Wenn Menschen enttäuschen
Die Krux mit den Vorbildern
Der jüngste Fall rund um den einflussreichen Pastor Bill Hybels, welcher von ehemaligen Mitarbeitern der sexuellen Belästigung beschuldigt wurde, führt es einem vor Augen: Es ist heikel, den Glauben zu stark von geistlichen Vorbildern und Mentoren abhängig zu machen.
Auf die Krux mit den Vorbildern wies auch der deutsche Pastor und Autor Tobias Teichen in einer denkwürdigen Botschaft zum Thema «Facing the Storm» (Sich dem Sturm stellen) hin. In dieser Predigt, die auf Youtube nach wie vor abrufbar ist, informierte er das ICF München über eine Krise innerhalb des Leitungsteams der Gemeinde: Zwei bereits verheiratete Leiter aus dem Kirchenleitungsteam hatten sich ineinander verliebt und gingen miteinander eine Beziehung ein. Die Folge war, dass beide ihre Ehe beendeten, um diese neue Liebesbeziehung fortsetzen zu können. Über diese Krise orientierte Pastor Teichen seine Gemeinde in der Predigt vom 15. Oktober 2017.«Das darf doch nicht wahr sein!»
Im ersten Schock werden viele Gottesdienstbesucher und Podcast-Hörer von ICF München mit Gedanken wie «Das darf doch nicht wahr sein!» beschäftigt gewesen sein. Jede Krise kenne diese Schockphase, in der man Fakten zu verdrängen versuche, erklärt Teichen. Diese sei gefolgt von der Emotionsphase, in der Gefühle wie Wut, Misstrauen, Hass, Angst, usw. in einem hochkommen. Oder es kann der Auslöser für irrationale Gedanken sein wie: «Wenn diese Ehe scheitert, scheitert dann auch meine Ehe?» In dieser Phase kämen Dinge in einem hoch, die schon vorher da waren.
Gut möglich, dass die Leserinnen und Leser von Livenet zu Beginn dieser Karwoche ihre eigene Schock- und Emotionsphase durchliefen, als sie von den Anschuldigungen gegen Bill Hybels hörten. Der Gründer von Willow Creek soll Mitarbeiter sexuell belästigt haben? Das darf doch nicht wahr sein! Auch wenn nichts bewiesen ist und die Unschuldsvermutung gilt, zeigt es doch, wie schnell ein (Vor-)Bild Kratzer bekommen kann.
Menschen können immer enttäuschen
Auf eine überzeichnete Vorbilder-Gläubigkeit geht Tobias Teichen in der erwähnten Predigt ein. Er zitiert den Schauspieler Arnold Schwarzenegger, der selbst gesagt hat, er wolle gar kein Vorbild für die Menschen sein. Der Hollywood-Star sagte: «Ich bin kein Vorbild, ich bin eine Inspiration.» Und Rick Warren, Pastor der «Saddleback Church» und Bestsellerautor, schrieb dazu: «Such dir nur Vorbilder, die bereits gestorben sind, die können dich nicht enttäuschen!»
Teichen leitet dann in seiner Message, die bereits über 33'000 Mal auf Youtube angeklickt wurde, auf die Bibel hin, die Warrens Aussage unterstützt. In Hebräer, Kapitel 11, Vers 2 steht: «Unsere Vorfahren lebten diesen Glauben. Deshalb hat Gott sie als Vorbilder für uns hingestellt.»
«Auch ein geistlicher Vater ist nur ein Mensch»
Dann geht der Pastor beim Thema «Vorbilder» noch einen Schritt weiter, indem er sagt: «Wenn du einen Menschen an die Position stellst, wo nur Jesus Christus hingehört, musst du enttäuscht werden. Auch einem geistlichen Vater kannst du danken, aber das ist immer noch ein Mensch, der dich enttäuschen kann! Diese Kirche ist voller Sünder und hier ist einer (Tobias winkt in die Kamera). Du bist in keiner Sekte, wo es perfekte Menschen gibt.»
Also, wie kann man jetzt mit den Menschen umgehen, die versagt haben?, fragt Tobias Teichen. «Die Antwort ist von der Bibel her klar», fährt er gleich selbst fort: «Wir werden nicht die Moralkeule hervorholen oder diese Person anklagen, sondern ihr die Hand entgegenstrecken. Im konkreten Fall heisst es, dass wir die beiden Personen zwar ihre Leitungsfunktion entzogen haben, sie aber auf keinen Fall aus der Kirche werfen! Wir sollten nie jemanden aus der Kirche werfen, der im Zerbruch ist!»
Das Zeigefinger-Problem
Mit Jesus im Zentrum sei es möglich, aus solchen Krisen gestärkt hervorzugehen, so Teichen zum Schluss seiner Message. «Dann werden wir auch der menschlichen oder teuflischen Versuchung widerstehen können, mit dem Zeigefinger auf diese Personen zu zeigen.» Das Problem mit dem Zeigefinger sei sowieso, dass drei Finger auf einen zurückzeigen, nämlich:Der Mittelfinger – Die Emotionen
Bringen Sie die Emotionen, die in Ihnen hochkommen, zu Jesus. Wenn Sie das nicht machen, werden Sie Menschen verletzen! Deshalb gehen Sie ans Kreuz mit Ihren Emotionen.
Der Ringfinger – Ihre Beziehungen
Die Ehe ist komplex. Lernen Sie als Paar in guten Zeiten, geistliche Prinzipien zu leben, sodass Sie die Ehe auf den Felsen Jesus Christus bauen können. Ehecoaching ist das Normalste der Welt.
Der kleine Finger – Ihr Herz
Es geht um Ihr Herz, in dem nach einer Krise so viel Wut, Enttäuschung und andere Gefühle sind. Nehmen Sie den Kampf an, dass Jesus im Zentrum Ihres Herzens bleibt? Wenn er dortbleibt, dann werden Sie danach geheilt und befreit werden. Dann werden Sie mehr zu der Person werden, die Gott schon immer gesehen hat. Lassen Sie es nicht zu, dass Ihr Herz bitter wird!
Hier die komplette Botschaft von Tobias Teichen:
Zum Thema:
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Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet / ICF München
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