«Es ist in keinem andern Heil»
Berlin: Streit über Spruchband von König Friedrich Wilhelm IV.
In Berlin hält die Diskussion über eine Inschrift am Berliner Schloss weiter an. Sie lautet: «In keinem anderen Namen ist Heil als in Jesus.» Zuletzt äusserte sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth dazu scharf ablehnend.
Verfasst hatte das Spruchband König Friedrich Wilhelm IV., in Anlehnung an Verse aus der Apostelgeschichte und dem Philipperbrief. Nun prangt der Text über dem Haupteingang des neuen Humboldt-Forums, das nach seinem Selbstverständnis ein Ort des Austauschs, der Vielstimmigkeit und globalen Diversität sein will.
Inschrift, die Jesus als Herrn darstellt
Die Tafel mit dem Text sowie ein Kreuz wurde an der rekonstruierten Kuppel des Berliner Schlosses angebracht. Dort heisst es: «Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.»
Diese Worte, so Claudia Roth (Die Grünen) gegenüber dem «Tagesspiegel», widersprächen einer Weltoffenheit. Ihr sei «schleierhaft», wie es zu dem Spruchband und dem Kreuz auf der Kuppel kommen konnte. «Da will ich ran, damit das Humboldt-Forum ein Ort der Weltoffenheit sein kann.»
Bundestag beschloss Rekonstruktion
Die Äusserungen Roths sind schwer nachvollziehbar, weil der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit die Rekonstruktion des Barockbaus beschlossen und die Jury im Architektenwettbewerb einstimmig für den Entwurf von Franco Stella gestimmt hatte, der den Wiederaufbau der Kuppel mit Kreuz und Spruchband vorsah. Die Diskussion in Berlin führte zu der Idee, das Spruchband mit einer Erklärtafel zu versehen.
Für Keith Warrington, den früheren Leiter von «Jugend mit einer Mission (JMEM)»-Deutschland und langjähriges Leitungskreismitglied von JMEM-Europa, ist das Spruchband Ausdruck eines «Glaubens an einen personenhaften Gott», der immer wieder in diese Welt hineinwirke und sich ihr nachweislich offenbare. Einen solchen Glauben habe König Friedrich IV. gehabt.
Es geht um verschiedene Weltbilder
Demgegenüber hätten Kritiker des Textes die Meinung, es gebe keine empirisch überprüfbaren Offenbarungen Gottes, so Warrington. Wenn es ihn gebe, dann nur jenseits aller Erkennbarkeit. Vor diesem Hintergrund sei der Glaube an Gott «nur eine private psychologische Vorstellung und selbstverständlich für niemand anders bindend». In dieser Logik liesse sich dann auf das Spruchband nur mit Ablehnung und Empörung reagieren. «Wir leben schon sehr lange in der Auseinandersetzung dieser Weltanschauungen. Es würde helfen, wenn jeder erkennt, in welchem Weltbild er lebt», so der 74-jährige Keith Warrington, der mit seiner Frau Marion in Berlin lebt.
Deutung des Spruchbandes ist falsch und unhistorisch
Richard Schröder, Vorsitzender des Fördervereins für das Berliner Schloss, warnte vor Fehlinformationen in der Diskussion. Die geplante Erklärtafel zum Spruchband liefere «eine klassenkämpferische Deutung» der Kuppel, die einer kritischen Überprüfung nicht standhalte, so Schröder gegenüber dem Evangelischen Pressedient (epd).
Sie sei auch keine Absage an die bürgerliche Forderung nach einer Verfassung gewesen. Dieser Zusammenhang sei frei erfunden. Der «Kapellenbau begann bereits vier Jahre vor dem Revolutionsjahr 1848.» Ebenso sei das Spruchband keine «Provokation» der Toten der 1848er Revolution gewesen: «Die Fachliteratur weiss nichts davon, dass die Inschrift damals als Provokation verstanden wurde.»
Schröder erklärte weiter, dass die Kapelle Ausdruck der «persönlichen, religiösen und ästhetischen Auffassungen» des Königs sei. «Wie bei allen Burgen und Schlössern, ging es dem König um einen privaten Andachtsraum.» Schröder ist emeritierter Theologieprofessor der Berliner Humboldt Universität und war 1990 SPD-Fraktionsvorsitzender in der freigewählten DDR-Volkskammer.
Christentum kennt keinen Herrschaftsanspruch
Auch dem vermeintlichen «Herrschaftsanspruch des Christentums» des Spruchbandes widersprach er. Das Neue Testament kenne keine Weltherrschaftsermächtigung für Christen und auch keine Aufforderung zur Unterwerfung Ungläubiger: «Es kennt nur einen Missionsbefehl, durchs Wort, nicht durch Gewalt.»
Zum zweiten Teil der Inschrift erklärte der Theologe: «Gott habe den am Kreuz erniedrigten Jesus zum Herrn des Kosmos erhöht, vor dem sich aller Knie beugen. Das heisst: auch die des Königs. Er verstand sich tatsächlich als rechenschaftspflichtig gegenüber Gott.»
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Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet / Evangelischer Pressedienst
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