Kindsmissbrauch

Justin Welby: «Vergebung Ja – Vertrauen Nein»

Das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, Erzbischof Justin Welby, stand Rede und Antwort vor dem unabhängigen Untersuchungsausschuss über Kindsmissbrauch: «Die Bibel redet äusserst brutal direkt über den Unterschied zwischen Vergebung und den Konsequenzen von Sünde.»

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Justin Welby
Am vergangenen Mittwoch, dem letzten Tag der dreiwöchigen Anhörung, gab der Erzbischof von Canterbury Justin Welby Rechenschaft über Vorwürfe von Kindsmissbrauch in der Anglikanischen Kirche. Die Kommission konzentrierte sich besonders auf die Diözese Chichester in West Sussex, von wo besonders viele derartige Berichte gekommen waren.

«Ich schäme mich»

«Ich habe gelernt, mich wieder über die Kirche zu schämen. Man kann diese Berichte und Statements nicht lesen, ohne dass es einen tief bewegt – zumindest sollte es das», erklärte Welby. «Die Kirche tut überall im Land Grossartiges, Ausserordentliches. Der anstrengendste Job in der Kirche ist es, ein guter Gemeindepfarrer zu sein. Und dass eine kleine Minderheit diesen guten Ruf betrogen hat, ist erschreckend.»

Welby fuhr fort: «Ich möchte es fürs Protokoll wieder sagen – und ich weiss nicht, wie ich es passend ausdrücken soll – wie bestürzt ich bin und wie sehr ich mich für die Kirche schäme, was denen angetan wurde, die es überlebten und heute damit umgehen müssen.»

Vergebung Ja – Vertrauen Nein

Welby erklärte vor dem Untersuchungsausschuss, dass Missbrauch sich in der Regel wiederhole. «Wenn jemand einmal ein Kind missbraucht hat, kann man ihm vergeben, aber man kann ihm nie wieder vertrauen. Man kann es nie wieder mit ihm versuchen.»

Der Grund: «Die Bibel ist äusserst direkt und brutal klar über den Unterschied zwischen Vergebung und den Konsequenzen von Sünde. Falsches Handeln hat Konsequenzen.» Die Folge: «Wenn du ein Kind missbraucht hast und es wirklich bereust, solltest du trotzdem dafür ins Gefängnis gehen», erklärte Welby.

Gegen das Schweigen

Auf die Frage einer Beraterin, wie die Kirche solche Fälle in Zukunft verhüten wolle, antwortete der Erzbischof, er habe Schulung und Training eingeführt; es brauche aber unbedingt «eine neue Kultur»: «Wenn jemand etwas Ungehöriges sieht, muss jedes normale Kirchenmitglied, jeder Mitwisser und einfach jeder andere sagen: 'Das ist nicht recht, und ich werde hier etwas unternehmen.'» Nach Welby kann «niemand sagen: 'Das ist nicht mein Fehler … Ich habe von einem Problem gehört, aber jemand anderes hat die Pflicht, das anzuzeigen'. Das ist als menschliche Antwort inakzeptabel, geschweige denn als Haltung von Führungspersonen. Wenn man weiss, dass ein Kind missbraucht wird, ist es einfach falsch, das nicht zur Anzeige zu bringen.»

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Datum: 28.03.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus

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