Ende der Eigen-Konferenz
Letztes Kapitel vom Eigen-Artigen geschrieben
Was 1908 die Urgrosseltern auf dem Eigen-Hof starteten, währte über historische Jahrzehnte. Aus allen Tälern und Hügeln kamen sie zusammen. Beim gebührenden Abschied kamen viele Anekdoten zur Sprache.
In einer starken Erweckungszeit entstand der Wunsch nach starker Lehre und starkem Glaubensfundament. Die mehrtägige Eigen-Konferenz vom Evangelischen Gemeinschaftswerk (EGW) wurde ins Leben gerufen, die nun im Juli 2022 ein Ende fand. 300 Besucherinnen und Besucher feierten dies mit Rückblick einer segensreichen Zeit. Am Samstag, 16. Juli wurde bei einem leckeren Brunch Abschied genommen.
Nach 114 Jahren im Emmental
Wer mal auf dem Gelände und dem dazugehörigen Bauernhof war, wird ihn nicht so schnell vergessen – den Eigen. Typisch fürs Emmental, auf einem Hügel bei Grünenmatt gelegen, muss er erstmal erreicht werden.
Nun, nach 114 Jahren, gab es vielschichtige Gründe, die zu einem Ende der Konferenz führten, wie Andreas Blaser (jahrelanger und aktueller Leiter) erklärte: «Fragen nach Sicherheits- und Notfallkonzepten, die auf der Bauernhausbühne auch greifen würden, fehlende Ressourcen, um eine solche Konferenz 'stemmen' zu können, abnehmende Besucherzahlen, da die 'alteingesessenen' Konferenzbesucher immer weniger werden, und anderes.»Zwischen Heu- und Kornernte Gott kennenlernen
In den 1930er-Jahren wirkten starke Erweckungsbewegungen, wo auch der Bauer Fritz Meister vom Eigen zum Glauben fand. Besonders junge Männer machten sich auf und wollten dort evangelisieren, damit viele Menschen Gott kennenlernen konnten – dies war das erklärte Ziel, das lange bestand.
So sprachen tagsüber Redner zu verschiedenen Themen und am Abend wurde zur Evangelisation eingeladen; denn man wollte, dass gerade tagsüber Lehre weitergegeben wurde, um den Frischgläubigen zu einem guten, gesunden Fundament zu verhelfen.
Es gab noch keine richtige Strasse, sodass man den Wanderweg unter die Füsse nehmen musste – die Velos wurden deponiert und der Marsch ging zum Hügel hoch, Richtung Hof – oder Himmel?
Einseitig und doch zweischneidig
Eine von vielen Anekdoten: Den Rednern wurde das Thema frei überlassen, sodass es manchmal geschah, dass mehrere Sprecher nicht nur dieselben Bibelstellen, sondern auch die gleichen Gedanken weitergaben.
Auch gab es teilweise theologisch einseitige Predigten, welche dann die Leitung auszugleichen versuchte mit mehr oder weniger Erfolg, wie Walter Widmer humoristisch zum Besten gab. Er, als ehemaliges EGW-Mitglied und ein Kind der Eigen-Konferenz, konnte aus einem reichen Schatz an Erfahrungen schöpfen. Auch Spannungen, wie beispielsweise bei den Themen Gnade und Gesetz, blieben während der Gesamtzeit bestehen.
Eine weitere Geschichte erzählte Widmer vom «unguten Geist», der hätte herrschen sollen, weil Zuhörer eingeschlafen waren. Es war eine Zeit, wo übermässig viel gearbeitet wurde und daher der Schlaf oft körperlich und weniger geistlicher Natur war. Oder jemand fand: «Ich gehe lieber beten als da jemandem zuzuhören.»
Die Redner-Rutsche als Erlösung
Der Schlaf hatte natürlich auch in der Länge der Predigten seinen Ursprung. Öfter wurde eine erträgliche Dauer überschritten (besonders für Kinder). Und die Idee einer «Klappe für die Redner», welche die Langsprecher dann ins Untergeschoss hätte führen können, fand ihren Weg bis in die Verbandsleitung. Konkretisiert wurde sie nie.
Aber die Freiheit wurde grossgeschrieben. Kinder konnten in der «Hostet» mit den grünen Äpfeln spielen und ausgeruht und geschlafen wurde draussen auch.
Sturz vom Töff und berührende Wunder
Zudem erzählte Andreas Blaser von besonderen Erinnerungen: «Ich wollte zum 1. Mal einen Jugendabend besuchen und fuhr einem Töffahrer hinterher. In der Kurve, die vom Wald zum Eigen abbiegt, stürzte der Töffahrer, und anstatt meinen 1. Jugendabend zu erleben, fuhr ich mit ihm in die Notaufnahme.» Und weiter: «Menschen aus der ganzen EGW-Familie erzählten unter dem Thema 'Reich Gottes mitten unter uns' von Wundern, die Gott in ihrem Leben getan hat. Einfach herrlich! Oder auch herzzerreissende persönliche Berichte beim Thema Versöhnung vor ein paar Jahren, das ging unter die Haut. Kaum ein Auge blieb trocken.»
Was für ihn die Konferenz gesamthaft ausmachte, beschrieb er so: «Die intensive Beschäftigung mit dem Wort Gottes, die Gemeinschaft und das spezielle Ambiente auf dem Bauernhof Eigen. Die Heubühne als Konferenzsaal, die Schwalben, die gottlobend durch die Bühne fliegen, die Ruhe weit ab von der Hektik des Alltags.»
400 Velos und 1. Rede einer Frau
Durch die vielen Jungen kam bald die Idee auf, mit ihnen im Wald ein Programm zu erleben, was bis heute mit einem speziellen Schlafplatz und kids-gerechten Inhalten weitergeht. Es ist eines der wenigen Dinge, die auch in Zukunft weitergeführt werden. Ebenfalls kam später das spezifische Teens-Programm dazu.1972 wurde die Jugendarbeit im EGW gestartet, es gab einen Jugendchor in Waltrigen, und zum ersten Mal durfte offiziell eine Frau sprechen, was damals historisch war. Man sah 2'000 Besucher mit 400 Velos, 50 Motorrädern und 40 Autos anreisen.
So entwickelte sich die Konferenz weiter. 2008 beispielsweise feierte das Kernteam Jugend am Jugendabend das Jubiläum mit dem «Ganz 100 Festival» und holte Bands wie «hm-clan» (Rap), Jackie Leuenberger und andere auf die Heubühne. Es herrschte strenges Hüpfverbot!
Am Schluss bleibt das Wort – und die Jungen
So schliesst sich also der Kreis: Was jung begann, wird schlussendlich bei und mit den Jungen weiterwirken. Denn Andreas Blaser erklärt, was zukünftig weiterleben wird: «Zum einen ist vorgesehen das Teenielager, das jeweils während der Konferenz auf dem Eigen stattfand, weiterzuführen. Zum anderen ist angedacht, die intensive Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes auf eine andere Art aufzugreifen. Der Livestream erschliesst hier neue Möglichkeiten.»
Weiter ergänzt Blaser welches das geistliche Erbe, der Segen sein wird, ganz nach dem aktuellen Thema 'Gesegnet': «Verkündigung der Wahrheit, die frei macht. Da wurde durch Wort und Geist mancher geistliche Knoten gelöst. Heilende Gemeinschaft wurde gelebt. Trost und Ermutigung ausgesprochen – Segen eben.»
Für Walter Widmer ist dies: «Das Evangelium Gottes wurde frei verkündigt und macht seinen Weg, die Erkenntnis: Gott spannt Originale ein und Brücken bauen, nach aussen und nach innen.»
Zur Website:
Eigen-Konferenz
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Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet