mit «vielen Aspekten des Glaubenssystem zu kämpfen». Deswegen habe er seinen Glauben nicht aufgegeben, sondern er befinde sich «auf unglaublich wackeligen Füssen».
Glaube ist ein Weg
Der Konflikt Sampsons zeigt eindrücklich, dass Glaube keineswegs ein absoluter Zustand ist. Vielmehr ist er ein Weg, auf dem man auch auf den Abweg des Zweifelns oder des Atheismus geraten kann. Das muss aber nicht für immer sein. In der Taufe haben wir die unverlierbare Zusage Gottes an uns. Auch das Gleichnis vom Verlorenem Sohn zeigt, dass es bei Gott immer einen Weg zurück gibt und manche Umwege notwendig sein können.
Ein prominentes Beispiel aus Deutschland ist der Psychoanalytiker Tilmann Moser. Streng reformiert-pietistisch aufgewachsen, nahm er Gott als strafenden Richter wahr, dem er schutzlos ausgeliefert ist. Seine Kritik und sein Abfall vom Glauben gipfelten in seinem 1976 erschienenen Buch «Gottesvergiftung». Fast 30 Jahre später veröffentlichte er «Von der Gottesvergiftung zu einem erträglichen Gott». Darin beschreibt er, wie er doch das Gute im Glauben wiederfinden konnte.
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Autor: Martin Schlorke
Quelle: Livenet / Relevantmagazine / Christian Post
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