IGW-Rektor tritt ab
Fritz Peyer-Müller: «Immer wieder Neues entdecken»
Vor 24 Jahren trat Fritz Peyer-Müller ins damals noch junge Institut für Gemeindebau und Weltmission IGW ein. 15 Jahre war er Rektor. Nun tritt er ab. Idea Spektrum traf ihn zum Gespräch.idea Spektrum: Fritz Peyer, 24 Jahre bei IGW, davon 15 Jahre als Rektor, ist eine lange Zeit. Haben Sie Ihre Ziele erreicht?
Fritz Peyer-Müller: Heinz Strupler hat IGW 1991 gestartet, ich kam zwei Jahre später dazu und baute das Studiencenter in Bern auf. In dieser Pionierphase galt es, gute Strukturen zu legen und den Aufbau voranzutreiben. IGW gehört heute zu den grössten Ausbildungsstätten im deutschsprachigen Raum. Dieses Jahr haben sich 125 neue Studierende eingeschrieben. Die Einführung der missionalen Theologie ab 2008 hat geholfen, die Kirchenlandschaft mitzuprägen und im Blick auf die Gesellschaft herauszufordern.
Dennoch verlieren Glaube und Kirche an Relevanz. Wie reagiert eine theologische Ausbildungsstätte wie IGW darauf? Sorgen Sie sich?
Nein, es braucht in Zukunft noch viel mehr gut ausgebildete Christen, die in ihrem Umfeld in die Gesellschaft hineinwirken. Wir sehen anhand vieler Abschlussarbeiten, wie ihre Verfasserinnen und Verfasser Brücken in die Gesellschaft schlagen, damit die Kirche wieder gesellschaftsrelevant wird. Und etwas Zweites: Es ist nicht so, dass die Menschen ungläubiger geworden wären. Aber sie suchen ihre Antworten immer weniger bei der Institution Kirche. Offenbar lässt sich mit der universitären Theologie heute nicht mehr leben und sterben. Und die Freikirchen waren zu lange mit dem Bild von der «bösen Welt» unterwegs und schafften es nicht, Brücken nach draussen zu schlagen. Es gilt, Schwellen abzubauen und neu das Wohl der Gesellschaft zu suchen. Gemeinsam mit unseren Studierenden wollen wir neue Formen und Wege erschliessen. Das braucht seine Zeit; wir sind in dieser Richtung unterwegs und wollen dabei eine Theologie formulieren, mit der der Mensch von heute leben und sterben kann.
Ist die Angst berechtigt, dass die Kirche im Einsatz für Politik, Gesellschaft und Umwelt das Kreuz verliert und damit das Werk von Jesus, seine Errettung aus Gnade, an Strahlkraft verliert?
Nein, die Theologie muss uns zu Jesus und seiner Mission hinführen. Ich halte es für eine Einschränkung, das Evangelium auf die sogenannte Bekehrung zu reduzieren und alles Weitere auszublenden. Was wir als Bekehrungsgeschichte von Paulus verstehen, war nichts anderes als eine besonders dramatische Gottesbegegnung. Wir sollten den Text so lesen, wie er in der Bibel steht. Wir brauchen Verkündigung und wir brauchen den Dienst in der Welt und sollten das nicht gegeneinander ausspielen. Denn Jesus hat einerseits gelehrt und anderseits den verletzten Samariter verbunden. Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung haben mit der christlichen Botschaft zu tun. Hier können wir von südamerikanischen evangelikalen Theologen lernen. Sie haben diese Themen aufgenommen und theologisch christologisch verarbeitet. Spricht man von der Erde als Werk des Schöpfers, dann gehört der sorgfältige Umgang mit ihr dazu.
Wie wird das Evangelium für die Gesellschaft wieder zur «Guten Nachricht»?
Dazu braucht es Kirchen, die als Gemeinschaft vorleben, dass sie eine Nachricht gehört haben, die Menschen versöhnt, Gegensätze verbindet, Zerbrochenes heilt. Und die getröstet mit schrecklichen Ereignissen umgehen und einander helfen. Sie werden einen guten Duft verbreiten.
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Autor: Rolf Höneisen
Quelle: idea Spektrum Schweiz