Kirchen nach Lockdown

Johannes Gerber: «Ein grosses Privileg, anderen helfen zu können!»

Für einige Kirchen war der Lockdown schockierend und lähmend, und das gesamte Kirchenleben lag brach, andere nahmen die Herausforderung als Chance für Neues. Livenet sprach mit mehreren Pastorinnen und Pastoren über Schönes und Schweres, über Lernfelder und mögliches Neuland nach Corona. Johannes Gerber von der GMPC Thun berichtet.

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Johannes Gerber (Bild: zVg)
Wie haben Sie die Corona-Zeit als Pastor und Gemeinde erlebt? Was war herausfordernd?
Johannes Gerber
: Herausfordernd war vor allem zu Beginn der Corona-Zeit die Unsicherheit: Was ist noch möglich? Wie sieht es in ein bis zwei Wochen aus? Wie können wir Gemeinde leben, wenn Treffen nicht mehr möglich sind? Die Ausgangslage veränderte sich ständig – da brauchte es viel Flexibilität, aber auch Klarheit in der Kommunikation. Die Einberufung eines «Krisenstabs» half uns in der Entscheidungsfindung. Durch die abgesagten Treffen war es in den darauffolgenden Wochen nicht ganz einfach, «den Puls zu spüren», wo die Gemeinde steht und wie es den Menschen geht. Über Webmeetings bestand zwar die Möglichkeit, mit Menschen aus der Gemeinde in Kontakt zu treten, doch beziehungsmässig war es nicht das gleiche. Ich empfand es auch als herausfordernd, dass missionale Aktivitäten nicht mehr in der gleichen Art und Weise möglich waren und ganz neue Wege gesucht werden mussten.

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Westhalle, GPMC Thun
Wo gab es Lichtblicke, Chancen, Weiterentwicklungen?
Durch die Livestream-Gottesdienste der Evangelischen Allianz und von unserer Jugendbewegung Bless2n konnten zu Hause viele Menschen mit dem Evangelium erreicht werden, die sich nicht in den Gottesdienst «gewagt» hätten. Die Einschaltquoten haben uns enorm ermutigt! Regional und quartierspezifisch gab es auf Allianzebene und von uns als Gemeinde verschiedene Hilfsangebote, die genutzt wurden. Hier konnten wir in der Krise einen wichtigen Beitrag leisten und den Menschen in ihrer Angst und Verunsicherung tatkräftig zur Seite stehen. Den vielleicht wichtigsten, positiven Aspekt sehe ich in der von aussen «verordneten» Ruhe. Das gab mir als Leiter und auch den Gemeindemitgliedern die Möglichkeit, etwas mehr Zeit in die Familie zu investieren und das eigene Leben – aber auch das Gemeindeleben – zu reflektieren. Was will ich? Was will Gott mit meinem Leben? Was ist sein Plan für die Gemeinde? Sind wir relevant in unserem Umfeld? Haben wir unsere Ressourcen richtig eingesetzt? Erfüllen wir als Kirche den Auftrag Gottes? Was ist wichtig? Was nicht? Worauf wollen wir nach Corona unseren Fokus legen, um das Evangelium den Menschen zugänglich zu machen? Diese Möglichkeit zur Reflektion empfinde ich als grosse Chance, die wir uns nicht entgehen lassen sollten!

Gab es Ermutigendes in Ihrem privaten Umfeld?
Ich habe speziell die Familienzeiten mit meiner Frau und meinen vier Kindern genossen. Es hat uns als Familie näher zusammengebracht. Zudem durfte ich in meinem nachbarschaftlichen Umfeld erleben, wie Gott in der Krise auch Türen geöffnet hat. Die Hoffnung von Jesus weiterzugeben, für Menschen zu beten und ihnen ganz praktisch unter die Arme zu greifen, war für mich ein grosses Privileg!

Gab es einen bestimmten Bibelvers oder einen Song, der Sie durch die Corona-Zeit begleitet hat?
«Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles hinzugefügt werden» (Matthäus, Kapitel 6 Vers 33) In Herausforderungen des Lebens können wir uns in Sorgen und Ängsten verlieren. Mehr denn je möchte ich, was auch immer kommen mag, meinen Blick auf Jesus und sein Reich richten! Er ist für alles andere besorgt und nimmt sich unserer natürlichen Bedürfnisse an. Diese Tatsache hat mich stark ermutigt.

Wie erleben Sie jetzt nach 3 Monaten Lockdown die Kirchen-Lockup-Phase?
Wir hatten noch keinen gemeinsamen Gottesdienst nach dem Lockdown. Wir werden im Juni mit der Gemeinde über Gottes Vision und Auftrag für die Gemeinde sprechen, die vergangene Zeit reflektieren und ab Juli wieder mit Gottesdiensten starten. Wir freuen uns aber, dass unsere Kleingruppen und missionalen Gemeinschaften vor Ort wieder Treffen «in echt» machen dürfen!

Geht es nach Corona zurück zum Business as usual oder haben Sie neue Ideen und Konzepte für die Zeit danach?
Wir treffen uns in diesen Tagen als Kernleiterschaft, um miteinander unsere «Learnings» zu besprechen und werden die Gemeinde in diesen Prozess miteinbeziehen. Mein persönliches Fazit: weniger Projekte, weniger Sitzungen und Administration und näher bei den Leuten! Bei den Leuten der Gemeinde, aber auch bei den Leuten in der Gesellschaft. Gemeinde leben heisst, «Good News» zu repräsentieren und Ort der Hoffnung in der Welt zu sein! Diesem Auftrag möchten wir nachkommen.

Zur Webseite:
GPMC Thun

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Datum: 13.06.2020
Autor: Meike Ditthardt
Quelle: Livenet

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