«Frustrierte Helfer?»

Das Netzwerk «Kirchen-helfen» macht weiter

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Ukrainische Flüchtlinge werden bei ihrer Ankunft von der Organisation «Kirchen helfen» unterstützt (Bild: Facebook)
«Die Rundschau» von SF DRS hat die dramatischen Erlebnisse geflohener Menschen aus der Ukraine nachgezeichnet, die von christlichen Flüchtlingsbetreuern aufgenommen worden sind. Dabei stellte sie die Zukunft des Netzwerks«Kirchen-helfen» infrage.

«Die gläubigen Helfer werden sich schweizweit neu erfinden müssen», stellte die Rundschau-Moderation fest, nachdem sich die Kantone auf eine gleichmässige Verteilung der Flüchtlinge aus der Ukraine geeinigt haben. Mit der Folge, dass die unbürokratische Hilfe des kirchlichen Netzwerkes plötzlich obsolet geworden scheint.

Schockierende Verfügung

Zwar können jetzt die Menschen, die bei Pfarrerin Stefanie Gilomen in St. Stephan und bei Stefan Maag in Riggisberg aufgenommen worden sind, nach einem Schockerlebnis doch noch in ihren Unterkünften bleiben. Dies nach einem Gespräch mit einem verständnisvollen Beamten des Staatssekretariats für Migration SEM. Aber die zuvor vom SEM verfügte Anweisung an rund 100 Menschen, in ein Asylzentrum im Kanton Fribourg umzuziehen, löste grosse Ängste aus, wie die Rundschau in Gesprächen mit Betroffenen und Betreuern dokumentierte. Die Geflüchteten hatten in Riggisberg bereits Wurzeln geschlagen.

Hat das Netzwerk «Kirchen-helfen» eine Zukunft?

Anders sieht es für die Initianten des Netzwerks «Kirchen-helfen» aus. Sie hatten unter der Leitung von Paul Bruderer, Pastor der Chrischona-Gemeinde von Frauenfeld, zahlreiche Plätze für die sofortige Aufnahme von Flüchtlingen und für die weitere Zeit ihres Aufenthalts bei Gastfamilien vorbereitet (Livenet berichtete). «Sie möchten weitermachen, doch sie dürfen nicht», so die Rundschau. Sie sprach von «frustrierten Helfern». Ist das «das Ende des kirchlichen Netzwerks», wie die Rundschau rhetorisch fragt. Wir fragten bei Paul Bruderer nach, wie es jetzt weitergehen soll.

Neue Aufgaben

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Paul Bruderer
Paul Bruderer erklärt dazu: «Bei 'Kirchen-helfen' war die Zuweisung von Wohnmöglichkeiten für ukrainische Zufluchtsuchende von Anfang an wichtig, aber nur ein Teil dessen, was wir machen. Unser Auftrag ist, eine ganzheitlich ausgerichtete Hilfe zu leisten. Jetzt wo die Zuweisung in Unterkünfte wegfällt, bleiben viele andere Aufgaben, in die wir investieren. Insofern müssen wir uns nicht neu erfinden.»

Zur Frage, wie es jetzt weitergeht, sagt Bruderer: «Aktuell liegt unser Fokus in vier Bereichen. Erstens die Beratung für Kirchgemeinden, wo sie Fragen an uns haben. Zweitens geben wir in unserem Heimatkanton Thurgau viel praktische Hilfe, indem wir im Auftrag des Kantons die Hilfsgüterstelle bewirtschaften.» Dort finden Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, nebst den üblichen Dingen für einen Haushalt auch Waren wie Möbel und Geschirr für die Einrichtung ihrer leeren Wohnungen.

Einen geistlichen Dienst aufbauen

Als drittes Angebot baut «Kirchen-helfen» nun ein Netzwerk für den geistlichen Dienst an ukrainischen Menschen in der Schweiz auf. Es gibt unter ihnen viele Christen, die ein immenses Bedürfnis nach geistlicher Unterstützung haben, wie Bruderer festgestellt hat. Gleichzeitig haben sie nach seiner Erfahrung eine belebende Botschaft für Schweizer Christen. Am Freitag, 24. Juni, findet daher eine Konferenz zur Vernetzung von ukrainischen Pastoren und christlichen Leiterpersonen in der Schweiz statt.

Polnische Gemeinden unterstützen

Viertens will das Netzwerk den Nachbarländern der Ukraine helfen. Polen habe bald 3,5 Millionen Geflüchtete aufgenommen. Im Verhältnis dazu müsste die Schweiz nicht 50'000, sondern 600'000 Menschen aufnehmen. In Polen sind es laut Bruderer vor allem die Kirchen, die sich für die Geflüchteten einsetzen. «Sie sind völlig am Anschlag und brauchen dringend unsere Hilfe!»

Daraus schliesst er: «Da wir im Moment nicht mehr Menschen in der Schweiz unseren Dienst anbieten können, wollen wir unsere Hilfe dort einbringen.» Diese Hilfe stecke noch in den Anfängen –  «aber wir wollen, dass Kirchen aus der Schweiz heraus besonders den polnischen Gemeinden helfen».

Zur Webseite:
Netzwerk Kirchen-helfen

Zum Thema:
Flüchtende in heiligen Räumen: «Jetzt braucht es offene Kirchen!»
Organisation über Web-Plattform: Schweizer Kirchen helfen Flüchtlingen aus der Ukraine
«Hoffnungsschimmer22»: Einsatz für die Menschen inmitten des Kriegs und der Flucht

Datum: 23.05.2022
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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